"heute wichtig" Deutschland ohne russisches Gas: "Ab sechs Wochen wird es kritisch"

Die Pipeline Nord Stream 1
Ab Donnerstag soll durch die Pipeline Nord Stream 1 wieder Gas nach Deutschland fließen – unter Bedingungen
© John MacDougall / AFP
Nachdem die Gasleitung Nord Stream 1 zehn Tage gewartet wurde, soll heute der russische Gashahn wieder anspringen – so zumindest die Zusicherung des Kreml-Chefs Wladimir Putin. Damit rechnet auch Prof. Dominik Möst, denn Russland kann sein Gas nicht einfach von heute auf morgen nach China umleiten.

Seit Wochen wurde darüber spekuliert: Dreht der russische Präsident Wladimir Putin den Gashahn nun völlig zu? Am Mittwoch kam zumindest die Zusicherung des Kremls-Chefs: Ab Donnerstag soll durch die Pipeline Nord Stream 1 wieder Gas nach Deutschland fließen. Allerdings will Russland dafür die Turbine zurück, die in Kanada repariert und im Moment wegen der westlichen Sanktionen noch zurückgehalten wird.

Die Bundesregierung wiederum sagt: Die Turbine sei ein Vorwand, das Gas könne auch so fließen. "heute wichtig" will es genauer wissen und hat in Folge 322 Prof. Dominik Möst zu Gast. Möst ist Professor für Energiewirtschaft an der Technischen Universität in Dresden und erklärt im Podcast, wie das System um die Pipelines aufgebaut ist – und warum Russland nicht einfach von heute auf morgen sein ganzes Gas nach China oder Indien schicken kann.  

Professor für Energiewirtschaft: "Jede eingesparte Kilowattstunde Gas ist hilfreich" 

Noch am Mittwoch stellte die Europäische Kommission im Falle eines Gasnotstands einen Plan vor, der die EU-Staaten zum Gassparen zwingen könnte. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hält es für wahrscheinlich, dass Russland die Gas-Lieferungen an die Europäische Union stoppen könnte: "Russland erpresst uns, Russland setzt Energie als Waffe ein."

Das bekommt vor allem Deutschland zu spüren – hier ist die Abhängigkeit vom russischen Gas im europäischen Vergleich besonders hoch. Prof. Dominik Möst findet für den Ernstfall klare Worte: "Wie lange wir ohne russisches Gas durchhalten würden, hängt davon ab, wie viel wir einsparen können. Modellrechnungen zeigen: Ab sechs Wochen wird es kritisch."  

Michel Abdollahi
© TVNOW / Andreas Friese

Podcast "heute wichtig"

Klar, meinungsstark, auf die 12: "heute wichtig" ist nicht nur ein Nachrichten-Podcast. Wir setzen Themen und stoßen Debatten an – mit Haltung und auch mal unbequem. Dafür sprechen Host Michel Abdollahi und sein Team aus stern- und RTL-Reporter:innen mit den spannendsten Menschen aus Politik, Gesellschaft und Unterhaltung. Sie lassen alle Stimmen zu Wort kommen, die leisen und die lauten. Wer "heute wichtig" hört, startet informiert in den Tag und kann fundiert mitreden.

Doch während die EU gespannt auf Nord Stream 1 schaut, müsste auch Putin im Falle eines Gasstopps auf Einnahmen verzichten, erklärt Professor Möst. Auch Russland sei abhängig von Europa: "Die russischen Gasfelder, die nach Europa liefern, können nicht einfach von heute auf morgen nach China liefern. Allerdings befinden sich dort schon Pipelines im Bau." 

Ausbau erneuerbarer Energien: Die Ampel steht vor hohen Zielen 

Gleichzeitig betont der Energiewirtschaftler Dominik Möst, dass Deutschland im letzten Jahr enorme Fortschritte im Bereich der alternativen Energiequellen gemacht habe. Strom wird bereits zu mehr als 40 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist. Das Ziel ist damit aber noch nicht erreicht, denn bis 2030 will die Ampelkoalition, so Möst, 80 Prozent ihres Stromhaushalts aus erneuerbaren Energien abrufen. Ob dieses Ziel erreicht wird, bleibt abzuwarten: "Wir müssen ungefähr das, was in den letzten zehn Jahren pro Jahr zugebaut wurde, in den nächsten zehn Jahren verdreieinhalb-fachen." Das wird keine leichte Aufgabe werden. 

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yks