Todesfall Die mit der rauchigen Stimme: Ingrid van Bergen ist tot

Die Schauspielerin lebte die letzten Jahre in der niedersächsischen Gemeinde Eyendorf südlich von Hamburg. (Archivbild) Foto: pi
Die Schauspielerin lebte die letzten Jahre in der niedersächsischen Gemeinde Eyendorf südlich von Hamburg. (Archivbild) Foto
© picture alliance / dpa
Der Kinofilm "Rosen für den Staatsanwalt" machte Ingrid van Bergen 1959 berühmt. Sie drehte mit Hollywood-Stars. Allerdings erlebte sie auch Schicksalsschläge - und verbrachte Jahre im Gefängnis.

Vom Kinostar mit der rauchigen Stimme zur "Dschungelkönigin": Ende der 1950er Jahre war sie der Star von "Rosen für den Staatsanwalt". Für das Fernsehpublikum wurde sie in ihren letzten Jahren als Königin des RTL-Dschungelcamps zur besonders liebenswürdigen Kultfigur. Dazwischen lag ein bewegtes Leben - auch mit mehreren Jahren im Gefängnis. Nun ist Ingrid van Bergen mit 94 Jahren gestorben.

Sie sei zu Hause in der Lüneburger Heide in den frühen Morgenstunden friedlich eingeschlafen, bestätigte eine enge Vertraute der Deutschen Presse-Agentur. "Wir sind unendlich traurig", sagte die Freundin, die seit Jahren mit van Bergen zusammen in Eyendorf in dem Bauernhaus lebte. Zuvor hatte die "Bild" berichtet.

"Rosen für den Staatsanwalt" als größter Erfolg 

In den 1950er und 1960er Jahren gehörte van Bergen zu Deutschlands bekanntesten Schauspielerinnen. Auch wenn die Nachkriegssatire "Rosen für den Staatsanwalt" von 1959 ihr größter Erfolg bleiben sollte, ist allein die Zahl ihrer Auftritte beeindruckend. Van Bergen drehte mit Robert Mitchum und Kirk Douglas. Sie machte Kabarett bei den Berliner "Stachelschweinen", war in Edgar-Wallace-Filmen und im "Tatort" zu sehen. 

Die schönste Zeit sei für sie das Kabarett gewesen: "Das habe ich als meine Berufung empfunden. Das war die Nachkriegszeit, da waren Kabarettisten mutig", sagte van Bergen zu ihrem 90. Geburtstag 2021. "Helmut Schmidt und Willy Brandt waren unsere Gäste. Politiker gingen ins politische Kabarett, da gab es ja praktisch kein Fernsehen."

Aus Eifersucht ihren Geliebten erschossen

Ingrid van Bergen hat große Höhen erlebt, aber auch furchtbare Tiefen. Ihr Vater starb im Zweiten Weltkrieg an der Front. Auf der Flucht vor der Roten Armee wurde sie nach eigenen Angaben als 13-Jährige vergewaltigt. 1977 geriet sie in die Schlagzeilen: Nachdem sie in einer Villa am Starnberger See aus Eifersucht ihren Geliebten erschossen hatte, saß sie mehrere Jahre im Gefängnis.

Das Urteil lautete Totschlag im Affekt - das Interesse der Öffentlichkeit an dem Prozess war gewaltig. Immerhin war es einer der größten Prominenten-Skandale der 1970er Jahre. "Ingrid van Bergen spricht schnell, druckreif, sie demonstriert Intelligenz, Urteilsvermögen und Entschiedenheit", schrieb der "Spiegel" damals über ihr Auftreten vor Gericht.

Die Zeit im Gefängnis habe auch positive Seiten gehabt, erzählte sie später. "Durch alle diese Dinge wird man immer stärker, aber im Wesentlichen habe ich mir meine Charakterstärke aus der Kindheit bewahrt", sagte van Bergen. Ihre Kindheitsjahre in Ostpreußen hätten sie stark geprägt, sagte die 1931 in Danzig geborene Schauspielerin. "Mein Herzenswunsch war immer ein Bauer, der mir neun Kinder und das Theater ermöglichen würde", sagte sie. "Das hat der Krieg kaputt gemacht, alles kam anders."

Nach ihrer Haftentlassung bekam die Schauspielerin zunächst nur wenige Engagements, spielte vor allem einzelne Gastauftritte in Fernsehserien. Immer wieder war sie auch in Talkshows zu sehen. Sie fiel auf mit einem Hang zu klaren Worten, auch im Interview war sie geradlinig und direkt. "Dabei ist nichts einfacher, als aufrichtig zu sein", sagte sie. Toleranz und Aufrichtigkeit seien ihre wichtigsten Eigenschaften, meinte sie auch im Alter.

Ingrid von Bergen hatte nach eigenen Worten sechs Ehen hinter sich: "drei mit Trauschein und drei ohne". Auch wenn sie im Film der Vamp gewesen sei, mit der Wirklichkeit habe das wenig zu tun gehabt: "Ich bin eine gute Hausfrau, koche gern und mache gern Gartenarbeit."

Mit 80 oben ohne auf der Bühne

Als lebensfreudige alte Frau war sie noch 2011 am Kammertheater Karlsruhe in der Tragikomödie "Harold und Maude" oben ohne zu sehen. Mit 80. Zwei Jahre zuvor errang sie den Titel der "Dschungelkönigin": Als Siegerin der RTL-Show "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" wurde sie im Alter plötzlich wieder ein Star bei jüngeren Zuschauern. Tapfer würgte van Bergen dafür sogar Känguru-Hoden herunter, obwohl sie damals schon Vegetarierin war.

Bis zuletzt war Ingrid van Bergen politisch interessiert, auch wenn die Schauspielerin seit Jahren zurückgezogen in der niedersächsischen Provinz südlich von Hamburg lebte. Eine langjährige Freundin ging ihr zur Hand, Hunde und Katzen leisteten ihr Gesellschaft. Zuletzt zog sie sich immer mehr zurück, Anfragen für Talkshows lehnte sie ab. Im November 2025 wurde bekannt, dass sie mittlerweile im Rollstuhl sitzt und blind ist.

"Wenn es mich eines Tages erwischt, dann will ich ohne Spur einfach weg sein. Niemand soll um mich trauern", sagte sie einmal.

dpa

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