Irak Powell versucht, die UN ins Boot zu holen

Die USA wollen nun doch ein stärkeres Engagement der Vereinten Nationen im Irak. Ein entsprechender Resolutionsentwurf sei ausgearbeitet, sagte US-Außenminister Colin Powell.

Die USA wollen nun doch ein stärkeres Engagement der Vereinten Nationen im Irak. Ein entsprechender Resolutionsentwurf sei ausgearbeitet, sagte US-Außenminister Colin Powell in Washington. Die Entschließung soll es möglichst vielen Ländern erleichtern, sich mit Geld und Soldaten an der Sicherung und am Wiederaufbau Iraks zu beteiligen. Die militärische Führung solle aber weiter in Händen von US-Kommandeuren bleiben. "Anfang nächster Woche wissen wir, wo wir stehen. Und dann werden wir es so schnell wie möglich vorantreiben", sagte Powell.

Russland schließt Beteiligung nicht aus

Russlands Verteidigungsminister Sergej Iwanow hat die Entsendung russischer UN-Truppen in den Irak nicht ausgeschlossen. In einer ersten Reaktion auf den von den USA angekündigten neuen Resolutionsentwurf des UN-Weltsicherheitsrates zum Irak sagte er am Donnerstag in Astrachan, dass Moskau sehr an einer "möglichst schnellen" Wiederherstellung von Recht und Ordnung im Irak interessiert sei.

Die Entsendung eines russischen Truppenkontingents machte Iwanow von der angestrebten Resolution abhängig. "Alles hängt von der einheitlichen Meinung des Weltsicherheitsrates ab und davon, wie reell er auf die Entwicklung im Irak Einfluss nehmen kann", sagte Iwanow. Moskau sei durch die Entwicklung im Irak, die "in eine sehr gefährliche Richtung gehe", äußerst beunruhigt.

Blair: "Lage ist ernst"

Der britische Premierminister Tony Blair hat die Lage im Irak nach den Terroranschlägen der letzten Wochen als "ernst" bezeichnet. Auf seiner monatlichen Pressekonferenz in London sagte Blair, es dürfe aber jetzt bei der Wiederherstellung von Frieden und Demokratie im Irak "kein Wanken" geben. Der Irak sei zum "neuen Schlachtfeld" im Kampf gegen den Terrorismus geworden.

Die Lage im Irak werde zunehmend von Gruppen bedroht, die von außen in das Land drängten. "Ihr Ziel ist, die Bemühungen der USA und Großbritanniens im Irak zu zerstören. Wir müssen diese Leute ausrotten und besiegen", sagte Blair. Nach seiner Einschätzung steht die große Mehrheit des irakischen Volkes nach wie vor hinter den Alliierten.

Blair sagte weiter, eine Entscheidung über eine mögliche Aufstockung des britischen Truppenkontingents im Irak sei noch nicht gefallen. "Wir werden unsere Aufgabe im Irak zu Ende bringen", fügte Blair hinzu.

Druck auf Deutschland

Unterdessen wächst nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" der Druck auf die deutsche Bundesregierung, ebenfalls einen militärischen Beitrag im Irak zu leisten. Sowohl NATO-Generalsekretär George Robertson als auch die militärische und politische Führung der USA übten Druck auf die Bundesregierung aus, noch im Herbst über ein deutsches Wiederaufbau-Engagement im Irak zu entscheiden, berichtet das Blatt. Dagegen verwies ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwochabend auf die unveränderte Position der Bundesregierung. Sie bleibe unabhängig von einer möglichen neuen UN-Resolution bei ihrem Nein zu einem militärischen Engagement im Irak.

"Keine Pläne für Irak-Engagement"

"Meine Regierung hat keine Pläne für ein militärisches Engagement im Irak", hatte der Bundeskanzler Gerhard Schröder zuvor bereits beim Bundeskongress der SPD-Arbeitsgruppe 60 plus in Halle bekräftigt. Deutschland helfe schon in vielen Bereichen der Welt, sagte Schröder mit Blick auf die Ausweitung des Engagements in Afghanistan. Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weißkirchen, betonte, Deutschland werde sich ohne zentrale Rolle der UN nicht am Wiederaufbau Iraks beteiligen. Diese aber sei nicht zu erkennen.

Die USA wollen den Irak nach den Worten von Außenminister Powell mit einer multi-nationalen Truppe unter US-Kommando befrieden. "Heute haben wir mit einem neuen Vorstoß bei unseren diplomatischen Bemühungen um internationale Unterstützung im Irak begonnen", sagte er.

Powell bestreitet Richtungsänderung

Er habe den Resolutionsentwurf bereits mit Bundesaußenminister Joschka Fischer und mit den Außenministern Frankreichs, Großbritanniens und Russlands sowie mit UN-Generalsekretär Kofi Annan besprochen. Powell bestritt, dass es sich um eine Richtungsänderung des Weißen Hauses handle. Präsident George W. Bush habe stets betont, dass es sich um eine internationale Operation handle.

Polen übernimmt Kommando im "Zentralen Süden" Iraks

Am Mittwoch übernahm Polen an der Spitze einer multinationalen Truppe die Verwaltung einer Besatzungszone im Irak. In einer feierlichen Zeremonie an den antiken Stätten von Babylon übergab die US-Armee die Kontrolle über die Region "Zentraler Süden" an das polnische Kontingent. Die Region "Zentraler Süden" grenzt im Norden an den Großraum Bagdad und im Süden an die Stadt Basra. Ausgenommen ist die Schiiten-Stadt Nadschaf, die nach dem verheerenden Bombenanschlag vom vergangenen Freitag noch für mindestens zwei Wochen unter Kontrolle der US-Armee bleiben wird. Unter polnischem Kommando in der Stadt Kerbela sollen auch die gerade eingetroffenen thailändischen Soldaten stationiert werden. Die 21 Offiziere, die an Bord von US-Militärmaschinen aus Bangkok abflogen, sind das Vorauskommando von insgesamt 443 Soldaten. Das Kontingent besteht zum größten Teil aus Armeeingenieuren und medizinischem Personal.

Vier Milliarden Dollar pro Monat

Unterdessen belaufen sich die Kosten für die Stabilisierung des Iraks nach US-Angaben auf rund vier Milliarden Dollar monatlich. Eine neue Studie des Haushalts-Büros des Kongresses zeigt, dass die bisher bewilligten Gelder zur Finanzierung der US-Truppen im Irak und den Nachbarländern 2004 nicht ausreichen. Derzeit stehen knapp 150.000 amerikanische Soldaten im besetzten Irak. Der Kongress-Studie zufolge seien im kommenden Jahr entweder zusätzlich viele Milliarden Dollar oder aber die Reduzierung der Truppen notwendig.