Amtsantritt in Kabul Petraeus beschwört Siegeswillen in Afghanistan

US-General David Petraeus ist nun offiziell Obamas erster Mann am Hindukusch: Am Sonntag übernahm er das Oberkommando über die Nato-Truppen in Afghanistan. Der Wechsel an der Spitze erfolgt in einer schwierigen Lage, der Einsatz droht zu scheitern.

US-General David Petraeus hat mit mahnenden Worten den Oberbefehl über die 150.000 ausländischen Soldaten in Afghanistan übernommen. "Wir befinden uns in einem harten Kampf. Nach Jahren des Kriegs haben wir einen entscheidenden Moment erreicht", sagte Petraeus am Sonntag während einer Zeremonie im Nato-Hauptquartier in Kabul in Bezug auf die angespannte Lage am Hindukusch. Vor afghanischen Soldaten, Vertretern der Zivilgesellschaft und Diplomaten warb er erneut um einen gemeinsamen Kraftakt gegen radikalislamische Rebellen.

Seine Ernennung sei ein Wechsel im Kommando, aber nicht der Strategie, betonte der General, dem auch die Bundeswehr-Soldaten im Norden Afghanistans unterstellt sind. Petraeus übernimmt das Kommando über die US- und Isaf-Soldaten am Hindukusch in einer schwierigen Phase. Die Verluste der US-Truppen sind so hoch wie nie seit Beginn des Einsatzes 2001. Die jüngste Großoffensive gegen die Taliban in der Provinz Helmand verlief Beobachtern zufolge enttäuschend, eine zusätzliche geplante Offensive in Kandahar kommt nicht recht in Gang.

Umso mehr versprühte der General bei seinem Amtsantritt Optimismus: "Wir müssen Al-Kaida und ihrem Netzwerk aus verbündeten Extremisten zeigen, dass sie sich in Afghanistan keine sicheren Zufluchtsorte aufbauen können, von denen sie Angriffe verüben können", sagte Petraeus, der bekleidet mit einem Kampfanzug vor afghanischen Soldaten, Vertretern der Zivilgesellschaft und Diplomaten im Nato-Hauptquartier sprach. Ziel des Afghanistan-Einsatzes sei, ihn zu gewinnen.

Flammender Appell

Bereits bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Kabul hatte Petraeus am Samstag eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Beteiligten gefordert: "Es muss uns gelingen, unsere Kräfte zu bündeln und ein gemeinsames Ziel zu erreichen." Bei der Feier zum amerikanischen Unabhängigkeitstag in der US-Botschaft sprach er von einer "schwierigen Mission". Die Gefechte würden vermutlich noch gefährlicher werden, bevor sich die Lage deutlich verbessere. Petraeus war am Freitagabend in der afghanischen Hauptstadt gelandet. Am Samstag leitete er sein erstes Briefing der regionalen Kommandeure. Er habe sehr viele Fragen gestellt und auch Ratschläge erteilt, sagte ein Isaf-Sprecher. Petraeus folgte im Amt des Oberbefehlshabers in Afghanistan auf seinen Landsmann Stanley McChrystal, der wegen abfälliger Äußerungen über die US-Regierung entlassen worden war.

Petraeus, ein Vier-Sterne-General, dem der Ruf eines genialen Strategen vorauseilt, war zuletzt Chef des US-Zentralkommandos. Dieses ist für die Einsätze der Armee im Nahen Osten und in Zentralasien zuständig. Von 2007 bis 2008 war er Kommandeur des US-Einsatzes im Irak, den er nach Einschätzung vieler Politiker in Washington vor dem Scheitern bewahrte.

Reuters
lea/AFP/Reuters