Haiti Chaos und Plünderungen in Port-au-Prince

In Haitis Hauptstadt hat sich die Sicherheitslage zugespitzt. Mindestens drei Menschen wurden ermordet aufgefunden, während immer mehr Geschäfte und Warenlager Opfer von Plünderern wurden.

In Haitis Hauptstadt Port-au-Prince hat sich die Sicherheitslage am Freitag gefährlich zugespitzt. Mindestens drei Menschen wurden ermordet aufgefunden, während immer mehr Geschäfte und Warenlager Opfer von Plünderern wurden. Präsident Jean-Bertrand Aristide, dem Frankreich, die USA und Kanada die Unterstützung entzogen haben, gab keine Anzeichen, dass er zum Rücktritt bereit sein könnte. Die bewaffneten Rebellen, die schon die ganze Nordhälfte der Karibikrepublik kontrollieren, waren nach eigenen Angaben nicht mehr weit von der Hauptstadt entfernt.

USA erwägen Entsendung von Marines

In Washington hieß es, die Entsendung des Flugzeugträgers „Saipan“, der außer Hubschraubern auch Kampfflugzeuge mitführt, sowie von mehreren Begleitschiffen sei eine der zur Zeit erwogenen Optionen. Der Verband, der in Norfolk in Virginia liegt, würde für die Fahrt nach Haiti etwa zwei Tage brauchen. Die Landungstruppe würde aus etwa 2000 Marines bestehen. Zur Zeit sind zu Sicherungsaufgaben an der US-Botschaft in Port-au- Prince etwa 50 Marine-Infanteristen im Einsatz.

Polizei verhindert keine Plünderungen

"Ich habe alles verloren", sagte am Freitag der Geschäftsmann und frühere Premierminister Smarck Michel im Radio, nachdem Plünderer über sein Lagerhaus hergefallen waren. Das Containerterminal des Hafens von Port-au-Prince wurde schon seit der Nacht geplündert, ohne dass die Polizei einschritt. In vielen Teilen der Hauptstadt waren Schüsse zu hören. Viele ausreisewillige Ausländer konnten die Stadt nicht mehr verlassen, weil die US-Fluggesellschaft American Airlines am Freitag die Flüge von und nach Haiti einstellte.

Seit Donnerstag gab es in der Haupstadt auch keinen Strom mehr. Internationale Hotels und Institutionen verfügen in der Regel über Generatoren, erhalten aber keinen Nachschub an Benzin mehr. Einige Hotels wurden in der Nacht zum Donnerstag zum ersten Mal verbarrikadiert, nachdem Aristide-Anhänger Gewalttaten gegen die Auslandspresse angedroht hatten.

Rebellen nähren sich weiter der Hauptstadt

Die militärische Lage im Land war am Freitag unübersichtlich. Nachdem am Donnerstag die im äußersten Südwesten gelegene Stadt Les Cayes, die drittgrößte des Landes, in die Hände von Rebellen gefallen war, hieß es am Freitag, dass der Anführer der Pro-Aristide-Milizen in Les Cayes, Ti Pistol, einen Gegenangriff startete. Auch aus der Küstenstadt Jacmel, 120 Kilometer südwestlich von Port-au-Prince, wurden Kämpfe zwischen Aristide-Anhängern und -gegnern gemeldet. Die Kleinstadt Mirebalais fiel in der Nacht endgültig in die Hände der Rebellen. Sie liegt nur 40 Kilometer nordöstlich von Port-au-Prince, ist aber mit der Haupstadt nur über Bergpfade verbunden.

Ausland lässt Aristide fallen

Frankreich rief am Freitag zur Bildung einer "Regierung der nationalen Einheit" ohne Aristide auf. Außenminister Dominique de Villepin sagte, dass Aristide zu einem großen Teil für die gegenwärtige Situation in seinem Land verantwortlich sei. In der Einschätzung der Lage herrsche völlige Übereinstimmung zwischen Frankreich, den USA und Kanada, fügte er hinzu. Am Donnerstag hatte schon US-Außenminister Colin Powell gesagt, Aristide sollte sorgfältig überlegen, ob er weiterhin Präsident bleiben könne. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) forderte Haitis Nachbarländer auf, Flüchtlingen Asyl zu gewähren.

Der Anführer der bewaffneten Rebellen im Norden Haitis, Guy Philippe, hat mehrfach mit einem Angriff auf Port-au-Prince gedroht. In jüngsten Erklärungen versicherte er, dass die Stadt im Prinzip schon eingeschlossen sei und seine Leute nur noch auf ein Signal zum Angriff warteten. Er gab auch zu verstehen, dass er im Falle eines Rücktritts Aristides die Waffen niederlegen werde.

DPA