Die Letzte Generation nimmt sich jetzt die "Reichen" vor. Am Dienstag besprühten Demonstrierende einen Privatjet auf Sylt mit oranger Farbe, klebten sich fest und hängten Transparente auf mit Statements wie: "Euer Luxus = Unsere Dürre". Nach Überzeugung der Aktivistinnen und Aktivisten tragen die Superreichen unverhältnismäßig viel zur Klimakrise bei (mehr zu der Aktion lesen Sie hier). Mit der Annahme liegen sie nicht ganz falsch. Laut der Nichtregierungsorganisation Oxfam verursachen 125 Milliardäre im Jahr so viele Treibhausgase wie ganz Frankreich. Durch Konsum, Luxusvillen, Yachten – und Privatjets.
Für die breite Masse fliegen Privatjets wohl unter dem Radar. Trotzdem nimmt die Zahl der privat genutzten Flüge stetig zu. Mehr als 58.000 Mal hob ein solcher Flieger mit jeweils einer Hand voll Passagieren im Jahr 2022 in Deutschland ab. Das zeigt eine Erhebung des niederländischen Beratungsunternehmens CE Delft im Auftrag von Greenpeace. 2021 waren es gut 33.000, zur Hochzeit der Corona-Pandemie 2020 waren es rund 13.000.
Die meisten Privatjets werden auf kurzen Strecken genutzt
Dabei waren die Strecken kürzer, als man vielleicht erwarten könnte. Die meistgeflogene Route war Berlin-Köln. Die kürzeste Strecke zwischen Friedrichshafen und Altenrhein betrug gerade mal 22 Kilometer, quer über den Bodensee. Doch die Auswirkungen dieser Mini-Strecken sind enorm, bezogen auf die Klimafolgen. Zu dem Schluss kommt auch eine Analyse der Umweltorganisation "Transport und Umwelt": "Nur ein Prozent der Menschen verursacht 50 Prozent der weltweiten Luftverkehrsemissionen."
Das Problem: Bei Starts und Landungen werden besonders viele Emissionen ausgestoßen. Das wirkt sich auf die CO2-Bilanz aus. Rechnet man die Bilanz eines Fluges auf einzelne Passagiere um, ergibt sich ein umso höherer Verbrauch, je weniger Menschen in einem Flieger sitzen und je mehr Platz sie brauchen.
Das zeigt auch eine Simulation des britischen Datenaufbereiters "Real World Visual". Auf einem fiktiven Flug von London nach New York verbraucht ein Passagier in der Economy-Klasse 313 Kilogramm CO2. Ein Passagier in der Business-Klasse verbraucht 947 Kilogramm und ein Passagier in der Ersten Klasse bereits 2,8 Tonnen CO2. Völlig außer Konkurrenz fliegt der Privatjet, dort sind es 25 Tonnen CO2 pro Kopf für einen einzigen Langstreckenflug. Zum Vergleich: Eine in Deutschland lebende Person stößt pro Jahr etwa 10,8 Tonnen aus, gibt das Bundesumweltministerium an.

Leere Flieger
Dazu kommt, wer nicht gerade Taylor Swift, Elon Musk oder Kim Kardashian heißt, chartert den Flieger meistens, mietet also eine Art Flug-Taxi von einem Unternehmen. Dann holt der Flieger die Reisenden am Wunschort ab, bringt sie an ihr Ziel und fliegt dann wieder zurück zum Unternehmensstandort – häufig leer. Das zeigte auch eine Recherche von NDR und SZ.
Privatjets stoßen wie andere Flugzeuge allerdings nicht nur CO2 aus. Sie emittieren auch Stickoxide und Wasserdampf, was ebenfalls schädlich für die Umwelt ist und zur Klimaerwärmung beiträgt.
Insgesamt macht der Luftverkehr allerdings eher einen kleinen Teil der weltweiten CO2-Emissionen aus, gemessen am aktuellen Verbrauch der Weltbevölkerung. 2019 hatte der Luftverkehr laut dem Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft einen Anteil von 3,1 Prozent – der Straßenverkehr lag dagegen bei rund 18 Prozent. Gemessen an ihren Klima-Zielen müssten sowohl Deutschland als auch die Europäische Union ihren CO2-Ausstoß ganzheitlich und drastisch einschränken.
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Der Tourismus-Forscher Stefan Gössling kritisiert alles in allem die steigende Nutzung von Privatjets, insbesondere auf kurzen Strecken. Dem Deutschlandfunk sagte er: "Die Zahl der Millionäre wächst und damit auch die Emissionen, die aus diesen Privatflug-Reisen entstehen. Das heißt, wir müssen anfangen, dort Emissionen einzusparen, wo besonders viel emittiert wird."
Quellen: Oxfam, Greenpeace, Real World Visuals, CE Delft, Transport & Environment, Tagesschau, Bundesumweltministerium, Klimaschutz-Portal, Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft