Berlin³ Nicht Merkel ist Schuld. Nicht das System. Die AfD und ihre alleinige Verantwortung

Es gibt sie noch, die guten Nachrichten: Die AfD will ihren Thüringer Landeschef Björn Höcke aus der Partei drängen. Das dürfte viel braunen Schmutz hervorbringen - und die Partei kann außer sich selbst niemanden verantwortlich machen.

Am vergangenen Sonntag, in der Bundesversammlung, da sind sie an entscheidender Stelle auf ihren alternativen Hintern sitzen geblieben – die Wahlfrauen und -männer der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD). Das Hohe Haus hatte gerade minutenlang kollektiv dem scheidenden Bundespräsidenten Joachim Gauck applaudiert, Anerkennung für ein Staatsoberhaupt, das in schwierigen Zeiten sehr oft die richtigen Worte gefunden hat. Nicht mit ihnen.

Klar kann man an dieser Stelle sitzen bleiben. Man macht das aus innerer Verstocktheit.  Oder aus einem nach außen getragen Widerstandswillen gegen alles, was man für etabliert hält in dieser Republik. Verboten ist das nicht. (Das hätten sie wohl gern). Es zeigt aber eines sehr gut: Wie weit sich diese AfD auch stilistisch vom demokratischen Grundkonsens entfernt hat.

Höcke rausschmeißen: Stil-, Macht- oder Gesinnungsfrage?

Nun will sie Björn Höcke rausschmeißen,  ihren rechten Flügelmann, der beim Dribbeln an der Außenlinie gerne mal das demokratische Spielfeld verlässt. Und die Frage tut sich auf: Ist das auch bloß eine Stil-, ist es eine Macht-  oder eine Gesinnungsfrage? Der Thüringer AfD-Chef ist der Verbindungslink zu jener Klientel, die es am liebsten mindestens stramm deutsch-national hat, wenn auf Marktplätzen mal wieder Reden zur Lage der Nation geschwungen werden. Motto: Man wird doch noch sagen dürfen... Höcke meint, man werde doch noch sagen dürfen, dass es sich beim Holocaust-Denkmal in Berlin um ein "Denkmal der Schande" handele. Das ist für den gemeinen Rechtsextremen im Land angenehm doppeldeutig genug, um so verstanden zu werden, wie es auch gemeint war – als Verächtlichmachung deutscher Gedenkkultur.

Das Ausschlussverfahren gegen Höcke wurde im Bundesvorstand mit neun gegen vier Stimmen beschlossen.  Wichtige Führungsfiguren wie Parteivize Alexander Gauland oder der Co-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen votierten dagegen. Aus Stil-, aus Macht-  oder aus Gesinnungsfragen?  Das wäre mal interessant zu erfahren. Egal. All das zeigt, wie zerrissen die Partei ist. Das mutmaßlich zähe Verfahren  - Landesschiedsgericht, Bundesschiedsgericht, sowie die Anfechtungsmöglichkeit eines Bescheides durch Höcke auf dem Rechtsweg – wird die AfD wahrscheinlich über Monate beschäftigen. Und das mitten im Bundestagswahlkampf.

Man darf sagen: Das ist doch endlich mal eine gute Nachricht!

Die AfD ist selbst verantwortlich

Schadenfreude? Nein, Genugtuung. Denn dass die Partei die unseligen Geister, die sie anlockte, so schnell nicht los wird, dafür kann sie ausnahmsweise mal niemanden anderes verantwortlich machen als sich selbst. Nicht die Verhältnisse. Nicht das System. Nicht Merkel. Mitten im Wahljahr wird nun zu besichtigen sein, wie am rechten Rand mit dem Selbstverständnis gerungen wird.

Ein, nennen wir es: Selbstreinigungsprozess steht an. Man scheut sich ein bisschen vor dem Wort. Es wird viel brauner Schmutz hochkommen. Und man darf sicher sein: So leicht ist der nicht abwaschbar.

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