Fakten zu den Angriffen auf Google
Google und andere Unternehmen wurden das Ziel von Hackerangriffen aus China. Es ging dabei um Spionage und Datendiebstahl. Im folgenden beantwortet stern.de die Wichtigsten Fragen zum Vorfall.
Gefunden in der Online-Ausgabe der "Financial Times Deutschland"
Ist das der Start zum Cyberkrieg?
Nein - die Zwischenfälle, die Google als Anlass zur Wende in China nimmt, sind leider Routine. Seit Jahren gibt es organisierte Angriffe gegen Internet-Technik, deren Urheber in China vermutet werden. Einer der ersten öffentlich bekannt gewordenen Fälle war im Jahr 1999 die Verunstaltung von US-Regierungswebsites, vermutlich durch chinesische Hacker - ein Protest gegen die Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad im Jugoslawienkrieg. Die Angriffe jetzt spielen sich allerdings auf ganz anderem technischen Niveau ab.
Wie wurde Google angegriffen?
Mit internetfähigen Computerviren, die so ähnlich arbeiten wie die unter dem Stichwort "Online-Durchsuchung" vom Innenministerium geförderte Technologie. Nicht nur Google, auch viele andere Firmen sind Opfer dieser Attacke gewesen. Google verweist in seiner Mitteilung auf Ghostnet, ein weltweites Spionagenetz, das im vergangenen Frühjahr aufgeflogen ist. Kanadische Forscher hatten die Computer des Dalai Lama genauer unter die Lupe genommen und Programme gefunden, die E-Mails von wichtigen Absendern abfangen und weiterleiten und sogar Kamera und Mikrofon eines infizierten Computers einschalten können. Auch Computer von deutschen Behörden waren von diesem Angriff betroffen.
Stecken die chinesischen Behörden hinter den Angriffen?
Die Spionageabwehr in den USA und in Deutschland ist sicher, dass auch die chinesischen Kollegen solche Programme einsetzen. Die Beteiligung an einem konkreten Angriff lässt sich aber nicht beweisen oder widerlegen. Cyberangriffe sind kinderleicht zu verschleiern, weil sich der Schwarzmarkt professionalisiert hat. Jeder Kleinkriminelle in Hamburg kann seine Geschäfte über einen gekaperten Rechner in China oder sonstwo auf der Welt abwickeln, solche Rechner werden tageweise vermietet.
Wie sicher ist Googles E-Mail-Dienst?
Google behauptet, dass die Angreifer im Dezember trotz massiver Anstrengungen nur ein paar Betreff-Zeilen lesen konnten. Bei anderen Postfächern hatten sich die Spione allerdings die Passworte der Nutzer besorgt und einfach mitgelesen. Hier wäscht Google seine Hände in Unschuld und rät dazu, Antivirensoftware zu installieren, um Spionageprogramme zu entdecken, sowie Verschlüsselung zu verwenden, um das Abhören zu erschweren. Wer Google Mail ganz ohne Verschlüsselung verwendet, kann sehr einfach abgehört werden.
Kann man sich denn schützen?
Antivirensoftware - von einem namhaften Hersteller, denn es sind auch Imitate von Cyberkriminellen im Umlauf - ist für Windows-Nutzer ein Muss. Verschlüsselung ist für alle ratsam - und gar nicht umständlich: Statt mit http://www.googlemail.com einfach mit https://www.googlemail.com (der Unterschied ist das "s" vor dem Doppelpunkt, es steht für "secure", sicher) starten. Wer bereit ist, auf die Funktion "Postfach durchsuchen" zu verzichten, kann auch bei Google Mail jede einzelne Nachricht verschlüsseln. Alle anderen Sicherheitstricks sind im Vergleich zum Sicherheitsgewinn, den sie bringen, zu teuer oder so umständlich, dass wir nicht dazu raten.
Kann Google sich aus China zurückziehen?
Das will Google ja gar nicht unbedingt. Bislang hat der Konzern nur angekündigt, die Suchergebnisse auf der chinesischen Website nicht mehr zensieren zu wollen. Das könnte bedeuten, dass die Behörden Google dazu zwingen, die Büros in China zu schließen. Eine andere Firma oder eine Behörde könnte die Herrschaft über die Internet-Adresse http://www.google.cn bekommen, der Umsatz von Google mit chinesischer Werbung könnte sinken, wenn die Website nicht mehr erreichbar ist. Darauf lässt es Google ankommen. Googles Marktanteil in China liegt je nach Quelle nur zwischen 12 und 30 Prozent.