Der letzte Einsatz von Thomas Müller im Trikot der Nationalelf verlief eher trostlos. Am 19. November 2018 war das, als in der Schalker Arena die letzte Partie im neuen Format der Nations League gegen Holland stattfand. Für Bundestrainer Joachim Löw ging es nur ums Prestige, denn nach einem Remis und einer Niederlage gegen Frankreich und einer Niederlage gegen die Niederlande im Hinspiel stand der Abstieg fest. Die junge Nationalelf, die Löw damals nach dem Desaster bei der Weltmeisterschaft in Russland zu formen begann, stellte sich aber auch in der letzten Partie ziemlich naiv an. Sie führte zwar durch zwei Tore von Timo Werner und Leroy Sané in der ersten Halbzeit mit 2:0, gab die Führung aber durch dumme Fehler in der Abwehr kurz vor Schluss aus der Hand. Müller war in der 66. Minute eingewechselt worden, erste Wahl war er da schon nicht mehr.
Vier Monate später erklärte der Bundestrainer schließlich das Aus für die Weltmeister Mats Hummels, Jerome Boateng und Thomas Müller in der DFB-Elf. Es war ein ziemlich radikaler und gewagter Schritt. Auch über die kühle Weise Löws ist viel diskutiert worden. Der Bundestrainer und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff waren ohne Vorwarnung nach München gereist, um die Spieler persönlich zu informieren. Nur wenige Stunden später gingen vorbereitete Presseerklärungen an die Öffentlichkeit. Löws Begründung lautete, dass die Mannschaft ein "neues Gesicht" mit jungen Spielern benötige. Das sei "kein guter Stil und hat mit Wertschätzung eben dann auch nichts zu tun", wetterte Müller nicht ganz zu unrecht.
Seine Personalentscheidung verfolgt Löw weiterhin
Seitdem verfolgt Löw die Personalentscheidung, besonders im Fall Müllers. Seit Hansi Flick das Kommando an der Säbener Straße übernommen hat, spielt Müller auf der Spielmacherposition weltklasse. Und jetzt der Erfolg in der Champions League. Für Löw wird es immer schwerer zu begründen, warum er seine Entscheidung im Fall Müller nicht revidiert.
Ehemalige Fußball-Größen wie Franz Beckenbauer, Lothar Matthäus und Mehmet Scholl fordern schon lange eine Rückkehr. Löw gilt allerdings nicht als jemand, der sich von außen diktieren lässt, was er zu zu tun hat. Bislang hat er bohrende Fragen, besonders nach einem Comeback Müllers, konsequent abgewiegelt. Der Bundestrainer scheint nicht gewillt, seine ursprüngliche Entscheidung zu revidieren. "Grundsätzlich kann man nicht vorausschauen. Im Moment würde ich aber sagen: Wenn alle Spieler fit sind, haben wir eine gute Qualität. Wir haben uns vor eineinhalb Jahren entschieden, einen anderen Weg zu gehen, das war nicht einfach", sagte Löw zuletzt über die Chancen für ein Comeback Müllers.

Viel hängt jetzt vom Erfolg der Nationalelf ab
Ein weiteres Problem für Löw wäre, dass er mit seiner Nominierung eingestehen würde, dass sein bisheriger Plan gescheitert wäre, die Nationalelf zu verjüngen. Und ob Müller in der Nationalelf in einem anderen System genauso brillieren würde wie beim FC Bayern, kann wahrscheinlich nicht mal Müller beantworten.
In der nächsten Woche startet die Nationalelf in die Nations League, noch ohne die Spieler aus München (Kimmich, Neuer, Gnabry, Goretzka) und von RB Leipzig (Halstenberg, Klostermann). Die Gegner heißen Spanien und Schweiz. Wenn die Mannschaft sich wieder so wackelig präsentiert wie vor zwei Jahren, wird Löw noch mehr in Erklärungsnot geraten.
Quellen: "Sportbuzzer", "Bild", RTL, "Kicker"