Krieg in der Ukraine Nordkorea – diese Waffen kann Kim Jong-un Putin liefern

Übung von Nordkoreas Streitkräften.
Übung von Nordkoreas Streitkräften.
© Nordkoreanische Streitkräfte
Nordkorea ist arm und rückständig – sitzt aber auf einem Berg von Waffen. Der Krieg in der Ukraine wird von der Artillerie bestimmt und Kim Jong-un kann Riesenmengen an Munition liefern.

Die Diktatoren-Freunde Kim und Wladimir haben sich getroffen – und das bedeutet nichts Gutes für Kiew und die freie Welt. Denn Witzchen über das arme und rückständige Nordkorea sind billig, aber sie verschleiern, wie sehr das Land Russlands militärische Fähigkeiten verbessern kann.

Nordkorea liefert seit Jahren Militärausrüstung – meist in Pariastaaten wie Sudan oder Iran. In der Auseinandersetzung in der Ukraine ist – etwas überraschend – Artillerie erneut der "Gott des Krieges". Artillerie und Fernwaffen jeder Art entscheiden die Schlachten, verbrauchen aber Unmengen an Munition. Derzeit verschießen die russischen Streitkräfte weniger Granaten als noch vor Kurzem. Das deutet aber nicht unbedingt auf einen generellen Mangel hin, vermutlich bauen die Russen einen Vorrat für eigene Offensivoperationen auf. Grundsätzlich bestreiten beide Seiten diesen Krieg aus dem Magazin, das heißt, die Neuproduktion gleicht den Verlust nichts aus.

Unmengen an Munition  

Nordkorea besitzt etwa 21.000 Artilleriegeschütze jeder Art in seinem Arsenal, von den schweren Kalibern sind es etwa 8500. Für diese Waffen hat das Land große Mengen an Munition gebunkert. Die eigene Militärdoktrin sieht eine Vollausstattung für 45 Kampftage vor. Die Dimensionen der Lagerhaltung lassen sich mit der in Westeuropa nicht vergleichen. Südkoreanische Experten gehen davon aus, dass es sich um "mehrere zehn Millionen Granaten" handelt. Würde Nordkorea einen Teil seines Hortes verkaufen, wäre das Land immer noch gut gerüstet, und Putin hätte etwa 10 Millionen Granaten mehr im Bestand.

Zur Einordnung: In der EU werden im Jahr etwa 240.000 bis 300.000 Stück produziert, auch bei einer extremen (und unwahrscheinlichen) Steigerung von 400 Prozent in den nächsten Jahren wären das dann erst eine Million. Ähnliches gilt für kleinere Kaliber – wie den 120-Millimeter-Mörser und Infanteriewaffen.

Raketen für Mehrfachraketenwerfer 

Fast noch wichtiger als die Munition für Haubitzen sind die Raketen für Mehrfachraketenwerfer (MLRS), die modernen Nachfahren der Stalinorgel. Neben den schweren Kalibern von Uragan und Smerchs, spielt der Standardwerfer BM21 eine zentrale Rolle. Beziehungsweise spielte, denn Russland setzt diese Raketenwerfer nach wie vor ein, aber lange nicht mehr in dem Maßstab wie zu Beginn der Invasion.

Hinzu kommt, dass Kiew hier inzwischen die Oberhand erhält. Die Ukraine erhält von mehreren Ländern ununterbrochen große Mengen moderner Raketen dieses Kalibers. Deren Reichweite beträgt 40 Kilometer, die der älteren Modelle nur etwa 20. Weitreichende Raketen kann Russland nur aus dem Iran und eben Nordkorea erhalten. Da der Westen gleichzeitig Präzisionsmunition hoher Reichweite an Kiew liefert, kommt Russland beim Thema "Counter Battery Duelle" ins Hintertreffen.

Die nordkoreanischen Vorräte an Artilleriegranaten und MLRS-Munition dürften alt sein und es handelt sich nicht um smarte Präzisionswaffen. Dennoch würde ein Deal Putin insofern helfen, als dass es dem Kreml die Sorgen um die Standardmunition abnähme. Für weitere Distanzen und Präzisionsschläge setzt das russische Militär in einem hohen Maß auf Kamikaze-Drohnen wie die Lancet und die neu vorgestellte Billigdrohne Scalpel. Bei beiden Systemen nennt der Kreml sehr hohe Produktionszahlen. Nordkorea muss nicht allein aus dem Magazin liefern. Um Russland dauerhaft zu beliefern, könnte das Land auch die Produktion hochfahren. Bisherige Engpässe bei den Materialien kann Russland abstellen.

Taktische ballistische Raketen 

Neben diesen Waffen verfügt Nordkorea auch über moderne taktische Raketen. KN-23 und KN-24 entsprechen in etwa den russischen Iskanders oder den amerikanischen ATACMS. Diese Waffen sind jedoch bedeutend für das eigene Militär und sie dürften nicht in solchen Mengen vorhanden sein, als dass größere Stückzahlen geliefert werden könnten.

Nordkorea dürfte im Gegenzug für die Unterstützung Energie, Rohstoffe und Nahrungsmittel von Russland erhalten. Obendrein vermutlich Know-How bei Satelliten- und Raketentechnik und allgemeine Hilfe bei der Rüstungsproduktion.

Auch dieser Deal ist kein "Game Changer", der als Einzelfaktor den Krieg wenden wird. Sollte es aber zu diesen Lieferungen kommen, kontert Moskau damit die Strategie des Westens, die russische Rüstungsproduktion mittels Sanktionen zu strangulieren – so wie es schon zuvor etwa bei den Halbleitern nicht glückte.

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