Glyphosat sei giftig, sein Einsatz führe zu Artensterben und Biodiversitätsverlust, das Pflanzenschutzmittel solle in Deutschland daher verboten werden. So verkündete es die Bundesregierung im März 2022. So steht es im Koalitionsvertrag der Ampel.
In Brüssel allerdings vertritt sie diese Position nicht. Und dort haben die Mitgliedsstaaten der EU am Donnersstag im zweiten Anlauf über die Frage abgestimmt, ob Landwirte das umstrittene Mittel künftig noch einsetzen dürfen. Wie bereits vor einem Monat konnten sie sich im heutigen Berufungsverfahren nicht einigen. Nur drei Staaten haben sich für das Verbot von Glyphosat ausgesprochen: Luxemburg, Ungarn und Österreich. Deutschland hat sich der Stimme enthalten. Wohl auf Druck der FDP. Die Liberalen unterstützen den Einsatz des Mittels, obwohl sie im Koalitionsvertrag dem Gegenteil zugestimmt haben.
Man muss in die Zusammenhang wissen, dass Wissenschaftler nach wie vor uneins über die Frage sind, ob das Pflanzenschutzmittel genotoxisch und potenziell krebserregend ist. Und auch, dass die Bundesregierung bisher darauf verwiesen hat, dass es genügend andere Mittel gebe, die Landwirte also nicht auf Glyphosat angewiesen seien.
Glyphosat: Die Ampel überlässt der EU das Feld
Nun überlässt die Ampel die Entscheidung über die Neuzulassung der Europäischen Kommission. Und diese wird, nach Lage der Dinge, schon am morgigen Freitag beschließen, dass sie die Nutzung von Glyphosat auf Europas Äckern auf Jahre hinaus verlängert. Denn keine zwei Stunden nach dem heutigen Votum verschickte sie ein Presseschreiben. Darin heißt es, die Kommission sehe sich verpflichtet, die Verlängerung von Glyphosat um weitere zehn Jahre zu beschließen. Bis ins Jahr 2033 also.
Die Ankündigung überrascht nicht. Die Kommission sprach sich bereits im Sommer offen für eine Verlängerung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels aus. Auch in dem Beschluss, über den die Mitgliedstaaten heute abstimmten, empfahl die Kommission die Verlängerung – sofern Landwirte beim Einsatz des Herbizids gewisse Vorkehrungen treffen.
Am Freitag macht die Kommission die Verlängerung damit wohl offiziell. Deutschland hätte diese Entscheidung zwar nicht verhindern können. Sie hätte aber ein Zeichen gegen den weiteren Einsatz des Herbizids setzen können. Die Ampel-Regierung hat sich anders entschieden. Das wird vor allem die Grünen schmerzen, deren Thema der Umweltschutz ist und die für solche Themen zuständigen Bundeslandwirtschaftsminister stellen. Und mehr noch, die deutsche Enthaltung weckt nun auch Zweifel, ob die Bundesregierung das Verbot von Glyphosat zumindest in Deutschland umsetzen wird, wie sie es im Koalitionsvertrag festgelegt hatte.