Gewerkschaftsgründung vor 30 Jahren Angespanntes Solidarnosc-Gedenken in Polen

Die polnische Gewerkschaft "Solidarnosc" präsentiert sich 30 Jahre nach ihrer Entstehung politisch tief gespalten. Bei ihrem Jubiläumskongress am Montag in Gdynia (Gdingen) störten die Delegierten die Rede von Tusk mit Buhrufen und Pfiffen.

In Polen ist der Gründung der Solidarnosc als erste freie Gewerkschaft in den kommunistischen Ostblock-Staaten vor 30 Jahren gedacht worden. Bei der Zeremonie in der Nähe der Küstenstadt Danzig verlas der US-Botschafter in Polen, Lee Feinstein, am Montag eine Grußbotschaft von US-Präsident Barack Obama. Dieser würdigte Solidarnosc als Vorbild für alle freiheitsliebenden Menschen in der Welt: "Die Solidarnosc-Bewegung ist eine Quelle der Inspiration im Kampf für Freiheit für alle Bürger der Welt."

Die Polen hätten mit ihrem Aufbegehren gegen die kommunistische Herrschaft "uns an die Kraft von jedem von uns erinnert, unser eigenes Schicksal zu schreiben", lobte Obama in seiner Botschaft. "Im Angesicht von Tyrannei und Unterdrückung wählten sie Freiheit und Demokratie und dadurch veränderten sie ihr Land und den Lauf der Geschichte." An der Zeremonie nahmen auch der polnische Präsident Bronislaw Komorowski, Regierungschef Donald Tusk, Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski sowie der polnische Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, teil. Die Rede von Tusk wurde durch Buhrufe und Pfiffe gestört, Kaczynski dagegen wurde beklatscht.

Am Dienstag steht anlässlich des Jubiläums in den Werften von Danzig eine große Schau aus Musik, Theater, Poesie und einem Feuerwerk auf dem Programm.

Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP), würdigte die Gründung der Solidarnosc als "großartigen Beitrag Polens zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas". "Ohne die Solidarnosc in Polen hätte es den Fall der Berliner Mauer nicht gegeben", erklärte Pieper in Berlin. Die polnische Gewerkschaftsbewegung habe auch den Bürgern der damaligen DDR gezeigt, "dass Widerstand gegen die politische Unmündigkeit erfolgreich sein kann".

Am 31. August 1980 hatten die Arbeiter der Lenin-Werft in Danzig der kommunistischen Staatsführung Polens nach einem 14-tägigen Streik die Erlaubnis für die Gründung einer unabhängigen Gewerkschaft abgetrotzt. Im folgenden Jahr zog die Regierung ihre Erlaubnis zurück und verhängte das Kriegsrecht. Dadurch sollte die Solidarnosc zerschlagen werden, die inzwischen bereits rund zehn Millionen Mitglieder hatte. Die Bewegung bestand jedoch im Untergrund fort, 1983 erhielt ihr Anführer Lech Walesa den Friedensnobelpreis. 1989 handelte die Solidarnosc freie Wahlen aus, im folgenden Jahr wurde Walesa für fünf Jahre zum polnischen Staatschef gewählt.

An der Jubiläumsfeier am Montag nahm Walesa allerdings nicht teil. Nachdem die Solidarnosc Demokratie erkämpft habe, sei er dafür gewesen, dass die Gewerkschaft "mit der Politik aufhört", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Sie agiere aber weiter politisch, statt sich mit Gewerkschaftsthemen zu befassen. "Ich bedaure, dass Solidarnosc heute nicht mehr meine Gewerkschaft ist," fügte Walesa hinzu.

Walesa ist mit vielen Solidarnosc-Anführern zerstritten, auch weil die Gewerkschaft seinen früheren Weggefährten und heutigen politischen Gegner Jaroslaw Kaczynski bei der Präsidentschaftswahl im Juli unterstützte. In Erinnerung an den Kampf für Freiheit und Demokratie unter der kommunistischen Herrschaft hatte Walesa am Sonntag mit Ministerpräsident Tusk an einem Denkmal in Danzig für die Opfer der Unterdrückung durch die Kommunisten einen Kranz niedergelegt.

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AFP/DPA