Irak Entführung setzt Blair unter Druck

Von entführten Care-Direktorin Margaret Hassan ist ein Videoband aufgetaucht, Forderungen der Entführer gibt es bisher aber noch nicht. Der britische Premier Blair versprach indes Hilfe, um eine Freilassung der Geisel zu erreichen.

Im Irak ist erneut eine Mitarbeiterin einer humanitären Hilfsorganisation entführt worden. Eineinhalb Wochen nach der Ermordung ihres Landsmanns Kenneth Bigley wurde in Bagdad die britische Leiterin von Care International im Irak verschleppt. Wie die Organisation in London mitteilte, wurde Margaret Hassan am Dienstagmorgen auf dem Weg zur Arbeit entführt. Der Sprecher von Care in Australien, Robert Glasser, sagte am Mittwoch dem australischen Sender ABC, die Hilfsorganisation habe ihre Tätigkeit im Irak vorerst eingestellt.

Die in Dublin (Irland) geborene Frau lebt seit 30 Jahren im Irak und ist mit einem Iraker verheiratet. Sie gehört zu den bekanntesten Persönlichkeiten der humanitären Hilfe im Irak. Hassan hat sowohl die britische als auch die irakische Staatsbürgerschaft. Der arabische Nachrichtensender El Dschasira sendete Ausschnitte aus einem Video, das die Kidnapper gedreht hatten. Das Band zeigt Hassan in einem Zimmer, in einem Lehnstuhl sitzend, sowie Ausweise der Frau. Der Sender nannte weder den Namen der Entführer noch eventuelle Forderungen.

Care International

Die internationale Hilfsorganisation Care ist vielen Deutschen aus den Nachkriegsjahren bekannt. Damals schickte die 1945 in den USA gegründete private Organisation viele Millionen Pakete nach Europa, um Hunger und Not zu lindern. Auch während der Berliner Blockade leistete Care Überlebenshilfe. Heute ist Care weltweit aktiv. Schwerpunkt ist die Bekämpfung von Armut. Im Irak ist Care seit 1991 tätig. Die Mitarbeiter helfen unter anderem bei der Reparatur von Anlagen zur Wasserversorgung. Die 1980 gegründete deutsche Sektion kümmert sich schwerpunktmäßig auch um die medizinische Versorgung von Müttern und Kindern.

Care, eine der weltweit größten unabhängigen Hilfsorganisationen und im Nachkriegsdeutschland vor allem wegen der Care-Paket- Hilfsaktion in Erinnerung, unterhält in Bagdad ein Büro mit 30 Angestellten. Diese sind allesamt Iraker.

Das irische Außenministerium sicherte seine Unterstützung bei den Bemühungen zur Freilassung Hassans zu. Auch der britische Premierminister Tony Blair versicherte, seine Regierung werde sich nach Kräften für ihre Befreiung einsetzen. Zugleich verteidigte er Pläne, britische Soldaten aus dem Südirak näher nach Bagdad in den besonders schwer umkämpften US-Sektor zu verlegen. Dies geschehe aber nur, wenn es militärisch gerechtfertigt sei, erklärte Blair. Dabei handele es sich um eine Bitte der US-Streitkräfte, nicht um eine politische Anfrage aus Washington, betonte er. Eine endgültige Entscheidung wird in einigen Tagen erwartet.

Blair waren im Zusammenhang mit der Entführung Bigleys insbesondere von der Familie der Geisel heftige Vorwürfe gemacht worden. "Bitte, bitte stoppen Sie diesen Krieg und verhindern Sie, dass andere ihre Leben lassen müssen", lautete der Appell von Bruder Paul Bigley, kurz nachdem er Nachricht von der Ermordung erhalten hatte. "Es ist illegal, es muss aufhören. Mr. Blair hat Blut an seinen Händen."

Nach Einschätzung des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS) in London hat der Krieg im Irak das Risiko terroristischer Anschläge erhöht statt es zu verringern. Insgesamt habe das Terrorrisiko für westliche Staatsbürger in arabischen Ländern nach Beginn des Irak-Krieges im März 2003 anscheinend zugenommen, hieß es im Jahresbericht des unabhängigen Institutes.

In den vergangenen sechs Monaten sind mindestens sieben weitere Frauen im Irak entführt worden. Alle kamen wieder frei. Zuletzt waren die beiden Italienierinnen Simona Torretta und Simona Pari drei Wochen in Geiselhaft. Mindestens 30 männliche Geiseln wurden von ihren Entführern umgebracht.

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DPA/AP