Trump auf Parteitag nominiert "So ein bisschen wie bei Kim Jong-un in Nordkorea"

Es ist offiziell: Donald Trump wurde beim Parteikongress in Ohio zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner nominiert. Es war sein großer Abend - mit viel Prunk und noch mehr Protz.

Der Parteikongress der Republikaner in Cleveland, Ohio, ging gestern Nacht mit einer großen Donald-Trump-Show zu Ende. Nach seiner über einstündigen Rede stand der Immobilientycoon mit selbstzufriedenem Lächeln auf der leuchtenden Bühne. Neben ihm seine Frau und seine fünf Kinder. Es regnete rote, blaue und weiße Luftballons. Er ist nun der offizielle Präsidentschaftskandidat seiner Partei. Höflich hatte er sich bedankt: "In Demut akzeptiere ich die Nominierung." Dann versprach er: "Es wird keine Lügen mehr geben. Wir können es uns nicht mehr leisten, politisch korrekt zu sein. Unser Plan ist: Amerika kommt zuerst. Amerikanismus und nicht Globalisierung lautet das Credo."

Trump präsentierte sich als "Kandidat für Recht und Ordnung". "Wenn ich im Januar das Oval Office übernommen habe, werden die Amerikaner in einem Land aufwachen, in dem die Gesetze wieder durchgesetzt werden." Er erneuerte sein Versprechen, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen. An keiner Stelle von Trumps Rede gab es mehr Applaus.

Donald Trump bot in Cleveland viel Protz

Trump zeichnete ein düsteres Bild von den USA. Als wären sie ein Land ohne Sicherheit, ohne Jobs, ohne Zukunft, ohne Hoffnung. Diese Stimmung aus Angst und Wut überlagerte den gesamten Parteikongress. Die Botschaft dahinter: Nur mit Trump wird Amerika wieder zu alter Größe finden. Dazu wurde viel Trump-Protz geboten. Für seinen zweiten von drei Auftritten, landete der 70-Jährige mit seiner Boing auf dem kleinen Privatflughafen von Cleveland am Eriesee. Die 800 Meter zur Quicken Loans Arena legte er nicht mit dem Auto zurück, sondern im Hubschrauber.

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Trump nimmt Nominierung als Präsidentschaftskandidat an

Doch all das konnte nicht verstecken, dass dieser Parteikongress für Trump voller Pannen war. Es begann am Montag, als eine Gruppe Delegierter den Antrag stellte, das Wahlverfahren zu ändern. Damit wollten sie Trump-Kritikern die Möglichkeit geben, ihn zu stürzen. Zwar wurde der Antrag abgelehnt, doch im Saal kam es zum Tumult. Abends dann hielt Trumps Gattin Melania ihre mit Spannung erwartete Rede. Die gebürtige Slowenin tritt nicht gerne vor großem Publikum auf. Schon gar nicht, wenn es um Politik geht. Doch sie machte ihre Sache gut. So schien es jedenfalls – bis sich herausstellte, dass ihre Rede zu großen Teilen wortgleich von Präsidenten-Gattin Michelle Obama abgeschrieben war.

Es wurde von diesem Parteikongress erwartet, dass Trumps Team politische Akzente setzen würde. Denn selbst bei den Republikanern ist vielen unklar, wofür er steht. Vor lauter Populismus wechselt Trump seine Positionen ständig. Mal ist er für Abtreibung, mal dagegen. Einerseits will er das Militär aufrüsten und ISIS "zur Hölle bomben". Er sagt, die USA müssten wieder ein verlässlicher Partner für ihre Alliierten sein. Andererseits will er Nato-Mitgliedern wie den baltischen Staaten nicht unbedingt beistehen, sollten sie angegriffen werden.

Fiese Seitenhiebe auf Clinton

Diesen Widerspruch löste Trump auch in seiner gestrigen Rede nicht auf. Der Parteikongress von Cleveland war geprägt von dumpfen Parolen. Besonders gegen Trumps demokratische Gegenkandidatin Hillary Clinton. Als schärfster Clinton-Ankläger präsentierte sich New Jerseys Gouverneur Chris Christie. Der Ex-Staatsanwalt warf Clinton vor, Schuld am Tod amerikanischer Soldaten und Diplomaten in Libyen gewesen zu sein. Er machte sie für ISIS verantwortlich und für die jüngsten islamistischen Anschläge auf amerikanischem Boden. "Schuldig?" rief Christie den Delegierten zu. Die skandierten zurück: "Schuldig!" Und dann: "Sperrt sie ein! Sperrt sie ein!"

Dass im Internet lange Listen kursieren mit all den Falschaussagen, die während der vier Tage von Cleveland in die Welt gesetzt wurden, stört die Trump-Anhänger wenig. Wahrscheinlich haben sie es noch nicht mal registriert. Doch niemand kann ignorieren, dass während des Kongresses kaum renommierte Politiker auftraten. Dabei sind Nominierungs-Parteitage in den USA normalerweise ein Schaulauf der Politgrößen. Ehemalige Präsidenten sichern dem Kandidaten ihre Unterstützung zu. Junge Nachwuchspolitiker reißen sich darum, Reden zu halten. Barack Obama ebnete das den Weg zur Präsidentschaft.

Anders bei Trumps Nominierung. Da weigerte sich sogar der konservative Gouverneur des Gastgeberstaats Ohio aufzutreten. Stattdessen gab John Kasich einen Empfang für ausgewählte Gäste in Clevelands Rock and Roll Hall of Fame. Und als Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses, seine Rede hielt, verlor er nur wenige Worte über Donald Trump. Er lobte den Kandidaten für die Vizepräsidentschaft Mike Pence so überschwänglich, dass man hätte glauben können, nicht Trump, sondern Pence wäre der Spitzenkandidat.

Rührende Wort von Tochter Ivanka

Zur Abrechnung mit Trump geriet der Auftritt von Senator Ted Cruz aus Texas. Der war der schärfste Konkurrent des Immobilienmilliardärs bei den Vorwahlen gewesen. Trump hatte ihn als "Lügen-Ted" verunglimpft. Auf dem Parteikongress revanchierte sich Cruz mit einer Ansprache, in der er Trump demonstrativ seine Unterstützung verweigerte. Zwar sagte er kein böses Wort über ihn, aber er schloss mit dem Rat, die Amerikaner sollten bei der Wahl im November am besten ihrem Gewissen folgen.

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Was sollte dieser Gruß einer US-Moderatorin an Donald Trump?

Und dennoch wurde auch auf der Convention von Cleveland Geschichte geschrieben. Denn das gab es noch nie in den USA – dass bei einem Parteikongress gleich sechs Redner aus einer Familie auftraten. Nichtmal bei den Kennedys. Auf Melanias Rede vom Montag folgte am Dienstag Trumps Tochter Tiffany aus zweiter Ehe. Die 22-Jährige erinnerte sich an die "süßen Nachrichten" die sie von ihrem Vater im Kindergarten bekam. Anschließend beschrieb Trumps ältester Sohn Donald junior seinen Vater als einen Mann, der lieber mit Bauarbeitern Tacheles redet, als am Schreibtisch zu sitzen. Mittwoch Abend würdigte Sohn Eric, 32, Trump als "großen Motivator". Gestern Nacht sprach Tochter Ivanka, 34, dann als letzte, bevor Trump selbst das Wort ergriff. "Mein Vater hat einen Sinn für Fairness", sagte sie. "Der Grund für seinen Erfolg ist, dass er jedem zuhört. Ich sage den Menschen in Amerika: Wenn ihr meinen Vater auf eurer Seite habt, könnt ihr sicher sein, er kämpft für euch."

Als die große Trump-Familien-Show schließlich vorbei war und Donald Trump winkend die Bühne verließ, raunte ein Journalist aus dem südkoreanischen Seoul den Kollegen zu: "So ein bisschen war's wie bei Kim Jong-un in Nordkorea." 

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Warum Donald Trump ungern Hände schüttelt