Internationale Atomenergiebehörde Atomstreit mit Iran kommt vor Weltsicherheitsrat

Die Internationale Atomenergiebehörde in Wien hat beschlossen, den Streit um das iranische Atomprogramm vor dem Weltsicherheitsrat zu verhandeln. Der Iran kündigte im Gegenzug an, die Urananreicherung in vollem Umfang wieder aufzunehmen.

Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA begründete seine Entscheidung mit Bedenken, dass das Nuklearprogramm Teherans "nicht ausschließlich friedlichen Zwecken" diene. Der Iran kündigte daraufhin an, die Urananreicherung in vollem Umfang wieder aufzunehmen und den Zugang von IAEA-Inspektoren einzuschränken. Der stellvertretende Chef des iranischen Sicherheitsrats, Dschawad Waidi, erklärte in Wien, das im Oktober 2003 auf Eis gelegte Programm zur Urananreicherung werde unverzüglich neu gestartet. Bereits im Januar hatte der Iran die Forschung an Kernbrennstoffen wieder aufgenommen, in deren Rahmen nach Angaben der IAEA auch in geringem Umfang Uran angereichert wird.

Waidi sprach unmittelbar nach Bekanntgabe des IAEA-Beschlusses. Hinter einen von den Europäern vorgelegten überarbeiteten Resolutionsentwurf hatten sich 27 der 35 Mitglieder im Gouverneursrat gestellt. Lediglich Kuba, Syrien und Venezuela stimmten gegen den Verweis an den Weltsicherheitsrat. Algerien, Weißrussland, Indonesien, Libyen und Südafrika enthielten sich. In einer Kopie des Resolutionsentwurfs heißt es, die internationale Gemeinschaft habe "ernste Bedenken über das iranische Nuklearprogramm".

"Mangelndes Vertrauen"

Die Entschließung verweist auf iranische Versäumnisse und den Bruch von Vereinbarungen. Es gebe "mangelndes Vertrauen" in die Zusicherungen des Irans, sein Atomprogramm diene ausschließlich friedlichen Zwecken. IAEA-Direktor Mohamed El Baradei wird aufgefordert, dem UN-Sicherheitsrat einen Bericht vorzulegen, welche Schritte der Iran unternehmen müsse, um das Misstrauen zu entkräften. Die Regierung in Teheran wird dem Entwurf zufolge unter anderem aufgerufen, die Urananreicherung und damit verbundene Aktivitäten auszusetzen und der IAEA stärkere Kontroll- und Untersuchungsbefugnisse einzuräumen.

Eine Einigung auf den Resolutionsentwurf war bereits in der Nacht zum Samstag hinter den Kulissen erzielt worden. Unter dem Drängen der Europäer stimmten die USA nach Angaben aus Diplomatenkreisen einem Kompromiss zu, der das Ziel einer von Massenvernichtungswaffen freien Zone im gesamten Nahen und Mittleren Osten in die Resolution aufnimmt. Dies hatte Ägypten offenbar mit Blick auf das Waffenpotenzial Israels gefordert. Bis der UN-Sicherheitsrat mit dem Iran-Dossier befasst, dauert es noch mehrere Wochen. Russland und China hatten ihre Zustimmung zur Überweisung des Streits an den Rat an die Bedingung geknüpft, dass das Gremium sich frühestens im März mit dem Fall befasst.

Schlagabtausch auf Münchner Sicherheitskonferenz

Der Streit über das iranische Atomprogramm führte auf der Münchner Sicherheitskonferenz zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem stellvertretenden iranischen Außenministerin Abbas Araghtschi. Merkel erklärte, die Überweisung des Konflikts an den UN-Sicherheitsrat sei "keine Provokation". Vielmehr sei der Sicherheitsrat der "legitime Ort", an dem der Streit gelöst werden könne. Sie betonte, dass es im Februar noch eine Chance gebe, über den russischen Lösungsvorschlag zu diskutieren, der eine Anreicherung iranischen Urans in Russland vorsieht. Araghtschi drohte, der Streit werde mit der Überweisung an den Sicherheitsrat weiter eskalieren. Der Iran habe seinerseits die Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, die Verhandlungen über den heiklen Teil seines Atomprogramms fortzusetzen.

AP

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