Fördergelder Das süße Gift der Subvention

Eigenheimzulage, Kohleförderung, Nachtzuschläge: Die Politik päppelt Volk und Lobbygruppen mit 150 Milliarden Euro jährlich. Motto: Verteile und herrsche. Dabei wären ohne Zuwendungen alle besser dran. Sie zu streichen findet jeder gut - aber nur, wenn's ihn nicht trifft.

Sein halbes Leben hat Alfred Boss hingegeben im Kampf gegen das deutsche Subventionswesen. Von seinem Zimmer im Kieler Institut für Weltwirtschaft hat der Ökonom manchmal melancholisch auf die Förde geguckt und große Schiffe gezählt - bis ihm einfiel, dass die deutschen Reeder mit der Tonnagebesteuerung ja auch eine schöne Vergünstigung erhalten. Damit war er dann meistens auch schon wieder bei der Arbeit. Boss verzeichnet in seiner "Kieler Liste" jede Beihilfe, jedes Stützungsprogramm, jeden Fördertopf. Er ist der Einzige, der noch den Überblick hat. Zählt er alle Staatshilfen zusammen, kommt er auf die unfassbare Summe von 156 Milliarden Euro. "Aber so richtig aufregen wollte sich darüber keiner", sagt der Forscher.

Nur einmal rief Hans Eichel an und wollte wissen, wie das geht: 156 Milliarden - seine Leute kämen nur auf 57,8. Boss erklärte ihm das: Anders als der Finanzminister zählt er auch Zuschüsse an die Bahn, Gelder für Arbeitsmarktprogramme oder Beihilfen für Krankenhäuser zu den Subventionen. Eichel wollte das nicht akzeptieren. Vielleicht hatte er einfach nur Angst vor der großen Zahl aus Kiel. Jedenfalls war danach monatelang wieder Ruhe in des Forschers Stube.

Damit ist es nun vorbei. In chronischer Finanznot hat die Politik das Thema Subventionsabbau entdeckt, und Boss ist plötzlich gefragt. Immer wieder löchern ihn Fachleute aus den Finanzministerien in Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Die Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD) planen jetzt immerhin den Einstieg in den Ausstieg. Subventionen von 15,8 Milliarden Euro wollen sie bis 2006 streichen, mit der von Boss propagierten "Rasenmähermethode" nahezu alle staatlichen Zuwendungen pauschal um vier Prozent jährlich kürzen. Sogar an Heiligtümer wie Eigenheimzulage, Pendlerpauschale oder Kohlehilfen wagen sie sich ran. "Die Zeit der Sonntagsreden ist vorbei", sagt Steinbrück und lobt das schwarz-rote Konzept als "größten Subventionsabbau aller Zeiten". 15,8 Milliarden von 156, und das auch noch verteilt über drei Jahre - eigentlich nur ein Klacks. Aber es schneidet direkt in den Nerv eines subventionsverwöhnten Volkes, das den staatlichen Geldregen längst als Normalität empfindet und wie einen Rechtsanspruch für sich verbucht.

Gut ein Drittel unseres Steueraufkommens geht für Subventionen drauf - ein Abbau könnte uns allen über niedrigere Steuersätze zugute kommen. Trotzdem müssen die Politiker sich auf Widerstand gefasst machen. Das zeigt eine Forsa-Umfrage für den stern. Zwar können 82 Prozent der Deutschen dem Abbau von Beihilfen und Steuervergünstigungen Sympathien abgewinnen. Aber wenn es an eigene Privilegien geht, steigt die Ablehnung dramatisch. 75 Prozent der Häuslebauer lehnen jede Kürzung der Eigenheimzulage kategorisch ab. Bei den Nachtarbeitern beharren sogar 80 Prozent auf dem Privileg, ihre Gehaltszuschläge nicht zu versteuern.

Für die Politiker wird die Sache damit schwierig: Ausgerechnet da, wo das meiste Geld versickert, ist die Ablehnung am größten. Doch die leeren Kassen von Bund, Ländern und Gemeinden könnten Einschnitte erzwingen: Allein für die auf 2004 vorgezogenen Steuersenkungen brauchen sie 15,6 Milliarden Euro.

Gelingt der Ausstieg, wäre das eine Umbauoperation gewaltigen Ausmaßes. Denn was ganz harmlos 1950 mit dem "Konsumbrot" begann, das über "Vermahlungszuschüsse" heruntersubventioniert wurde, ist längst zu einer veritablen Staatswirtschaft ausgewachsen, die alle Lebensbereiche durchdringt und das Land lähmt wie süßes Gift. Milliarden werden Jahr für Jahr in schrumpfenden Branchen wie dem Bergbau oder der Landwirtschaft versenkt, soziale und ökologische Verwüstungen sind die Folge.

Wir alle sind dabei zu Subventionisten geworden. Ob wir Miete zahlen oder ein Haus bauen, ins Kino gehen oder doch lieber sparen, ob wir Hundefutter kaufen oder unsere Kleinen in den Kindergarten bringen - immer und überall ist die öffentliche Hand als Sponsor dabei. Wir finden das ganz normal. Im kleinen Badem bei Trier sieht es der Bürgermeister als seine wichtigste Aufgabe an, "förderfähige Unternehmen" anzusiedeln, "damit wir Subventionen vom Land erhalten". Und im großen Berlin braust ein Sturm der Empörung auf, weil Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) die fetten Zuschüsse für Kita-Plätze minimal von 88 Prozent auf 87 Prozent kürzen will.

Längst haben wir uns im Gestrüpp der Beihilfen und Steuersubventionen verheddert. Nur oberflächlich erweckt der Subventionsbericht von Hans Eichel den Eindruck, als hätte der Staat alles im Griff. Da wird "entlastet", "gefördert" und "sozial abgesichert", dass es nur so eine Freude ist. Zuschüsse werden "gewährt", "Nachteile ausgeglichen". Und kurzerhand wird auch mal die "Wirtschaftsstruktur verbessert".

Aber kaum jemand kann einem erklären, warum der Bau von Fischereischiffen gefördert wird, gleichzeitig aber "Abwrackprämien" gezahlt werden. Oder warum "zum Zwecke der Förderung des Strukturwandels" der Verkauf unrentabler Kleinbauernhöfe steuerlich begünstigt ist - aber die "Viehhaltung in kleineren Betrieben" durch eine "Steuerbefreiung für Viehversicherungen" belohnt werden muss. Unklar auch, was eine "Bundesmonopolverwaltung für Branntwein" soll, die 110 Millionen Euro Zuschuss bekommt; oder warum der Bund für die Opernkarten der reichen Schnösel in Bayreuth was dazugibt.

Was im Einzelnen skurril anmutet, verursacht im großen Stil beträchtliche Schäden. Rund 100 Milliarden Euro haben Bund und Länder allein seit 1980 aufgewendet, damit in Deutschland auch weiterhin unter größten Mühen Steinkohle aus den Tiefen der Erde gekratzt wird. Alles im Namen einer vermeintlich unverzichtbaren "nationalen Energiebasis". Ökonomisch ist das Blödsinn. Denn in Deutschland liegt der Rohstoff bis zu 1.500 Meter tief unter der Erde. Ganz anders im US-Bundesstaat Wyoming: Dort sammeln die Bergleute Steinkohle locker im Tagebau ein, die Flöze sind nicht 1,6 Meter dünn wie bei uns - sondern bis zu 30 Meter dick. US-Kohle kostet daher nur ein Viertel vom deutschen Preis.

Würde man sie nach Deutschland importieren, wäre sie trotz der Transportkosten immer noch um die Hälfte billiger als unsere. Deutsche Kohle ist also nur wettbewerbsfähig, weil der Steuerzahler einspringt. Auf jeden Beschäftigten im Pütt kommen so pro Jahr rund 60.000 Euro Staatsgelder. Dafür könnten wir alle Kumpel nach Hause schicken und jedem auch noch einen Luxusurlaub auf Mallorca spendieren. Trotzdem soll es mit der Kohleförderung mindestens bis 2012 weitergehen, wenn auch auf niedrigerem Niveau.

Zwar reden alle vom "Aufbruch in die Wissensgesellschaft" - aber wir sind immer noch dabei, unser Land in ein Wirtschaftsmuseum zu verwandeln. Der Anteil der Erhaltungssubventionen, die ausschließlich alte Strukturen konservieren, steigt seit Jahren gegenüber Anpassungs- und Produktivitätshilfen, die man ja noch gut finden könnte, und wird 2004 mehr als 40 Prozent ausmachen. Es soll anscheinend Dampfen und qualmen wie im Jahre 1870 - und drumherum soll der deutsche Landmann friedlich seine Furche durch den Acker ziehen. Nur dann fühlen wir uns richtig wohl.

Notfalls müssen andere die Zeche bezahlen. Der größte Teil der Fördergelder für die Landwirtschaft geht dafür drauf, unsere Agrarprodukte billiger zu machen als sie eigentlich sind - um sie dann zum Dumpingpreis auf den Weltmärkten zu verscherbeln. Systematisch wird so die Existenz von Kleinbauern in Entwicklungsländern vernichtet. Ein beispielloser Zynismus, der uns allein im Jahre 2001 rund 13 Milliarden Euro wert war.

Unendlich schwer fällt in diesem Subventionsidyll auch der Abschied von der geliebten Eigenheimzulage, für die Hans Eichel im Jahre 2004 laut Subventionsbericht 11,4 Milliarden Euro spendieren will. Für das Geld sollte man besser Schulen und Kindergärten bauen. Denn die staatlich geförderte Bauerei auf dem Land richtet nur Unheil an. Sie forciert die Zersiedelung und erhöht das Verkehrsaufkommen. Gemeinden müssen den aufs Land Drängenden für viel Geld Straßen und Kanalisation anlegen. Die Baukosten steigen, weil Verkäufer und Architekten den Staatsobulus in ihren Preisen mit einkalkulieren. Und die Pendler müssen auch noch mit Milliarden für die Entfernungspauschale entschädigt werden. Auch sozialpolitisch ist kein Grund für die Bauförderung erkennbar. Allein in Niedersachen werden 90 Prozent aller Eigenheime staatlich bezuschusst - Indiz dafür, dass viele die Förderung als nettes Zusatzgeld nur mitnehmen, sie aber nicht brauchen. Umgekehrt reicht die Zulage für die wirklich Einkommensschwachen nicht aus. Und Wohnungsnot kann zu ihrer Begründung auch nicht mehr herhalten. In Westdeutschland gibt es, von Ausnahmen wie München abgesehen, längst genug freie Wohnungen. Und im Osten stehen so viele leer, dass gerade mit einem gigantischen Abrissprogramm 350.000 Einheiten "rückgebaut" werden müssen - öffentlich gefördert, versteht sich.

Ein Ende des Wahnsinns ist vorläufig nicht in Sicht - zumal immer neuer hinzukommt. Bestes Beispiel: das Hartz-Paket. Subventionierte Personal-Service-Agenturen (PSA) sollen Arbeitslosen eigentlich zu einer neuen Stelle verschaffen. Aber jetzt können Firmen ihre Belegschaften erst entlassen und dann über die PSA wieder einstellen. Weil der Staat den Lohn der PSA-Beschäftigten bezuschusst, ist das ein schönes Mittel zur Senkung der Arbeitskosten - zu Lasten des Steuerzahlers. Die Auswirkungen dieses "Drehtüreffekts" könnten für die Staatskasse schon bald "nicht mehr beherrschbar sein", warnt der Würzburger Ökonom Norbert Berthold. Er rechnet mit Zusatzkosten von 3,5 Milliarden Euro pro Jahr - ohne dass nur ein Arbeitsplatz geschaffen wäre.

Sind unsere Politiker zu blöd? Das wohl nicht. Aber sie wollen tun, machen, gestalten. Daraus beziehen sie ihre Identität als Politiker: Ich subventioniere, also bin ich. Sie müssten lernen loszulassen. Aber eine geradezu kindliche Staatsgläubigkeit treibt sie an. Als hätte es den historischen Fehlversuch der DDR-Staatswirtschaft nie gegeben, glauben sie in grandioser Selbstüberschätzung, dass sie ganze Wirtschaftszweige am Leben erhalten können. Sie wollen die Forschung in diesem und jenem befördern, bestimmten Produkten zum Durchbruch verhelfen und anderen nicht. Sie glauben, dass sie Arbeitslose an den abnorm hohen Lohnnebenkosten vorbei in den Markt drücken können. Sie meinen sogar, den "fairen Preis" für Strom aus Nachtspeicherheizungen, für Opernkarten in Bayreuth und für die Milch von glücklichen Kühen zu kennen. Es ist diese Hybris der politischen Klasse, ihre "Anmaßung von Wissen", wie der Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek analysierte, die den eigentlichen Virus der Subventionskrankheit ausmacht. Denn die Steuerungs- und Regelungswut muss zu permanenter Selbstüberforderung führen: Das Bundeskabinett wird zum Politbüro.

Wo das enden kann, wurde im vergangenen Jahr deutlich, als die gerade wiedergewählte rot-grüne Regierung über das "Steuervergünstigungsabbaugesetz" zu Tische saß. Nächtelang diskutierten die Spitzen des Landes mit vollem Ernst über den ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Katzenfutter und Kinderüberraschungseier. Katzenfutter und Überraschungseier - in diesen unvergesslichen Momenten war der deutsche Subventionsstaat ganz bei sich. Und selten war Politik erbärmlicher.

In der so genannten freien Wirtschaft sieht es kaum besser aus. Inzwischen hat sich eine ganze Branche etabliert, die nur davon lebt, Unternehmern den Zugang zur Staatsknete zu organisieren: die Subventionsindustrie. Spezialisten wie die Firma Wabeco aus Gießen steuern durch die Untiefen des Förderrechts, fahnden nach günstigen Programmen, schreiben Anträge und telefonieren dem Geld hinterher. Bis zu 60 Prozent der Investitionen übernimmt der Staat, wenn die Profis mit ihrem "Wabeco-Subventionslotsen" und dem "Rundum-glücklich-Paket" ganze Arbeit leisten. "Außerdem reduzieren wir die Antragslaufzeit um bis zu zwei Drittel", verspricht Wabeco-Spezialist Michael Wandt. "Das ist bares Geld wert." So hangelt sich mancher Unternehmer elegant von Subvention zu Subvention. Und ganz allmählich, ohne dass wir es richtig mitkriegen, wird aus unserer Unternehmerwirtschaft eine Staatswirtschaft.

Dabei singen die Herren aus den Chefetagen gern das hohe Lied des Subventionsabbaus, schwärmen von Wettbewerb und freiem Unternehmertum. "Mehr Eigeninitiative, weniger Staat", fordert etwa BMW-Chef Helmut Panke. Das hinderte BMW aber nicht, sich die Entscheidung für Leipzig als Standort zur Fabrikation der neuen 3er-Serie mit 363 Millionen Euro Fördergeld belohnen zu lassen.

Nur wenn es darum geht, sich an der Finanzierung der öffentlichen Geschenkewirtschaft zu beteiligen, werden die Herrschaften knurrig. Seit Monaten nervt etwa Infineon-Chef Ulrich Schumacher mit der Drohung, seinen Firmensitz in den Schweizer Steuerspar-Kanton Zug zu verlegen. Zwar hat Schumacher für seine Chip-Fabrik in Dresden über 700 Millionen Euro Subventionen erhalten, aber an den Erträgen will er die deutschen Steuerkassen nicht teilhaben lassen - in Zeiten globalen Wettbewerbs sei "kein Platz für Romantik". Offenbar kennt die Gier auf den Vorstandsetagen keine Grenzen. Wenn wir nicht aufpassen, wird aus der Subventioniererei von Unternehmen eine Veranstaltung zur Ausplünderung der Staatshaushalte. Auch deshalb müssen wir aussteigen.

Aber das wird schwierig. Denn das staatliche Gönnertum hat schwere Verwüstungen im kollektiven Bewusstsein der Deutschen angerichtet. Es hat aus ihnen ein Volk von kleingeistigen Krämerseelen gemacht. Selbst der Spitzenverdiener im Nadelstreif beherrscht noch den hohen Jammerton, wenn es an die Steuerfreiheit seiner Aktienkursgewinne gehen soll. Das ganze Land ist voll von schlecht gelaunten Menschen, die um ihre Privilegien fürchten. "Wohin ich auch kam, ich entdeckte eine neue Subvention", erinnert sich der grüne Staatssekretär Matthias Berninger an seine ersten Tage im Landwirtschaftsministerium. "Und immer gab es mindestens zehn Leute, die einem erklären konnten, warum ausgerechnet bei ihnen nicht gespart werden kann."

Im Dauerlärm der Besitzstandswahrer sind moralische Wertung und ökonomische Rationalität kaum noch auseinander zu halten. Die Empörung war groß, als herauskam, dass die Dortmunder Fußball-Millionarios ihre Gelder zum Teil steuerfrei bekommen, weil sie "Nachtarbeit" leisten, wenn sie nach 20 Uhr kicken. Aber warum muss der Staat überhaupt Nachtarbeit subventionieren? SPD-Generalsekretär Olaf Scholz sieht darin "eine Steuervergünstigung, die aus Respekt erfolgt vor sehr schwerer Arbeit von Menschen, die es nicht leicht haben". Mit der gleichen Begründung müsste es dann Steuernachlass geben für die Drecksarbeit in den Kanalisationen oder den Ekel in den Leichenhallen. Und wenn unter allen unangenehmen Arbeiten ausgerechnet Nachtarbeit belohnt werden soll - warum zahlen dann nicht diejenigen, die davon profitieren: die Arbeitgeber?

Kaum jemand stellt solche Fragen. Das macht es den Politikern so leicht, sich vor dem Abbau des staatlichen Geschenke-Unwesens zu drücken: Untergründig fühlen sie sich im Einklang mit einem Volk, das den Entzug staatlicher Unterstützung zuallererst als hartherziges Manöver empfindet. Kann man das machen: der Krankenschwester ihren Bonus besteuern? Baubetriebe in den Ruin schicken, obwohl Tausende Bauarbeiter auf der Straße stehen? Oder: die Kohlereviere veröden lassen, wo es ohne Kumpel das Wirtschaftswunder nie gegeben hätte? Aber je länger die Deutschen sich vor Antworten drücken, desto länger leben sie in einer bizarren Illusionsökonomie, die Steinkohle und Wohnungen billiger macht, als sie eigentlich sind, und Landwirten ein Einkommen überweist, das sie am Markt nicht mehr verdienen können.

Das ganze Land könnte wieder frei durchatmen, wenn es den Ausstieg aus den Illusionen wagt. Würden wir die Subventionen nur um 20 Prozent kürzen, könnte der Spitzensteuersatz nach Berechnungen des Kieler Weltwirtschaftsinstituts von 48,5 auf 42,2 Prozent sinken, der Eingangssteuersatz von 19,9 auf 17,3. Schafften wir alle Subventionen ab, würde gar ein Spitzensteuersatz von 16,9 Prozent reichen, der Eingangssteuersatz fiele auf sagenhafte 6,9 Prozent. Bei diesen Sätzen hätten viele Menschen auch wieder genug Geld fürs Eigenheim - ohne Zulage. "Freiheit wagen, Fesseln sprengen", stand vergangene Woche in großen Buchstaben über dem Reformkongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Ein gutes Motto. Die BDI-Lobbyisten können gleich bei sich selbst anfangen. Knapp die Hälfte aller Finanzhilfen und Steuervergünstigungen entfallen auf die gewerbliche Wirtschaft. Sie ist der größte Subventionsempfänger in Deutschland.

Mitarbeit: Julian Hans, Ludger Hinder, Michaela Kinzler, Sylvie Menning, Johannes Röhrig, Holger Witzel, Lorenz Wolf-Doettinchem

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Von Tilman Gerwien