Es war eine von Donald Trumps Lieblingsbehauptungen im Wahlkampf: Beim Welthandel würden die USA über den Tisch gezogen, mit einigen leicht zu gewinnenden Handelskriegen könnte er die Balance wieder herstellen. Die Folgen für die US-Wirtschaft sind noch nicht voll abzuschätzen - die Schäden aber jetzt schon immens. Nun könnte ausgerechnet Apple-Chef Tim Cook die Wende bringen. Indem er dem Präsidenten einfach mal die Folgen seiner Entscheidungen erklärte.
"Wir hatten ein sehr gutes Treffen", erklärte Trump am Sonntag auf dem Rückweg zum Weißen Haus. Bei dem Dinner am Freitag hätte der Apple-Chef mit ihm über die Strafzölle gesprochen. "Er hatte sehr gute Argumente", so Trump. So scheint dem US-Präsidenten nicht bewusst gewesen zu sein, dass durch den Handelskonflikt eben nicht nur China leidet - sondern auch die US-Unternehmen.
Gute Argumente
"Er sagt mir, dass Samsung, ihr wichtigster Konkurrent, die Zölle nicht zahlen muss. Weil sie in Korea sitzen", so Trump gegenüber mehreren Fernsehteams. "Es ist für Apple ein Nachteil, wenn sie sie zahlen müssen und ein sehr potenter Konkurrent nicht", fasst er seinen Erkenntnisgewinn zusammen. "Ich fand das sehr einleuchtend. Ich werde darüber nachdenken."
Das Argument, dass die US-Wirtschaft gegenüber anderen Staaten durch die Strafzölle benachteiligt ist, ist natürlich kein neues. Trump hatte es immer wieder beiseite gewischt. Schon vor dem Inkrafttreten der Zölle waren Warnungen laut geworden, dass die Zölle vor allem die US-Wirtschaft und die dortigen Konsumenten benachteiligt. Eine Studie der Uni Stanford aus dem Frühjahr bekräftigte das: Die USA verlieren demnach 4,5 Milliarden Dollar durch die Maßnahmen - jeden Monat. Auch China spürt die Folgen des aufgezwungen Konflikts. "Beide Seiten verlieren", fasste Trumps früherer Berater Gary Cohn die Lage gegenüber "Newsweek" zusammen.
Trump gegen die Tech-Konzerne
Dass Trump nun ausgerechnet vom CEO eines Tech-Konzerns zum Nachdenken gebracht wird, überrascht. Der streitlustige US-Präsident hatte in letzter Zeit gleich mehrere Silicon-Valley-Konzerne angegriffen, weil sie seiner Ansicht nach zu liberal eingestellt wären. Auch Apple war schon Ziel seiner Kritik: Der Konzern hatte zuletzt die Produktion seines Hochleistungsrechners Mac Pro von Texas nach China verlagert. Das Gespräch mit Cook hatte Trump dann aber doch angenommen und sogar mehrere Tage vorher stolz angekündigt.
Trotzdem wird der von ihm "hoch geschätzte" Apple-Chef Trump wohl nicht zur allgemeinen Aufgabe seiner China-Strategie bringen können. Obwohl die US-Wirtschaft mittlerweile merkbar unter den Folgen ächzt, scheint Trump weiter von ihr überzeugt zu sein. Auch Cook weiß das. Sein Ziel dürfte daher kein generelles Umdenken gewesen sein, sondern eine Sonderreglung für Apple herausschlagen zu können. In den letzten Monaten hatte die US-Regierung bereits bekannt gegeben, einige Branchen wieder von den Zöllen zu befreien, andere Maßnahmen wurden für mehrere Monate ausgesetzt.
Trotzdem bereitet sich Apple in den letzten Monaten vermehrt darauf vor, die Produktion seiner Geräte aus China heraus zu verlagern. Zu früh sollte sich Trump darüber nicht freuen. Als neuer Standort sind nicht die USA geplant - sondern Indien, Vietnam und auch Trumps zweiter Lieblingsfeind Mexiko.