Einem Bericht des ZDF-Magazins "Frontal 21" zufolge vermarktet eine Kommunikationsagentur des SPD-Parteimagazins "Vorwärts" Gespräche von Unternehmen und Lobbygruppen mit SPD-Spitzenpolitikern. Die Agentur NWMD wies am Dienstag den Verdacht einer verdeckten Parteienfinanzierung zurück. Es gebe Auftritte von SPD-Politikern bei der "Vorwärts-Gesprächsreihe", die von Sponsoren unterstützt werden, erläuterte die Agentur das Vorgehen. Es würden keinerlei Gewinne erwirtschaftet.
Die Transparenz-Organisation Lobbycontrol hält diese Praxis wenn nicht für illegal, so doch für äußerst zweifelhaft. "Politik darf nicht mal den Anschein erwecken, käuflich zu sein. So etwas ist einfach Gift für eine Demokratie", sagte Annette Sawatzki von Lobbycontrol am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". "Wir brauchen endlich eine gesetzliche Lösung für dieses Parteiensponsoring, das einfach eine große Grauzone im derzeitigen Recht ist."
SPD-Politiker für 7000 Euro pro Termin
Das ZDF-Magazin hatte berichtet, Unternehmen oder Lobbygruppen könnten für 3000 bis 7000 Euro bei der dem "Vorwärts"-Verlag gehörenden SPD-Agentur Network Media GmbH (NWMD) Termine unter anderem mit SPD-Bundesministern buchen. Teilnehmer solcher Veranstaltungen waren laut "Frontal 21" unter anderem die SPD-Politiker Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Familienministerin Manuela Schwesig, Bundestags-Fraktionschef Thomas Oppermann sowie Generalsekretärin Katarina Barley.
Offiziell tritt der Interessent als "Unterstützer" auf und zahlt für eine Essen oder eine andere geeignete Veranstaltung. Die Agentur besorgt dann den Politiker, "den Sie haben wollen", als Gast. So wird es in einem Video in einem nachgesprochenen Gedächtnisprotokoll dargestellt:
SPD-Fraktionsvize: "Das ist überhaupt nicht klug"
Die Verwaltung des Deutschen Bundestags stellte am Mittwoch klar, dass die geschilderte Praxis kein Regelverstoß gegen Vorschriften zur Parteienfinanzierung. Parteien sei "die Gründung von Gesellschaften, juristischen Personen und Unternehmen ebenso erlaubt wie eine Beteiligung daran", erklärte ein Sprecher des Bundestags den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag, Eva Högl, hält die Praxis ihrer Partei trotzdem für einen Fehler. "Das ist überhaupt nicht klug. Selbst wenn das rechtlich zulässig ist, darf es das nicht geben", sagte sie am Mittwoch im rbb-Inforadio. Politiker müssten allen Bürgern zur Verfügung stehen, sie würden dafür gut bezahlt und deshalb müssten solche Gespräche immer kostenlos sein. "Es darf keine Leistung und Gegenleistung geben, sondern das Gespräch (...) kann jeder suchen, egal, ob er viel Geld hat oder wenig", sagte Högl.

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Netz-Reaktionen: "Diese Angst, dass dir jemand ein Essen mit Oppermann schenkt"
Högls Äußerung kommt allerdings zu spät. Im Netz reichen die Reaktionen von Entsetzen bis Galgenhumor. Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl hat die SPD ihrem Ansehen massiv geschadet:
Für viele andere spottet die SPD jeder Beschreibung:
Wie war das noch mit der Rüttgers-Affäre?
"Frontal 21" erinnert zudem an die Vorwürfe, die die SPD 2010 wegen der Sponsoring-Affäre um den früheren NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers an die CDU richtete: