Panzer-Deal mit Katar Grüne kritisiert "Handlanger der Waffenkonzerne"

Von Erik Häußler
Noch vor einem Jahr sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Panzer-Lieferungen in den arabischen Raum seien nicht zu rechtfertigen. Jetzt werden schwere Waffen nach Katar geliefert.

Wieder sorgen deutsche Panzer-Lieferungen auf die arabische Halbinsel für Aufregung. Presseberichten zufolge wurde der Export von vier Panzern des Typs Leopard 2 und drei Panzerhaubitzen aus Deutschland nach Katar genehmigt - trotz des Bürgerkriegs im Jemen, in den der Golfstaat verwickelt sein soll. Die Obfrau der Grünen im Verteidigungsausschuss, Agnieszka Brugger, spricht von einem "schmutzigen Panzer-Deal" - und wirft Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) Wortbruch vor. Er sei ein "Handlanger der Waffenkonzerne".

Kanzleramt steht hinter Lieferung

Noch vor einem Jahr hat der Minister Lieferungen von Panzern in den arabischen Raum verurteilt. Solche Geschäfte seien nicht zu rechtfertigen, sagte Gabriel im Oktober vergangenen Jahres. Nun holen ihn solche Sätze politisch wieder ein. Zwar ist Panzer-Export nach Katar noch unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung vereinbart worden. Aber das ist für Brugger keine Entschuldigung. Wie Sanktionen gegen Russland zeigen, dass es möglich sei, auch bereits genehmigte Deals zu stoppen.

Das Bundeswirtschaftsministerium versucht die Verantwortung dafür abzugeben. Wie aus einem Schreiben von Gabriels Staatssekretär Matthias Machnig an den Wirtschaftsausschuss des Bundestages hervorgeht, habe das Ministerium "vor dem Hintergrund der Entwicklungen in der arabischen Welt ernsthafte Bedenken, ob derartige Exporte überhaupt noch genehmigt werden sollten". Gabriel hätte dies nämlich nicht getan und er habe mehrfach auf seine Bedenken hingewiesen.

Dass sie nun doch genehmigt wurden, hätte an der Entscheidung der anderen Ressorts, darunter auch das Kanzleramt gelegen. Es seien mögliche Schadensersatzforderungen der Rüstungskonzerne befürchtet worden. Deshalb sei dem Wirtschaftsministerium "nur eine Option" geblieben, die Genehmigung zu erteilen, heißt es in dem Schreiben weiter. Solche Forderungen habe es aber auch im Fall Russlands gegeben, sagt Brugger. Für sie kein Grund, sich "von deutscher Seite an der Gewalt in der Region mitschuldig zu machen". Es fehle nur der politische Wille.

Mehr Kleinwaffen an Vereinigte Arabische Emirate

Bereits am Mittwoch kritisierte die Grünen-Politikerin den Wirtschaftsminister scharf. Anlass war der vom Kabinett verabschiedete Rüstungsexportbericht über das erste Halbjahr 2015. Der Bericht beweise, dass die von der SPD angekündigte Zurückhaltung beim Rüstungsexport eine "reine Farce" gewesen sei. "Die versprochene Kehrtwende ist auch unter Gabriel ausgeblieben", sagt Brugger. Gabriel feiere sich jetzt dafür, die Ausfuhr von Kleinwaffen beschränkt zu haben. In der Tat sank der Wert der Genehmigungen von über 21 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2014 auf nur noch rund 12,5 Millionen in der ersten Jahreshälfte 2015. Ursache ist aber hauptsächlich das nur mäßige Geschäft mit den Ländern der Nato-Familie.

Bei umstrittenen Lieferungen in Drittstaaten, die "laut der deutschen Richtlinien nur unter besonderen Umständen und nur im begründeten Einzelfall" erfolgen dürfen, so Brugger, habe sich der Wert fast verfünffacht. Unter den Empfängern fallen vor allem Länder wie der Irak und die Vereinigten Arabischen Emirate auf. Sie erhielten unter anderem mehrere tausend Maschinenpistolen und Munition.

Kontrollgesetze "voller Schlupflöcher"

Um zu verhindern, dass deutsche Waffen, gerade Kleinwaffen, weiter exportiert und somit in Konfliktregionen landen, hatte das Bundeskabinett im Juli sogenannte Post-Shipment-Kontrollen beschlossen. Dadurch könnte der Verbleib der Waffen im Empfängerland leichter kontrolliert und bei Verstößen auch sanktioniert werden, so das Bundeswirtschaftsministerium.

"Ein positiver Schritt", lobt Brugger. Eine unter anderem von ihr eingereichte Kleine Anfrage, wie die Regelungen in der Praxis umgesetzt würden und wer die Kontrollen vor Ort durchführe, ließ die Politikerin jedoch ernüchtert zurück: Die Regelung sei voller Schlupflöcher und setze häufig auf die Freiwilligkeit, sagt sie.
So auch im aktuellen Fall. Wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte, habe es gegenüber dem Auswärtigen Amt, dem Verteidigungsministerium und dem Bundeskanzleramt "darauf gedrängt, von Katar eine Zusicherung zu verlangen", die Waffen nicht im Jemen einzusetzen.

Grünen-Abgeordnete Brugger bleibt skeptisch. Wie schnell sich Waffen, vor allem Kleinwaffen, weiterverbreiten, hätte beispielsweise der Fall des Sturmgewehrs G36 in Mexico gezeigt, das dort vor einiger Zeit unerlaubterweise aufgetaucht war. Schon bald stehen weitere Lieferungen an - auch Altlasten, die Gabriel zufallen werden.