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Dänemark Großeinsatz der Polizei beendet: "U-Boot-Mörder" Peter Madsen nach Fluchtversuch festgenommen

Der wegen Mordes an der Journalistin Kim Wall verurteilte Peter Madsen hat versucht, aus der Haft zu fliehen und dabei mit einer angeblichen Bombe gedroht. Die Polizei reagierte mit einem Großaufgebot und konnte Madsen wieder in Gewahrsam nehmen.

Der dänische U-Boot-Tüftler Peter Madsen, der wegen des Mordes an der schwedischen Journalistin Kim Wall im Gefängnis sitzt, hat am Dienstagvormittag einen Fluchtversuch unternommen. Das bestätigten Inspektor Mogens Lauridsen von der Polizei Kopenhagen und die Leiterin der Haftanstalt in Herstedvester, Hanne Høegh Rasmussen, bei einer Pressekonferenz. Mehrere Medien hatten zuvor übereinstimmend von der Flucht berichtet, darunter die Zeitung "Ekstra Bladet" sowie der öffentlich-rechtliche Rundfunk DR. Gegen 13 Uhr wurde der Einsatz beendet, wie die Polizei der Region Kopenhagen im Kurznachrichtendienst Twitter schreibt. 

"War nur kurz auf freiem Fuß"

Laut Lauridsen erreichte die Polizei um 10.21 Uhr die Meldung, dass es in Albertslund – einem Vorort von Kopenhagen – einen Gefangenenausbruch gegeben habe. Nur fünf Minuten später habe eine Streife Madsen entdeckt. Das Gebiet wurde weiträumig abgesperrt. Der sogenannte "U-Boot-Mörder" sei in einen Transporter gesprungen, dann aber wenige hundert Meter von der Haftanstalt Herstedvester, in der er seine Strafe absitzt, aufgegriffen worden. "Er war nur kurz auf freiem Fuß", so Lauridsen. Der Fahrer des Wagens soll ersten Erkenntnissen zufolge keine Verbindung zu Madsen haben. Die Kopenhagener Polizei bestätigte kurz nach 11 Uhr auf Twitter den Einsatz und eine Festnahme. Zunächst wollte sich die Polizei nicht dazu äußern, ob es sich um Peter Madsen handelt.

Wie "Ekstra Bladet" berichtete, war die Polizei mit einem Großaufgebot im Einsatz. Spezialkräfte zur Bombenentschärfung, Scharfschützen und Polizeihunde sollen demnach vor Ort gewesen sein, ebenso wie Verhandlungskräfte der Polizei. Bilder zeigen, wie zwei bewaffnete Polizisten einen Mann in Schach halten, der am Straßenrand zwischen Laternen im Gras sitzt. 

Madsen trug offenbar nur Bombenattrappe

Madsen soll einen "pistolenähnlichen Gegenstand" während der Polizeiaktion von sich geschmissen haben. Die Polizisten hätten zudem einen Gürtel bei ihm gefunden, der einem Sprenggürtel ähnelte. Wegen des möglichen Risikos habe die Polizei sich zunächst zurückgehalten, berichtete Lauridsen bei der Pressekonferenz weiter. Deshalb habe Madsen längere Zeit am Straßenrand gesessen. Es habe sich hinterher herausgestellt, dass es sich um keinen Sprengstoff gehandelt habe, sondern anscheinend nur um eine Attrappe, sagte der Beamte. Die Ermittlungen würden weiter laufen. Der 49-jährige Madsen sei nun in Polizeigewahrsam und werde verhört. Es werde noch entschieden, ob Madsen vor einen Richter geführt werde.

Madsen soll den Zeitungen "B.T." und "Ekstra Bladet" zufolge bei seiner Aktion außerdem eine Geisel im Gefängnis genommen haben. Gefängnis-Chefin Rasmussen sagte bei der Pressekonferenz, dass sich Madsen mit Drohungen die Flucht ermöglicht habe. Er habe eine Mitarbeiterin bedroht. Zu Schaden sei niemand gekommen, dennoch stelle die Tat eine psychische Belastung für alle Involvierten dar. Rasmussen bestätigte die Geiselnahme vor den Journalisten allerdings nicht und wollte sich nicht weiter dazu äußern.

Ein Roboter zur Bombenentschärfung, genannt Rullemarie, am Einsatzort
Ein Roboter zur Bombenentschärfung, genannt Rullemarie, am Einsatzort
© Nils Meilvang/ / Picture Alliance

Die wichtigste Frage bleibt aber: Wie konnte ein zu lebenslänglich verurteilter Mörder aus einem Gefängnis fliehen? Hanne Høegh Rasmussen wollte darauf keine Antwort geben, sagte aber, es werde untersucht, ob alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten wurden und ob sie verstärkt werden sollten. Sie wollte ebenfalls weder bestätigen noch dementieren, dass Madsen angeblich wegen Fluchtplänen gesondert inhaftiert wurde. Mogens Lauridsen ergänzte: "Wir haben keinen Verdacht, dass er Hilfe erhalten hat, aber das untersuchen wir natürlich immer im Zusammenhang mit solchen Vorfällen."

Nick Hækkerup, Dänemarks Justizminister, nannte den Fluchtversuch Madsens auf Twitter "zutiefst ernst". "Es versteht sich von selbst, dass verurteilte Gefangene, die die schlimmsten Verbrechen begangen haben, nicht aus der Haft der Behörden entkommen können sollten." Man wolle "in naher Zukunft eine Reihe weiterer Maßnahmen" einleiten, um die Flucht von Gefangenen zu verhindern.

Lebenslange Haft für Madsen

Madsen war im September 2018 wegen des Mordes an Kim Wall im Jahr 2017 auf einem von ihm gebauten U-Boot zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er hatte den Mord nicht gestanden, aber eingeräumt, dass Wall an Bord des U-Boots bei einem Unfall gestorben sei. Nach und nach änderte er seine Aussagen und erklärte schließlich, die Leiche zerstückelt und ins Wasser geworfen zu haben. Der Mordfall ist einer der spektakulärsten der dänischen Kriminalgeschichte.

Laut Urteil hatte Madsen die 30-jährige Schwedin im Inneren des U-Boots getötet. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er sie mit sexuellem Motiv gefoltert und nach ihrem Tod zerstückelt über Bord geworfen hatte. Eine Fernsehdokumentation über Madsen hatte in Dänemark zuletzt für Diskussionen gesorgt. Er soll demnach in einem heimlich aufgezeichneten Telefoninterview zum ersten Mal den Mord an Wall gestanden haben – von offizieller Seite blieb das unbestätigt.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert.

rw / mit DPA

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