Mobile Betriebssysteme Das Geheimnis der smarten Alleskönner

Mobiltelefone sprechen, hören, organisieren, spielen und finden den Weg. Doch welche Software läuft im Gehäuse? Wir zeigen die Betriebssysteme - und womit Microsoft den Markt aufrollen will.
Von Annette Berger und Björn Maatz

Darf es ein Google-Handy sein, ein iPhone oder lieber ein Blackberry? Der Branchenverband Bitkom schätzt, dass in diesem Jahr 8,2 Millionen Smartphones in Deutschland verkauft werden. Das wären 47 Prozent mehr als 2009. Und damit wäre etwa jedes dritte verkaufte Mobiltelefon hierzulande ein Multimedia-Handy.

Handy-Betriebssyteme sind daher ein großes Thema auf der Mobilfunkmesse "Mobile World Congress", die von Montag bis Donnerstag in Barcelona stattfindet. Erwartet wird, dass Microsoft am Montagnachmittag sein lang erwartetes Windows Mobile 7 vorstellt. Doch wer sind die Rivalen? Hier die wichtigsten Daten.

Gefunden in der FTD.

Symbian OS: Nokias Marktführer droht Abstieg

Noch hat dieses Betriebssystem mit Abstand den höchsten Marktanteil sowohl unter den herkömmlichen Handys als auch unter den Alleskönnern, den Smartphones. Denn es ist die Software, mit der die Telefone des weltgrößten Mobilfonherstellers Nokia arbeiten. Hinter dem kostenlosen Betriebssystem Symbian OS steht die von den Finnen gegründete Symbian Foundation, die zahlreiche Geräte- und Chiphersteller unterstützen. Aktuell nutzen gut 200 mobile Geräte Symbian als Betriebssystem. Die Gemeinde von Anwendungsentwicklern ist sehr groß. Dennoch setzen es die meisten Handyhersteller Symbian inzwischen nicht meht ein - Nokia natürlich ausgenommen. Denn Symbian gilt inzwischen als schwerfällig und langsam. Zudem gestaltet sich das Programmieren von Software-Anwendungen vergleichsweise mühsam. Daher ist das Betriebssystem bei Entwicklern nicht sonderlich beliebt. Nokia will nun Symbian nun einen Schub geben: Anfang Februar erklärte der Handy-Produzent die Plattform zum Open-Source-Projekt. Das bedeutet, dass es jedem nun freisteht, das Programm, das einst für viele Millionen entwickelt wurde, zu verbessern und fortzuentwickeln. Parallel setzt Nokia künftig auch auf das Linux-basierte Betriebssystem Maemo, das bislang aber nur in einem Gerät eingesetzt wird, dem N900. Die Finnen sehen Symbian als Handyplattform an, Maemo hingegen als Oberfläche für Minicomputer. Das N900 ist rein äußerlich kaum von Nokias bisherigen Smartphones zu unterscheiden.

Windows Mobile 7: Einfach nur "Phone"

Auf der Messe in Barcelona hat Microsoft sein aktualisiertes Handy-Betriebssystem vorgestellt. Weil sich die Software mehrmals verzögerte, stellte der US-Konzern im vergangenen Jahr sein Windows Mobile 6.5 vor, das allgemein als halbherziger Zwischenschritt kritisiert wurde. Mit Windows Phone 7 verabschiedet sich der Softwareriese von seiner über viele Jahre verfolgten Strategie, den PC auf das Handy zu bringen. Die neue Benutzeroberfläche orientiert sich an dem Interface von Microsofts Musikplayer Zune. Die neuen Smartphones mit Windows Phone 7 Series sollen auch als mobile Spielekonsole dienen und an der Xbox-Live-Plattform teilnehmen können. Microsoft hatte zuletzt die Aktualisierung seiner Handy-Betriebssoftware vernachlässigt. Folge: Die Windows-Oberfläche wirkte im Gegensatz zur Apple-Software und dem Google-Betriebssystem Android altbacken. Handyhersteller gaben sich Mühe, Windows Mobile unter einer selbst entwickelten Oberfläche zu verstecken. Microsoft verlor so Wiedererkennungswert und Marktanteile. Handyhersteller wie Motorola und HTC konzentrieren sich lieber auf Googles Android, bieten Windows-Mobile-Geräte aber weiter an.

Android: Googles Aufsteiger

Google gab sein Betriebssystem sofort nach Veröffentlichung in großen Teilen als Open Source frei. Ursprünglich als Smartphone-Betriebssystem gedacht, weitet sich der Einsatz der quelloffenen Software Android aus - bis hin zur Anwendung in Netbooks, Waschmaschinen und Autos. Die Smartphones lassen sich mit Zusatzprogrammen zu einem Online-Marktplatz erweitern, allerdings braucht man einen Google-Account - schließlich wurde das Projekt vom Suchkonzern initiiert. Der Suchmaschinenkonzern brachte jüngst ein eigenes Handy heraus, das Nexus One. Auch dieses Gerät - produziert beim taiwanesischen Hersteller HTC - basiert auf Android.

iPhone OS: Magier mit Macken

Apple entwickelte das Betriebssystem für das iPhone und den Multimedia-Musikspieler iPod Touch. Es basiert auf dem PC-Betriebssystem Mac OS X. Externe Entwickler schrieben Zehntausende Programme dafür, täglich werden es mehr. Angeboten werden sie über den App-Store, Apples Verkaufsplattform im Netz für Musik, Filme, Internet-Programme, Spiele und demnächst auch Bücher. Die Software unterstützt innovative Funktionen wie Multitouch, Beschleunigungssensoren und einen digitalen Kompass. Auch Apples neuer Tablet-Computer, das im Januar vorgestellte iPad, wird auf dem Betriebssystem laufen. Kritiker bemängeln, dass Apples Handy-Betriebssystem kein Multitasking unterstützt. Es können während des Telefonierens also keine Programme in Hintergrund laufen. Apple ist nicht der einzige Hardwarehersteller, der auf ein eigenes Betriebssystem setzt. Auch die Geräte des Blackberry-Herstellers Research in Motion (RIM) und Palm laufen auf einer jeweils eigenen Software.

Brew: Gebräu von Qualcomm

Der Name hört sich nach Brauerei an. Doch Brew ist eine Abkürzung und steht für Binary Runtime Environment for Wireless. Die Anwendungsplattform wurde vom kalifornischen Mobilfunkentwickler Qualcomm ins Leben gerufen. Auf Brew werden vor allem Spele entwickelt. Wie schon bei Android war auch hier der asiatische Hersteller HTC Vorreiter: Das Mobiltelefon HTC Smart läuft auf diesem Betriebssystem. Die Taiwaner präsentierten es jüngst auf der Consumer Electronics Show in Las Vegas, nur wenige Stunden nachdem Google das von HTC gebaute Telefon Nexus One in seiner Konzernzentrale vorgestellt hatte.

Bada: Samsungs Ehrgeizling

Samsung verschärft den Wettbewerb unter den Handyplattformen. Bada soll zunächst für Mobiltelefone mittlerer Preisklasse und später auch für günstige Modelle etabliert werden, kündigte das südkoreanische Unternehmen im Dezember an. Das neue Betriebssystem ist vor allem eine Breitseite gegen Google und die immer populärer werdende Software Android. Aber auch Windows Mobile von Microsoft und Symbian bekommen durch Bada schärfere Konkurrenz. Bei Samsung werden künftig alle diese Systeme miteinander konkurrieren. Der nach Nokia zweitgrößte Handyhersteller der Welt will sie weiterhin parallel in verschiedenen Geräten anbieten. Ein Teil der Modelle wird aber künftig ausschließlich mit Bada bestückt und ist damit für die Hersteller anderer Betriebssysteme verloren. Analysten erwarten, dass Samsung mittelfristig auf Nokias Betriebssystem Symbian verzichten wird.

MeeGo: Intels und Nokia schmeißen zusammen

Im Rahmen des Mobile World Congress in Barcelona haben Nokia und Intel die Zusammenlegung ihrer beiden mobilen Linux-Plattformen Maemo und Moblin verkündet. Unter dem Namen MeeGo wurde ein gemeinschaftliches Open-Source-Projekt eingerichtet, in dem künftig gemeinsam die Entwicklung vorangetrieben werden soll. Das System ist nicht nur für Smartphones gedacht, sondern für auch für Mobile Internet Devices (MID), sehr kleine Minicomputer für das Surfen im Internet

FTD

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