Ein Sketch aus der Sat1.-Comedy "Knallerfrauen" geht so: Eine Frau bereitet mit ihrem alten Vater in der Küche das Essen zu. Nebenbei fragt sie ihn, wie er denn mit dem iPad zurechtkomme, das seine Kinder ihm geschenkt haben. Ganz gut, sagt dieser - und schüttet Gemüse in einen Topf, das er auf dem iPad kleingeschnitten hat.
Originelle Verwendungsmöglichkeiten für Tabletcomputer findet man zurzeit eher in einer Küche als auf dem diesjährigen Mobile World Congress (MWC) in Barcelona. Vor einem Jahr litt die Messe unter akuter Tablet-Vergiftung, so groß war der Hype um die Flachmänner, die es mit Apples erfolgreichem iPad aufnehmen sollten. Jetzt ist Normalität und Ernüchterung eingekehrt. Längst nicht jeder Hersteller hat überhaupt ein neues Gerät mitgebracht, manche wurden schon vor ein paar Monaten vorgestellt.
Bei den wirklich neuen Modellen setzen fast alle Hersteller die Strategie um, die sie auch bei Smartphones verfolgen: Gemacht wird, was machbar ist, wobei es mehr um Updates als um Innovationen geht.
- Trend eins: mehr Rechenpower. Die Quadcore-Prozessoren, die die jüngsten High-End-Smartphones in Raserei versetzen, werkeln auch im Inneren einiger Tablets. Der aufstrebende chinesische Hersteller Huawei proklamiert, sein MediaPad 10 FHD sei dank einer Eigenentwicklung das schnellste Tablet mit vier Rechenkernen. Vor allem aber wird das Wettrennen von den Chipherstellern Nvidia und Qualcomm vorangetrieben, deren Technik die Basis für die meisten Tablets und Smartphones bildet. Programme, die diese Kraft brauchen, gibt es bisher – abgesehen von ein paar Spielen.
- Trend zwei: höhere Auflösungen. Tablets sind Geräte zum Medienkonsum, da ist es nur konsequent, die Bildqualität ständig zu verbessern. Huaweis MediaPad, Acers Iconia Tab A700 und das Transformer Pad Infinity von Asus sind die ersten Tablets mit einer FullHD-Auflösung von 1920 x 1080 Pixeln (bei 10.1 Zoll Displaygröße).
- Trend drei: Größen- statt Designvielfalt: Die meisten Tablets sind kaum von einander zu unterscheiden, und viele Nachfolgemodelle sehen ihren Vorgängern zum Verwechseln ähnlich. Statt auf ästhetische Akzente konzentrieren sich viele Tablet-Bauer, fast dasselbe Gerät in verschiedenen Größen anzubieten und die Grenzen zwischen Smartphone und Tablet zu verwischen. Der koreanische Elektronikriese Samsung ist dabei besonders konsequent: Sein 5-Zoll-Riesenphone Galaxy Note hat auf dem MWC einen Tablet-Bruder mit 10.1-Zoll-Display bekommen. Samsungs andere Tablet-Reihe Galaxy Tab wird ebenfalls in mehreren Größen fortgesetzt. Unternehmen wie LG (Optimus Vu), Panasonic (Eluga Power) oder Huawei (Ascend D LTE) gehen ähnliche Wege.
- Trend vier: der Stylus lebt. Handys und Organizer mit einem Stift zu bedienen, gilt seit der Fingersteuerung à la iPhone als ein totes Ding aus den 2000ern. Samsung holte den Stylus wieder ins Rampenlicht, indem es sein Galaxy Note als Werkzeug für Zeichner, Designer und Kritzelfreunde vermarktete. LG, HTC und Motorola machen inzwischen auch mit.
Wer suchet, der findet
So weit, so einförmig. Vielleicht ist der Einheitsbrei sogar das, was die Konsumenten wollen – wenn sie nicht sowieso ein iPad kaufen. Wer etwas Außergewöhnliches in der Tablet-Welt sucht, muss jedenfalls lange suchen auf dem MWC. Einige Fundstücke gibt es dann doch.
Hart im nehmen ist das Toughpad von Panasonic, das sich wie die Notebooks aus der Tough-Familie eindeutig an Unternehmen richtet. Ein Chassis aus Magnesium, Gummi-Stoßfänger an den Rändern und ein extrem entspiegeltes Display sorgen dafür, dass es auch im Außendienst oder im Lager eingesetzt werden kann. Wesentlich spezieller ist das Project Fiona von Razer. Zu dem Gaming-Tablet des US-Zubehörspezialisten gehören zwei Controller. Ob zwischen den kleinen und großen Spielkonsolen und den Spiele-Apps für normale Tablets dafür noch Platz ist, darf zumindest bezweifelt werden.
Asus verblüfft mit dem Padfone
Für einen Moment der Technikeuphorie sorgte allerdings das Padfone von Asus, dessen marktreife Version vorgestellt wurde. Das Padfone ist zunächst ein ganz normales Smartphone. Wem dessen 4.3-Zoll-Display zu klein ist, der kann das Telefon in eine Dockingstation stecken, die wie ein Tablet mit 10.1 Zoll Diagonale aussieht. Das funktioniert bei laufendem Betrieb. Das große Display überträgt ohne Neustart oder Umschalten sofort die Bilder des Smartphones, das komplett im Tablet verschwindet und dort unsichtbar weiterarbeitet. Als Tablet bietet das Padfone eine höhere Auflösung und längere Akkulaufzeit als in seiner Telefonform. Doch damit nicht genug: Für das Tablet gibt es eine Dockingstation, die eine vollständige Tastatur und weitere Akkuleistung liefert. So wird das Padfone zum Notebook. Die Bedienung erfolgt über Keyboard, Touchscreen - und mit einem Stylus, der er in sich hat. Natürlich kann man mit dem Stift auf dem Bildschirm schreiben und malen. Doch wenn ein Anruf kommt – das Telefon steckt immerhin im Tablet fest – wird der Stift zum Headset, den man wie einen Telefonhörer ans Ohr hält. Besonders dieses Feature ließ einige der anwesenden IT-Journalisten regelrecht emotional werden. Ob sich der Padfone-Baukasten im Alltag bewährt und wie teuer die ganzen Puzzleteile sein werden, wird erst der Marktstart im April zeigen. Bis dahin kann sich immerhin über die verblüffenden Ideen freuen.
Die nächste Generation des iPad, das auch auf dieser Messe wie ein dunkler Geist über der Konkurrenz schwebt, wird in einer Woche das Licht der Welt erblicken. Dann werden die Tablet-Karten neu gemischt. Wahrscheinlich wird Apple die Rechenleistung und das Display verbessern, also dasselbe tun wie die anderen Hersteller auch. Nur eben Apple-like.