Römisches Imperium  Graffiti aus Pompeji: Villa macht Reklame für die Sexdienste einer Sklavin

Erotisches Fresko aus der Casa dei Vettii
Erotisches Fresko aus der Casa dei Vettii
© Silvia Vacca/Archaeological Park of Pompeii
Für zwei Kupfermünzen war das Mädchen Eutychis zu haben. Hinter der Küche musste sie ihre Kunden in einer Kammer bedienen. Vermutlich nicht auf eigene Rechnung. Das Mini-Bordell sollte ihre reichen Besitzer noch wohlhabender machen.

20 Jahre lang wurde die Casa dei Vettii in Pompeji restauriert, seit diesem Jahr kann es wieder besichtigt werden. Frühere Restaurationen hatten an den zahlreichen Fresken des reichen Kaufmannshauses mehr Schaden als Nutzen angerichtet. Das Haus gehörte Aulus Vettius Conviva und Aulus Vettius Restitutus, vermutlich waren es Brüder. Freigelassene Sklaven, die mit dem Handel von Wein sehr reich geworden waren.

Freigelassene waren ein Moment großer sozialer Mobilität im Imperium. Von ganz unten kommend, konnten sie zumindest ökonomisch sehr weit aufsteigen. Normale Sklaven wurden rücksichtslos "verbraucht". Grabstätten bei Bauprojekten und auf Landgütern zeigen, wie jung und zerschunden die Unglücklichen starben. Freigelassene hatten meist schon als Sklaven eine enge Beziehung zu ihren Besitzern, die auch nach dem Akt des Freilassens weiterbestand. So wohl auch Conviva und Restitutus, die den Namen ihres früheren Herrn Aulus Vettius annahmen. Ein extremes Beispiel ist Acne, Sklavin und Geliebte des Kaisers Nero. Ihr gehörten als freie Frau große Landgüter. Sie war so mächtig und auch mutig, dass sie es wagte, dem Senat zu trotzen und für den toten und verfemten Kaiser das Begräbnis auszurichten. Freigelassene galten aber auch als die strengsten und schlimmsten Herren ihrer Sklaven. Aus eigener Erfahrung kannten sie alle Tricks und Schliche, mit denen Sklaven ihr Leben erträglich machten.

Unmoralisches Angebot

Das Haus der reichen Brüder birgt ein düsteres Geheimnis. Zumindest kann man das annehmen. In der linken Wand der Eingangshalle findet sich ein eingeritztes Graffiti. "Eutychis, ein griechisches Mädchen mit süßen Wegen, 2 Asse." Eutychis Graeca a(ssibus) II moribus bellis. Hier wurden die sexuellen Dienste einer Sklavin für zwei Kupfermünzen angeboten. Zu dem Preis konnte man auch zwei Glas Wein bekommen oder ein Brot.

Römer wenig schamhaft

Bekanntermaßen war die Stadt verglichen mit heutigen Verhältnissen extrem freizügig. Bekannt ist das große Bordell mit seinen pornografischen Szenen. Auf den Straßensteinen wurden Penisse als Wegweiser eingeritzt. In der TV-Serie "Domina" wird ein ähnliches Bordell sehr realistisch nachgezeichnet. Dazu gab es überall in der Stadt Graffiti mit Hinweisen auf Prostitution. Die vorchristlichen Römer waren ohnehin nicht verschämt. Die meisten deftigen sexuelle Witze und Anspielungen, die heute kursieren, haben ihren Ursprung im sexlastigen Humor der Römer. Ein Beispiel dafür aus der Stadt am Vesuv: "Weint, ihr Mädchen. Mein Penis hat euch aufgegeben. Jetzt dringt er in die Hintern der Männer ein. Auf Wiedersehen, wunderbare Weiblichkeit!"

Der römische Dichter Horaz pries die Vorzüge der Prostitution. Durch die "luftige" Kleidung könne ein Mann schon zuvor beurteilen, was er kaufe. Die Kosten seien vertretbar und überdies könne er eine Prostituierte so nennen, wie er wolle, und so seine sexuellen Fantasien befriedigen. Auf die Wünsche der Frau kam es dabei nicht an, denn die Prostituierten waren meist Sklavinnen und Sklaven. Horaz empfahl auch einen pragmatischen Umgang mit einem morgendlichen steifen Glied. "Wenn dein Ding steif ist und ein Dienstmädchen oder ein kleiner Junge aus dem Haushalt in der Nähe und du weißt, dass du sofort einen Angriff starten kannst, warum solltest du dann eher vor Anspannung platzen?"

Rechtlose Sklaven

Sklaven waren entrechtet. In den meisten Häusern in Pompeji gab es nicht einmal Räume für sie, sie mussten in den Gängen und im Keller schlafen. Die Sklavenunterkünfte auf Landgütern glichen Gefängnissen. Die Besitzer kontrollierten auch den Sex zwischen den Sklaven. Um zu belohnen und auch um neue Sklaven zu produzieren. In Pompeji wurden Fesseln und Verließe gefunden. Eine Frau, deren Überreste im Apollo-Tempel gefunden wurde, war eine weggelaufene Sklavin, sie trug ein Halsband mit der Aufschrift: "Das ist eine betrügerische Hure. Ergreife sie, denn sie ist aus Bulla Regia geflohen." Doch neben diesen Momenten gibt es in Pompeji auch Zeugnisse der Liebe zwischen Herren und Sklavinnen oder ehemaligen Sklavinnen. Am bekanntesten ist die Frau, die mit einem Reif gefunden wurde, dessen Inschrift lautet "Von einem Herren an sein Sklavenmädchen." Das Paar starb gemeinsam auf der Flucht vor dem Vesuv auf der Straße. Der Wert des Schmuckes der Frau überstieg das Vermögen eines normalen Römers bei weitem.

Über Eutychis wissen wir heute kaum mehr als dieses Graffiti. Doch es spricht viel dafür, dass sie eines der unglücklichen Sklaven-Mädchen war. Und vermutlich verdiente sie sich nicht auf eigene Faust ein paar Sesterzen hinzu. Dann wäre die Werbung in der Eingangshalle der Besitzer sehr dreist. Vermutlich hieß die Frau nicht einmal "Eutychis" – das Wort bedeutet glücklich und wäre ein typischer "Arbeitsname" für eine Prostituierte – so wie heute "Happy" oder "Lucky". Ein weiterer Sklave im Haus der Vettii hieß "Eros" – das Verlangen. Das Graffito für ihn wurde herausgekratzt und lautete "Eros mag es, sexuell passiv zu sein". Die "süßen Wege", die das Graffiti, dem Mädchen zusprach, waren ein geläufiger Zusatz für sexuelle Dienstleistungen. Die Worte mögen einfach eine "schöne Zeit" versprochen haben, es kann aber ein sexueller Code sein. Die genaue Bedeutung ist heute unbekannt.

Versteckte Sex-Kammer

In den weiteren Räumen des Hauses finden sich Wandgemälde mit mythologischen Szenen. Die Brüder schätzen keine Idyllen an der Wand, sondern gewaltsame erotische Motive. Die Historikerin Severy-Hoven erklärt es so: "Als der Besitzer diese Bilder erotisierter Folter auswählte, schrieb er seine eigene Macht zu bestrafen oder zu genießen in seine Wände ein." Die ehemaligen Sklaven waren jetzt in jeder Beziehung die Herren und sie schienen es genossen zu haben. Dazu gab es in dem Haus der Kaufleute einen versteckten kleinen Porno-Raum, geschmückt mit erotischen Motiven. Die Kammer lag versteckt und war nur von der Küche aus zugänglich. Er könnte eine Art Privat-Bordell gewesen sein, in dem Eutychis sich prostituieren musste. Insgesamt hat man sechs solcher Räume in Pompeji gefunden.

Die Zusammenhänge so wie hier beschrieben klingen plausibel, doch sicher kann man nicht sein. Dafür muss die Imagination zu viele Lücken füllen. Es ist auch durchaus möglich, dass die Eigentümer des Hauses nur einen Hang zu prahlerischen Motiven mit erotischem Beigeschmack hatten. Und auch das Mädchen Eutychis muss nicht in dem Haus gelebt haben. Es kann sich auch nur um eine gekritzelte Schmähung handeln.

Quellen: AeonGender & History

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