Die Union hat sich klar für Steuerentlastungen in der nächsten Legislaturperiode ausgesprochen - nennt aber kein konkretes Datum. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies Vorstöße aus den eigenen Reihen, die Mehrwertsteuer oder den Spitzensteuersatz zu erhöhen, am Sonntag zurück. "Mit mir ist eine Steuererhöhung in der nächsten Legislaturperiode nicht zu machen", sagte sie nach der einstimmigen Verabschiedung des Wahlprogramms durch die Spitzen von CDU und CSU in Berlin. CSU-Chef Horst Seehofer hatte zuvor in Aussicht gestellt, Steuersenkungen im Jahr 2011 anzugehen.
Das verspricht die Union
Aufmerksamkeit erregen zunächst die Versprechen, den Eingangssteuersatz von 14 Prozent über 13 auf 12 Prozent zu senken und den Einkommensbetrag, von dem an der erste Spitzensteuersatz greift, von 52.552 Euro auf 60.000 Euro zu erhöhen.
Daneben gibt es im Wahlprogramm eine Reihe weiterer kostspieliger Ankündigungen:
- mehr Geld ab dem dritten Kind
- neues Teilelterngeld
- monatliches Betreuungsgeld, wenn kein Krippenplatz in Anspruch genommen wird
- Kindergärten ohne Gebühren
- mehr öffentliche Gelder pro Kind
- höhere Schonvermögen für Langzeitarbeitslose
- Mindestrente über dem Existenzminimum
- höhere Renten für Mütter
- Steuergeld für Krankenkassen, um Belastungen für Versicherte zu begrenzen
- mehr Geld für den ländlichen Raum
- Entlastungen für die Wirtschaft
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2005 habe die Union vor der Wahl klar gesagt, dass man die Mehrwertsteuer anheben wolle. "2009 sind wir in einer völlig anderen Situation", sagte Merkel. "Deshalb brauchen wir jetzt keine Belastungen, sondern wir brauchen moderate Entlastungen." Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) trage das Programm voll mit. Oettinger hatte sich zusammen mit Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer für eine Erhöhung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes ausgesprochen. Beide nahmen an der Sitzung nicht teil.
In dem Unions-Wahlprogramm, das am Sonntagnachmittag einstimmig beschlossen wurde, das aber erst am Montag auf einer Pressekonferenz vorgestellt werden soll, werden drei Steuerversprechen abgegeben. So soll der Kinderfreibetrag auf 8004 Euro erhöht, der Eingangssteuersatz von 14 auf 12 Prozent und der Steuer-Tarifverlauf arbeitnehmerfreundlicher ausgestaltet werden. Ziel ist, die heimlichen Steuererhöhungen bei Lohnsteigerungen zu vermeiden. Insgesamt sollen die Bürger so um 15 Milliarden Euro entlastet werden. Eine Gegenfinanzierung wird nicht genannt.
Union will mit FDP koalieren
"Wir haben die Kraft unser Land aus einer Krise zu führen, wie sie die Bundesrepublik noch nicht gesehen hat", unterstrich Merkel den Regierungsanspruch nach der Wahl am 27. September. Deutschland müsse nach der Krise stärker dastehen als vor der Krise. Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer bekräftigten ihren Wunsch nach einer Koalition mit der FDP. Mit den Liberalen könne die Union ihr Wahlprogramm am besten verwirklichen, sagte Merkel.
Steinmeier wirft Merkel Führungsschwäche vor
Auf die anhaltende Steuererhöhungsdebatte reagierten die übrigen Parteien mit Kritik. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier warf Merkel angesichts der Steuerdebatte indirekt Führungsschwäche vor. Die Union gehe in eine programmatische Diskussion mit der Ankündigung von Steuersenkungen, sagte Steinmeier. Parallel dazu kündige man Steuererhöhungen an.
Die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast bezeichnete das Programm als "Wundertüte". Die FDP warf ihrem Wunsch-Koalitionspartner CDU/CSU programmatische Beliebigkeit vor. "Die Union kommt mit ihrem Wahlprogramm als politischer Gemischtwarenhändler auf den Markt der Parteien. Sie will, dass ihre Auslage gefällt, aber über die Preise soll erst später verhandelt werden", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel. Der Linken-Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine hielt der Kanzlerin vor, unglaubwürdig zu sein.
Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag der "BamS" erwarten 88 Prozent der Befragten, dass die Steuern eher steigen werden - unabhängig davon, wer die nächste Regierung stellt. Für 62 Prozent ist demnach die Steuerfrage wichtig oder sogar sehr wichtig dafür, wem sie am 27. September ihre Stimme geben.