Kopenhagen Dänemark feiert Start der Tour de France – am Vortag erneut Razzia beim Team Bahrain-Victorious

Radrennfahrer Tim Wellens aus Belgien überholt beim Start der Tour de France in Kopenhagen eine Touristin 
Radrennfahrer Tim Wellens aus Belgien überholt beim Start der Tour de France in Kopenhagen eine Touristin 
© Roth / Picture Alliance
Die Tour de France startet in diesem Jahr so weit nördlich wie noch nie. In Dänemark feiert man einen Grand Départ mit dementsprechend großen Menschenmassen. Einen Tag vor dem Start hat es beim Team Bahrain-Victorious erneut eine Razzia gegeben. 

Wenn Dänemark etwas feiert, dann tut es das meist voller Stolz in den Nationalfarben Rot-Weiß. Nun steht plötzlich ein knallgelber Eiffelturm im Kopenhagener Freizeitpark Tivoli, und auch sonst erstrahlt Deutschlands nördlichster Nachbar an vielen Orten auffällig häufig in der Farbe des begehrten Maillot Jaune. Der Grund: Erstmals in der Radsportgeschichte startet die Tour de France in Skandinavien – und die stolze Rad-Nation Dänemark setzt alles daran, sich bei einem großen Volksfest im allerbesten Licht zu präsentieren.

"Das größte Radrennen der Welt – die beste Fahrradstadt der Welt": Mit diesem wenig bescheidenen Slogan hat Kopenhagen zum Tour-Start geladen. Nach dem Zeitfahren durch die Straßen der Hauptstadt am Freitag sind am Wochenende zwei Flachetappen von Roskilde nach Nyborg und von Vejle bis nach Sønderborg nahe der deutsch-dänischen Grenze geplant, ehe die Tour ins Heimatland Frankreich umzieht. Hunderttausende feiernde Fans werden bei den dänischen Etappen am Straßenrand erwartet, Corona-Beschränkungen gibt es im Land seit Monaten nicht mehr. 

Tour-Ausrichter war lange skeptisch – jetzt ist die Begeisterung groß

Dänemark hat seit Jahren darauf hingearbeitet, dass die größte Radrundfahrt der Erde im hohen Norden stattfindet – und das hat mit einem Namen zu tun, mit dem man sich im Land heute eher schwer tut: Bjarne Riis. Als der 1996 als erster und bislang einziger Däne für das Team Telekom die Tour de France gewann, versetzte er seine Landsleute damals in eine Radsport-Euphorie. Aus dieser damaligen Euphorie heraus wurde die kühne Idee geboren, die Tour nach Dänemark zu holen.

Der Tour-Ausrichter ASO war lange Zeit skeptisch – zu weit weg von Frankreich, zu flach sei Dänemark. In den Jahren des Doping-Sumpfes – auch Riis räumte 2007 den langjährigen Gebrauch verbotener Mittel ein – lag die Idee auf Eis. Doch letztlich ließen sich die Organisatoren von der umfassenden Lobby-Arbeit der Dänen umstimmen – heute sind sie begeistert, was ihnen beim Grand Départ begegnet.

Trotz Freude über Tour de France in Dänemark gibt es auch Kritik

Völlig unkritisch wird der Tour-Start trotz aller Vorfreude dennoch nicht gesehen. "Es ist ganz einfach fantastisch, dass es geklappt hat, die Tour de France nach Dänemark zu holen", schrieb die führende Zeitung "Politiken" zwar. Sie monierte aber, dass die Öffentlichkeit über die wahren Kosten der Tour völlig im Unklaren gelassen werde. Die Gesamtrechnung für die drei Etappen soll sich der Zeitung zufolge auf mindestens 180 Millionen Kronen belaufen – umgerechnet sind das über 24 Millionen Euro.

Dann wäre da noch die Causa Riis. Der "Adler von Herning" ist enttäuscht darüber, dass ihn die Veranstalter nicht offiziell zum Tour-Start eingeladen haben. Wie der Sender TV2 Sport am Donnerstag berichtete, sorgt nun aber ein Großsponsor dafür, dass Riis bei den drei dänischen Tour-Tagen dabei sein kann – wenn er denn will.

Razzia am Vortag des Tour-Starts

Für Schlagzeilen sorgten vor dem Tour-Start Razzien. Einen Tag vor dem Start der Tour de France in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen hat es beim Team Bahrain-Victorious erneut eine Razzia gegeben. Am Donnerstagmorgen um 5.30 Uhr wurden im Stadtteil Bröndby die Hotelzimmer und Autos des Rennstalls durchsucht. Wie die Kopenhagener Polizei mitteilte, sei dies aufgrund der Anfrage der französischen Polizei geschehen. "Wir haben keine weiteren Informationen über die Operation", sagte Ermittler Dannie Rise in der Mitteilung. Das Team teilte mit, man habe vollständig mit den Behörden kooperiert und es seien keine Gegenstände beschlagnahmt worden.

Dem widersprach die Staatsanwaltschaft Marseille, die die Untersuchungen leitet, am Donnerstagabend in "Le Parisien". So seien bei Durchsuchungen zwischen dem 27. und 30. Juni in Italien, Spanien, Belgien, Polen, Slowenien, Kroatien und Dänemark "elektronische Ausrüstung (Telefone, Computer, Speichermedien) sowie unbekannte oder verschreibungspflichtige Medikamente" beschlagnahmt worden. Die Wohnungen des slowenischen Managers Milan Erzen, des polnischen Teamarztes Piotr Kosielski, des französischen Pflegers Barnabé Moulin sowie von drei Fahrern seien laut des Berichts durchsucht worden.

Das Team hielt sich in Kopenhagen bedeckt. "Wir können nicht viel mehr sagen. Wir hätten gern mehr Details von den Ermittlern, um zu verstehen, was der Grund für die Aktionen war. Im Moment konzentriert sich das Team so gut wie möglich auf das Rennen", sagte Sportchef Vladimir Miholjevic am Donnerstag. Fragen an die Fahrer zu dem Thema waren nicht zugelassen.

Bei Frankreich-Rundfahrt Hotelzimmer von Bahrain-Victorious durchsucht

Bereits am Montag hatte es in ganz Europa Durchsuchungen von Wohnungen von Fahrern und Teammitgliedern gegeben. Dies hatte das Team selbst mitgeteilt, dabei jedoch offen gelassen, wo die Durchsuchungen stattfanden und welche Personen betroffen waren. Europol teilte später mit, die Razzien hätten in drei Ländern stattgefunden.

Bei der vergangenen Frankreich-Rundfahrt waren in den Pyrenäen Hotelzimmer von Bahrain-Victorious durchsucht worden. Dabei wurden nach Angaben von Fahrern auch Handys beschlagnahmt. Ein Ergebnis der Ermittlungen steht offenbar noch aus. Bisher sind weder gegen einen Fahrer ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet, noch Sperren verhängt worden. Bahrain-Victorious hatte bei der vergangenen Tour die Teamwertung sowie drei Etappen gewonnen.

DPA
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