Im Streit um ein Entlastung Griechenlands haben sich die zentralen Beteiligten inzwischen auf eine Umschuldung eingestellt. Medienberichten zufolge räumten erstmals ein Minister der griechischen Regierung und ein ranghoher Vertreter der EU-Kommission hinter vorgehaltener Hand ein, dass ein Schuldenschnitt nur noch eine Frage der Zeit sei. "Die griechische Regierung hat erkannt, dass es keinen anderen Weg gibt und hat eine sanfte Umschuldung akzeptiert", sagte der EU-Vertreter der griechische Tageszeitung "Eleftherotypia" vom Dienstag.
Die Kommission dementierte das umgehend. Es gebe keinerlei Gespräche zwischen der EU und der griechischen Regierung über eine Umschuldung, sagte eine Sprecherin. "Wir weisen das entschieden zurück." Die Europäische Zentralbank (EZB) warnte erneut vor einem solchen Schritt.
Auch einige Mitglieder der deutschen Bundesregierung sind überzeugt, dass Griechenland nicht ohne Umschuldung über den Sommer kommt. Mehrere Regierungsvertreter hielten das für unvermeidlich, wenn auch nicht für wünschenswert, hieß es in Koalitionskreisen. Der südeuropäische Euro-Staat musste als erstes Mitglied der Währungsunion im Frühjahr 2010 mit einem Kreditpaket über 110 Milliarden Euro von der EU, den anderen Euro-Ländern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vor der Pleite bewahrt werden.
"Frage ist nur noch, wann wir umschulden"
Wie ein nicht namentlich genannter griechischer Minister der Zeitung "Die Welt" sagte, wollte die Regierung in Athen schon vor dem Beschluss des Rettungspaketes Anfang 2010 das Kreditprogramm mit einer Umschuldung verknüpfen. Die Euro-Partner hätten dies aber abgelehnt und gefordert, vor Gesprächen über einen solchen Schritt müsse die Regierung erst beweisen, dass sie sparen und reformieren könne. Das sei nun geschehen. "Jetzt ist die Frage nicht mehr, ob wir umschulden, sondern nur noch wann", zitierte die Zeitung den Regierungspolitiker. Im Gespräch seien längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen für die Hilfskredite an Griechenland sowie ein Abschlag auf griechische Staatsanleihen. Die griechische Regierung wies Spekulationen über eine Restrukturierung der Schulden bisher stets zurück.
Die EZB ist strikt dagegen. "Das ist extrem teuer für die betroffenen Länder", warnte EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark in einem Interview mit der portugiesischen Zeitung "Publico". Die Staaten müssten eine höhere Risikoprämie auf ihre Anleihen zahlen. Auch würden die Banken des Landes getroffen, da sie einen großen Anteil der Staatspapiere hielten. Starks Kollege Lorenzo Bini Smaghi mahnte, eine Umschuldung setze die Glaubwürdigkeit der Euro-Zone aufs Spiel. Die Euro-Staaten müssten den Märkten versichern, dass sie ihre Haushalte in Ordnung bringen und keine Schulden restrukturieren.
Die deutschen Landesbanken, die zum Teil ebenfalls auf hohen Beständen griechischer Anleihen sitzen, haben dagegen keine großen Bedenken. "Ein Haircut wäre nicht das Ende der Welt", sagte der Präsident des Verbandes der Öffentlichen Banken (VÖB), Christian Brand, in Frankfurt.
Umfrage: Banken glauben, schlimmer kommt es nimmer
Griechenland muss immer höhere Zinsen an seine Geldgeber zahlen, so dass es immer unwahrscheinlicher wird, dass der Euro-Staat sich wie geplant 2013 ohne Bürgschaften von EU und IWF am Kapitalmarkt Geld leihen kann. Für zehnjährige Staatsanleihen verlangen die Investoren inzwischen 14,8 Prozent Zinsen - gut elf Prozentpunkte mehr als für die marktführenden deutschen Bundesanleihen.
Der Kommissionsvertreter sagte der griechischen Zeitung, eine Umschuldung könnte vermieden werden, wenn Griechenland zusätzliche Kredite von der EU und dem Internationalen Währungsfonds bekomme. Doch dies sei unwahrscheinlich.
In anderen Euro-Staaten stoßen die milliardenschweren Rettungsaktionen für die angeschlagenen Partnerländer zunehmend auf Ablehnung in der Bevölkerung. Nach einer Umfrage der Zeitschrift "Stern" machen sich 60 Prozent der Deutschen Sorgen, dass der Rettungsschirm Deutschland teuer zu stehen kommen wird. Wie eine Befragung des Center for Financial Studies in Frankfurt ergab, geht eine Mehrheit der Finanzdienstleister davon aus, dass neben den Banken auch die Steuerzahler bei einer Umschuldung draufzahlen. Gut die Hälfte der rund 500 befragten Finanzfirmen ist der Ansicht, dass die Euro-Schuldenkrise jetzt ihren Höhepunkt erreicht hat.
Die finnischen Wähler quittierten das Einstehen ihrer Regierung für hochverschuldete Euro-Staaten mit einem massiven Stimmenzuwachs für die euro-kritische Partei Wahre Finnen. Diese wird wahrscheinlich an der neuen Regierung beteiligt sein und könnte dafür sorgen, dass Finnland die notwendige Zustimmung zum Rettungspaket für Portugal verweigern muss. Der finnische Wahlsieger und vermutlich nächste Ministerpräsident Jyrki Katainen erklärte, die künftige Regierung werde mit dem Hilfspaket für Portugal klar kommen und keine größeren Änderungen verlangen.