Pariser Autosalon 2008 Autoland in Zwergenhand

  • von Michael Specht
Statt dick und durstig jetzt klein und sparsam. Auf dem Pariser Autosalon übertrumpfen sich die Hersteller mit jeder Menge City-Flitzern. Jedoch nicht ganz freiwillig. Brüssel zwingt zum Downsizing, denn sonst drohen ab 2012 hohe CO2-Strafen.

Klein ist fein. Die Minis rücken zunehmend ins Blickfeld der Käufer - nicht nur wegen der gestiegenen Spritpreise. Mehr und mehr entwickeln sie sich zum Statement intelligenter Fortbewegung. Über 15.000 dieser Kleinstwagen werden monatlich in Deutschland neu zugelassen, mehr als kompakte Vans oder Modelle der oberen Mittelklasse. 18 Prozent beträgt das Wachstum gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Bestseller im Segment ist der Smart. Auf den Retro-Fiat 500 warten die Kunden noch immer Monate. Was macht den Reiz der Minis aus? Frank Leopold, bei Opel zuständig für "Neue Fahrzeugkonzepte", sieht bis auf die Möglichkeit, in kurze Parklücken zu schlüpfen, wenige Vorteile. "Der Grund für die hohe Nachfrage dürfte eher beim Kunden liegen. Dieser hat das Gefühl, dass kleiner automatisch auch sparsamer und praktischer bedeutet." Folglich entwickelt auch Opel ein Modell unterhalb des Agila. Glaubt man den Gerüchten, soll der Opel-Zwerg ab 2011 in Korea produziert werden. Als Antrieb ist einzig ein kleiner Dreizylinder-Benziner vorgesehen.

Autohersteller und Druck

Den Autoherstellern kommt die Mini-Mode gerade recht, sind doch die Kleinen wertvolle Kompensationsmodelle für die durstigen Luxusgefährte und dicken SUV und müssen helfen, den Flottenverbrauch zu reduzieren. Damit unmittelbar zusammen hängt der CO2-Ausstoß. Ihn plant die EU-Kommission bis 2012 bei Neufahrzeugen im Schnitt auf 130 Gramm pro Kilometer zu senken. Ein Wert, der die Autoindustrie und vor allem die Premium-Hersteller mächtig unter Druck setzt und sie zwingt, kleine, leichte und sparsame Autos zu bauen, will man hohen Strafabgaben aus dem Wege gehen.

So stellt Audi in Paris die Studie des künftigen A1 vor, der mit 3,90 Meter Länge allerdings in der Größe einem Polo entspricht und dem Sub-B-Segment damit deutlich entwachsen ist. Selbst bei BMW, wo bereits der Mini auf der Erfolgsspur fährt, plant man etwas Kleineres. "Wir gehen heute davon aus, dass wir in sieben oder acht Jahren völlig neue Fahrzeugkonzepte brauchen, gerade auch angesichts der Tendenz zu Mega-Citys", sagt der BMW-Vorstandsvorsitzende Norbert Reithofer. Auch Volkswagen bastelt eifrig an seiner "New Small Car Family". Der 3,50 Meter kurze up! soll 2010 auf den Markt kommen. Derviate vom up wird es wenig später von den VW-Töchtern Skoda und Seat geben. Geplant sind Stückzahlen von insgesamt bis zu 500 000 Einheiten im Jahr.

Clever und smart: der Toyota iQ

Andere Hersteller, vor allem die japanischen, sind schneller. Den wohl cleversten Beweis liefert Toyota mit dem iQ, einem schicken Dreimeter-Winzling mit Platz für drei Erwachsene und einem Kind. Der Name ist Programm. Der smarte Japaner, der nur 4,3 Liter Benzin pro 100 Kilometer verbrauchen soll, kommt Anfang 2009 zu uns. Fachleute sagen dem iQ eine große Karriere voraus. Es ist der erste Toyota, der das Thema Lifestyle anpackt und vor allem die Yuppies (young urban professionals) im Visier hat. Und es ist das erste Auto, das über einen Heckairbag verfügt. Dies jedoch nicht ohne Grund: Die hinteren Passagiere sitzen unmittelbar an der Heckscheibe. Preislich soll der iQ bei 12 500 Euro starten.

Nissan zeigt mit dem Nuvu wie man sich individuelle Mobilität in der Großstadt künftig vorstellt. Der Nuvu - der Name steht für "new view" (neue Blickrichtung) - stellt die Studie eines Elektro-Minis dar, der ab 2011 in Serie gehen soll. Schon ab nächstes Frühjahr steht dagegen der Nissan Pixo beim Händler, ein Kleinwagen unterhalb des Micra. Der fünftürige Pixo ist baugleich mit dem Suzuki Alto, dessen Verkaufsstart ebenfalls für März angesetzt ist. Beide 3,50-Meter-Wägelchen werden bei Maruti in Indien gebaut. Damit vertreiben Suzuki und Nissan in Europa erstmals ein gemeinsames Auto. Alto und Pixo spielen jedoch nicht den trendigen Lifestyle-Typen, sondern wollen ganz normale Stadtautos sein. Als Antrieb wird es nur einen 68 PS starken Einliter-Dreizylinder-Benziner geben. Nissan verspricht einen CO2-Ausstoß von 103 Gramm pro Kilometer, also rund 4,3 Liter/100 km Benzinverbrauch. Die Preise beginnen bei rund 9500 Euro.

Geringe Margen zwingen zu Kooperationen

Viel Gewinn bleibt da nicht. Daher müssen die Autozwerge extrem kostengünstig entwickelt und produziert werden. Dies zwingt die Autohersteller - wie im Fall Nissan und Suzuki - zu Kooperationen. Suzuki scheint überhaupt ein beliebter Partner zu sein. So rollt im ungarischen Suzuki-Werk zusammen mit dem Splash bereits der weitgehend baugleiche Opel Agila vom Band. Eine neue Verbundenheit besteht auch - wer hätte dies jemals gedacht - zwischen Ford und Fiat. Gemeinsam nutzt man die technische Architektur des Fiat 500/Panda für die zweite Generation des Ford Ka (ab Februar beim Händler). Alle drei werden in Polen gebaut. Der knapp 3,60 Meter kurze Ka, bei dem die Heckansicht noch an seinen polarisierenden und über zwölf Jahre gebauten Vorgänger erinnert, soll dabei aber deutlich sportlicher fahren. Auch bei der Ausstattungsvielfalt will Ford bislang in dieser Klasse ungewohnt viel Raum für Individualisierung bieten. Preislich startet der Ka bei 9750 Euro. Dafür gibt es einen Benziner mit 69 PS, der mit 5,1 Liter zwar 21 Prozent weniger als sein Vorgänger verbraucht, aber beim Sparen der Konkurrenz hinterher fährt. Wenigstens der 75-PS-Diesel (Aufpreis 2000 Euro) soll auf 4,4 Liter kommen. Nächstes Jahr wollen die Kölner noch eine "Econetic"-Version nachschieben, die dann rund 3,7 Liter verbrauchen soll.