Seit dem Kalten Krieg seien die Beziehungen zwischen den USA und Russland nicht mehr so unterkühlt, so eisig gewesen, heißt es. Warum? Russia-Gate, zum Beispiel, oder Assad oder Sergej Skripal. Erst vergangene Woche verhängten die USA Sanktionen gegen Russland, die bislang schwersten Sanktionen seitdem der Mann im Weißen Haus Donald Trump heißt. Russland kündigte Vergeltungsmaßnahmen an. Die Eiszeit zwischen Moskau und Washington ist real. An machen Tagen.
An anderen Tagen ruft Donald Trump Wladimir Putin an, zwei Tage nach der Russland-Wahl. Er gratuliert zur Wiederwahl. Dieses Telefongespräch zwischen dem amerikanischen und den russischen Präsidenten sorgt dieser Tage in Amerika für Aufregung. Denn: Trumps Berater für außen- und sicherheitspolitische Fragen haben dem Präsidenten laut Bericht der "Washington Post" ausdrücklich von diesen Glückwünschen abgeraten. Und "ausdrücklich" bedeutet in diesem Zusammenhang: Sie sollen Trump, so will es die "Post" von informierten Quellen erfahren haben, einen Vermerk in seinen Unterlagen hinterlassen haben. Der soll so ausgesehen haben: "DO NOT CONGRATULATE."
Donald Trump tat es offenbar doch. Danach sagte er vor Journalisten: "Wir hatten ein sehr gutes Gespräch." Und: "Wir werden uns wahrscheinlich in einer nicht zu fernen Zukunft treffen."
Trump ruft Putin an: Notizen liegen bereit
Vor dem Putin-Telefonat hätten die Berater Trump mit mehreren handgeschriebenen Notizen ausgestattet. Das sei bei solchen Telefongesprächen durchaus üblich, schreibt die "Post", die Notizzettelchen hätten so ähnlich ausgesehen wie jenes Kärtchen, das Trump sicher durch eine Unterhaltung mit Amoklauf-Hinterbliebenen leiten sollte. Das funktionierte nur so mäßig gut. Trumps Hände, die das Spickzettelchen mit "5) I hear you" halten, gingen um die Welt.
Auch der aktuelle Versuch, Trump mit Notizzetteln durch eine kritische Unterhaltung zu manövrieren, zeitigte offenbar nur mäßigen Erfolg: Laut mehreren US-Berichten klingelte sich Trump zu Putin durch, beglückwünschte ihn zur Wiederwahl und sagte auch danach Dinge, mit denen seine Berater nur teilweise zufrieden waren: Sie hätten über viele Dinge gesprochen, sagte der Präsident nach dem Anruf bei Putin vor Journalisten, unter anderem über das "Wettrüsten" und die Sicherheitslage in Syrien und Nordkorea.
Worüber die beiden Präsidenten offenbar nicht sprachen: die Umstände, unter denen die Russland-Wahl stattgefunden hatte (Lesen Sie hier: Zusätzliche Wahlzettel, mehrfache Stimmabgabe - diese Manipulationen prangern Beobachter an). Sarah Huckabee Sanders, Pressesprecherin des Weißen Hauses, sagte dazu: "Wir konzentrieren uns auf unsere Wahlen." Die USA sollten anderen Ländern "nicht diktieren, wie sie vorgehen". Genauso wenig Thema beim Gespräch war Sergej Skripal, jener Doppelagent, der in England mit einem Nervengift aus sowjetischer Produktion vergiftet wurde (Lesen Sie hier: Geheimdienstexperte zu Gift-Anschlag: "Spur führt eindeutig nach Russland"). Informationen der "Post" zufolge hätten seine Berater Trump sehr wohl nahegelegt, den Vorfall zu thematisieren und zu verurteilen. Was er nicht beachtet habe.
McCain verurteilt Trump scharf
Das Gesagte und Nicht-Gesagte führte Trump zur Conclusio: war doch ein sehr gutes Gespräch. Das sahen nicht alle so. Einer der Kritiker war der republikanische Senator John McCain. Auf Twitter schrieb er: "Ein amerikanischer Präsident führt nicht die Freie Welt an, wenn er Diktatoren zu Sieg in einer Scheinwahl beglückwünscht." Und auch Trump selbst war wenige Stunden nach dem "sehr guten Gespräch" plötzlich nicht mehr allzu glücklich. Das hatte, so berichten US-amerikanische Medien, allerdings weniger mit Inhalt und Verlauf des Telefonats zu tun, als viel mehr mit der Tatsache, dass die Sache mit dem "DO NOT CONGRATULATE" an die Öffentlichkeit geraten war.
Das Weiße Haus zog es indessen vor, sich zu den Unterlagen nicht zu äußern. Dabei ist es gut möglich, dass sich der US-Präsident seinen Beratern gar nicht widersetzte und die Notizen nicht willentlich ignorierte. Wie ein Informant der "Washington Post" sagte, sei es nicht klar, ob Trump die Unterlagen überhaupt gelesen habe.