US-Außenminister Colin Powell will heute Satellitenfotos, Abhörprotokolle und anderes den Irak belastende Material im Weltsicherheitsrat präsentieren. Damit wollen die USA bislang skeptische Mitglieder des Weltsicherheitsrates überzeugen, dass der Irak zwangsweise entwaffnet werden muss, um die Welt vor fatalen Konsequenzen zu bewahren. Powell wird außerdem nachzuweisen versuchen, dass die Führung von Saddam Hussein Verbindung zur Terrororganisation El Kaida hat.
Powell dämpfte vor seinem Auftritt jedoch die Erwartungen. Er könne "keine schlagkräftigen Beweise" gegen den Irak präsentieren. Er werde aber eine "überzeugende Demonstration" dafür bieten, dass der Irak die UN-Waffenkontrollen untergräbt, schrieb er in einem Beitrag für das "Wall Street Journal". Der irakische Vizepräsident Taha Jassin Ramadan tat den Auftritt Powells am Dienstag als bloße "Show" ab.
Die Sitzung wird von Bundesaußenminister Joschka Fischer geleitet. Deutschland hat in diesem Monat die Präsidentschaft im Sicherheitsrat inne. Fischer wollte schon am frühen Mittwochmorgen, fast drei Stunden vor der Sicherheitsratssitzung, mit UN-Chefinspekteur Hans Blix zum Gespräch zusammenkommen. Weitere Unterredungen waren zuerst mit dem französischen Außenminister Dominique de Villepin, dann mit UN-Generalsekretär Kofi Annan und unmittelbar vor Sitzungsbeginn mit Powell vorgesehen.
Fünf Minuten vor Zwölf
UN-Chefinspekteur Hans Blix warnte die Regierung in Bagdad am Dienstag, dass die Zeit zur Verhinderung eines Krieges rasch ablaufe. Bagdad müsse begreifen, dass "es fünf Minuten vor Zwölf ist", sagte Blix vor Journalisten im UN-Hauptquartier. Er werde die irakische Führung bei seinem Besuch am kommenden Wochenende in Bagdad noch einmal auffordern, umgehend versteckte Waffenarsenale zu offenbaren oder die behauptete Vernichtung dieser Waffen überzeugend zu beweisen.
"Ich glaube nicht, dass bereits eine endgültige Entscheidung (über einen Kriegsbeginn) gefällt wurde", sagte Blix auf Fragen von Journalisten. "Aber wir bewegen uns mehr und mehr darauf zu." Der Irak könne jedoch etwas tun, um zu verhindern, dass sich das "diplomatische Fenster" schließe. Wenn das Land tatsächlich keine Massenvernichtungswaffen mehr versteckt halte, dann sollten seine Verantwortlichen aktiv auf die UN-Kontrolleure zugehen und zeigen, wo sie vernichtet worden sein sollen. Es genüge keineswegs, wenn sich irakische Stellen darauf zurück zögen, dass es keine weiteren Dokumente über die Vernichtung von biologischen und chemischen Waffen gebe. Blix machte deutlich, dass der Irak nach geltenden UN-Resolutionen noch die Möglichkeit habe, einzugestehen, wo sich verborgene Waffenarsenale befinden, so dass sie unter UN-Aufsicht vernichtet werden könnten. Bagdad müsse aber in jedem Fall "sehr rasch reagieren".
Geheimdienstliches Material zur Verfügung stellen
Alle Länder, die über geheimdienstliches Material zum Irak verfügen, sollten es nach Worten des deutsche UN-Botschafters Gunter Pleuger den UN-Inspekteuren zur Verfügung stellen. "Je mehr Hinweise sie erhalten, desto eher werden sie Erfolg haben und etwas im Irak finden. Und das ist, was wir wollen", sagte Pleuger am Dienstagabend im Zusammenhang mit Powells Präsentation. Er glaube, die weitere Entwicklung werde ganz stark vom Besuch der Chefinspekteure Hans Blix und Mohammed el Baradei am kommenden Wochenende in Bagdad bestimmt. "Danach müssen sie klar einschätzen können, ob sie vom Irak wirklich die nötige Unterstützung bekommen, um ihre Arbeit erfolgreich fortzusetzen".
Je nach Reaktion auf die Präsentation wollen die USA entscheiden, ob sie sich um eine weitere Resolution des Sicherheitsrates zur Autorisierung eines Krieges bemühen wollen. Diese fordern die Verbündeten der USA, doch steht US-Präsident George W. Bush auf dem Standpunkt, dass die UN-Resolution 1441 einen Militärschlag bereits zulässt.
"Die US-Regierung will die ganze Welt kontorllieren"
Die beiden Sicherheitsratsmitglieder Frankreich und Großbritannien konnten erneut keine Einigung über ein gemeinsames Vorgehen in der Irakkrise erzielen. Der französische Präsident Jacques Chirac und der britische Premier Tony Blair räumten nach einem Treffen im Seebad Le Touquet ein, dass die Meinungsverschiedenheiten weiter bestehen. Chirac will über ein Veto im Weltsicherheitsrat zu einer Irak-Intervention "zum gegebenen Zeitpunkt" und abhängig von den Umständen entscheiden.
Der irakische Präsident Saddam Hussein bestritt im britischen Fernsehen sowohl den Besitz von Massenvernichtungswaffen als auch jegliche Beziehungen zum Terrornetzwerk El Kaida. Das am Dienstagabend vom Privatsender Channel 4 ausgestrahlte Interview wurde von dem früheren langjährigen Labour-Abgeordneten Tony Benn geführt, der am Wochenende von Saddam Hussein empfangen worden war.
Der Vorwurf des Besitzes von Massenvernichtungswaffen werde von den USA und seinen Alliierten als "Vorwand" für einen Angriff genutzt. Massenvernichtungswaffen könne man nicht "in der Tasche verstecken", sagte Saddam Hussein. In Wirklichkeit sei die "Zerstörung des Irak Voraussetzung für die Kontrolle über Öl". Die US-Regierung wolle "die ganze Welt kontrollieren".