Deutschland hat am Dienstag neun somalische Piraten an Kenia überstellt, die vor einer Woche im Golf von Aden einen deutschen Frachter kapern wollten. Wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte, übernahm die kenianische Polizei die Seeräuber in der Hafenstadt Mombasa vom Kommandanten der Fregatte "Rheinland-Pfalz". Auf dem Schiff der deutschen Marine waren die Piraten am vergangenen Dienstag festgesetzt worden.
Nach einem erst kürzlich unterzeichneten Abkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und Kenia über die Strafverfolgung von Piraten, die im Rahmen der EU-Mission "Atalanta" gefasst werden, müssen sich die Seeräuber nun in dem ostafrikanischen Land vor Gericht verantworten. Die Fregatten-Besatzung hatte die Piraten nach einem fehlgeschlagenen Angriff auf den Frachter "MV Courier" am Horn von Afrika gefangen genommen.
Die Somalier hatten das Handelsschiff einer Hamburger Reederei mit Waffengewalt attackiert. Zusammen mit einem US-Hubschrauber griff die Besatzung der "Rheinland-Pfalz" ein und setzte die Seeräuber schließlich fest. Verletzt wurde bei dem Zwischenfall niemand.
Die Staatsanwaltschaft in Hamburg hatte auf eine Strafverfolgung in Deutschland verzichtet. Für die deutsche Anklagebehörde erfüllt Kenia trotz internationaler Kritik an seinem Rechtswesen die notwendigen "Mindeststandards" für ein Gerichtsverfahren. Auf Kenia weicht die EU aus, weil es in Somalia infolge des Bürgerkriegs keine staatlichen Strukturen gibt. Somalia ist Heimatland der meisten Piraten am Horn von Afrika.
Sorge um Menschenrechtslage
Nach Angaben der Internationalen Marine-Agentur gab es im vergangenen Jahr 111 Angriffe vor der Küste Somalias und im Golf von Aden. Ende Januar wurde ein deutscher Gastanker gekapert, der weiterhin von den Piraten festgehalten wird.
Schon seit Januar kann das Kenia aufgrund einer Übereinkunft mit den USA Seeräuber vor Gericht stellen, die von US-Kriegsschiffen festgenommen und nach Kenia überstellt wurden. Derzeit warten 16 von den USA ergriffene Piraten in teilweise überfüllten Gefängnissen auf ihren Prozess. Laut Vereinbarung zwischen der EU und Kenia dürfen die Piraten nicht gefoltert und nicht zum Tode oder zu einer anderen grausamen Strafe verurteilt werden. Sie haben Anspruch auf einen Rechtsanwalt und dürfen ihr Urteil vor einer höheren Gerichtsinstanz anfechten.
Allerdings kritisieren Menschenrechtsorganisationen das Übergabeabkommen zwischen der EU und Kenia. Die EU müsse sicherstellen, dass die Menschenrechte der gefangenen mutmaßlichen Piraten gewahrt werden, sagte die deutsche Sektion von Amnesty International der "Berliner Zeitung". Die Einhaltung von Rechtsstandards sei in Kenia "teilweise zweifelhaft".