Irak US-Geheimdienste warnen vor weiterer Eskalation

Die Sicherheitslage im Irak drohe sich noch weiter zu verschlechtern, heißt es in einem gemeinsamen Bericht der 16 US-Geheimdienste. US-Präsident George W. Bush will beim US-Kongress weitere 100 Milliarden Dollar für das Engagement im Irak und Afghanistan beantragen.

Die US-Geheimdienste haben US-Präsident George W. Bush vor wachsenden Gefahren in den kommenden 18 Monaten im Irak gewarnt. Die Lage im Irak sei "zunehmend gefährlich", heißt es in dem am Freitag in Washington nur zu einem kleinen Teil veröffentlichten Geheimdienst-Bericht. Der Begriff "Bürgerkrieg" sei für manche Schlüssel-Aspekte des Irakkonflikts angemessen, die "Polarisierung in der Bevölkerung" nehme zu, meinen die Geheimdienstexperten.

US-Präsident George W. Bush will beim US- Kongress weitere 100 Milliarden Dollar (76,8 Milliarden Euro) für das Engagement im Irak und Afghanistan noch in diesem Fiskaljahr beantragen. Wie die "USA Today" meldete, würden dann noch bis Ende September insgesamt 170 Milliarden Dollar in die beiden Länder fließen.

"Wenig Einfluss auf die Lage im Irak"

Die USA hätten auf die Lage im Irak nur wenig Einfluss, heißt es in dem US-Report. Die Gefahr einer weiteren Eskalation sei auch wegen der Schwäche der irakischen Sicherheitskräfte sehr groß. Allerdings warnt der Bericht auch vor einem überhasteten US-Rückzug, da sonst umgehend eine weitere Zuspitzung der inner-irakischen und religiös motivierten Konflikte drohe.

US-Sicherheitsberater Stephen Hadley meinte in einer ersten Reaktion, niemand bestreite, dass die Lage im Irak unbefriedigend sei. Allerdings beschreibe der Begriff des Bürgerkriegs "nicht adäquat die Lage". Die Erkenntnisse der Geheimdienste begründeten nach den Worten Hadleys auch, warum sich Präsident George W. Bush mit der Entsendung von weiteren 21.500 US-Soldaten für eine "neue Strategie" im Irak entschieden habe.

In dem im August 2006 vom Kongress angeforderten Bericht werden auch Chancen für eine Verbesserung der Lage im Irak gesehen. Ungewiss bleibe vor allem, ob die politische Führung die Konflikte zwischen den religiösen Gruppen überbrücken könne. Die Aussichten auf eine wirkliche Versöhnung seien nicht gut. Die Aktivitäten des Terrornetzes Al Kaida seien zwar weiterhin ein Problem, doch sei die Gewalt zwischen den Irakern selbst weitaus gefährlicher.

Im Irak lieferten sich am Freitag rund um die heiligen Stätten der Schiiten Regierungstruppen und Anhänger einer radikalen schiitischen Sekte unterdessen erneut Gefechte. Einwohner der Pilgerstadt Nadschaf berichteten, außerhalb der Stadt sei Gefechtslärm zu hören gewesen.

Ausgangssperre in Nadschaf

Aus irakischen Sicherheitskreisen hieß es, seit Donnerstagabend seien bei Nadschaf insgesamt 200 Verdächtige festgenommen worden. Die Regierung verhängte in Nadschaf eine unbefristete Ausgangssperre, nachdem Gerüchte über einen möglichen Angriff der Gruppe "Soldaten des Himmels" auf die Stadt aufgekommen waren. Bei einer Offensive gegen Anhänger der schiitischen Extremistengruppe waren nördlich von Nadschaf Anfang der Woche laut Regierung 263 Kämpfer getötet und fast 400 Verdächtige festgenommen worden. Die Gruppe habe religiöse Wahnvorstellungen propagiert, hieß es.

Zahl der Toten in Hilla steigt

Nach dem Anschlag auf eine belebte Einkaufstraße in der Stadt Hilla 100 Kilometer südlich von Bagdad stieg die Zahl der Todesopfer unterdessen auf 73. Ärzte berichteten, etwa 167 weitere Menschen seien verletzt worden, als sich am Donnerstagabend kurz hintereinander zwei Selbstmordattentäter in die Luft sprengten.

Irakische Augenzeugen berichteten, nördlich von Bagdad sei am Freitag ein amerikanischer Militärhubschrauber abgestürzt. Das US- Militär wollte sich dazu nicht äußern. Bei einem US-Luftangriff auf mutmaßliche sunnitische Extremisten in Bagdad kamen nach US-Angaben mehrere Angehörige der Terrorgruppe "Al Kaida im Zweistromland" ums Leben, die Autobomben-Anschläge geplant haben sollen. Darunter seien vermutlich "einflussreiche Terroristen-Anführer".

DPA
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