Ihre genaue Zahl kennt niemand, aber sicher ist, dass auch zahlreiche Frauen für den Islamischen Staat kämpfen. Eine von ihnen hat dem US-Fernsehsender CNN ein Interview gegeben. Lesen sie hier die Zusammenfassung des Gesprächs.
"Am Anfang war ich glücklich, ich hatte ein Gewehr, ich hatte Autorität und ich glaube auch nicht, dass ich den Menschen Angst gemacht habe. Doch irgendwann fragte ich mich, wo stehe ich eigentlich? Wo will ich hin?" Khadischa (Name von CNN geändert) ist 25 Jahre alt und hat früher, in ihrem ersten Leben als Grundschullehrerin gearbeitet. In ihrem zweiten war sie Mitglied von al Khansaa, der berüchtigten Frauen-Brigade des IS. "In Rakka (der "Hauptstadt" des IS) haben wir auf den Straßen patrouilliert und uns jede Frau, die nicht schariakonform gekleidet war, geschnappt und einige auch ausgepeitscht. Schariakonform im Verständnis des IS heißt: vollverschleiert, selbst die Augen dürfen nicht mehr zu sehen sein.
Ihr Engagement begann mit dem Aufstand gegen Syriens Machthaber Baschar al Assad im Frühjahr 2011. "Damals hatten wir das Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein." Doch als die Proteste immer öfter in Gewalt umschlugen, wurde ihre Familie mehrfach vertrieben. "Um uns herum herrschte das Chaos: Die Freie Syrische Armee, das Assad-Regime, die Fassbomben, die Toten und Verwundeten. Ich wollte einfach nur noch weg. Mein Problem war, dass ich zu etwas geflohen bin, das noch viel hässlicher war."
Stichwort: Kämpferinnen des IS
Anfang des Jahres gründete der Islamische Staat zwei reine Frauen-Brigaden: al Khanasaa und Umm Al Rayan. Ihr Auftrag war es, an den Checkpoints als Frauen verkleidete, feindliche Kämpfer zu enttarnen. Rekrutiert werden Frauen zwischen 18 und 25 Jahren, ihr monatliches Salär beträgt umgerechnet rund 160 Euro. Zurzeit werden die Frauen-Brigaden nicht für Kämpfe oder Terrorakte eingesetzt. Aktuell patrouillieren sie zumeist auf den Straßen und kontrollieren, ob die Frauen der Scharia entsprechend gekleidet sind.
Begonnen hatte alles mit einem Tunesier, den sie online kennengelernt hatte. Er sprach davon, den Islam nach Syrien bringen zu wollen und dazu nach Rakka zu gehen. "Er versprach mir die Ehe und überredete mich, ebenfalls nach Rakka zu kommen." Im Hauptquartier des IS traf Khadischa auf die Brigade-Kommandeurin Umm Rayan - "eine sehr starke Persönlichkeit, ihre Gesichtszüge waren hart, ihre Ausstrahlung war nicht die einer normalen Frau, sondern die einer echten Führerin."
Beeindruckt war sie auch von ihrer direkten Anführerin Umm Hamsa, eine Frau aus Syrien, die die Befehle der Kommandeurin auszuführen hatte. Ihre Erscheinung beeindruckte Khadischa: "Umm Hamsa ist riesig, sie hat immer eine Kalaschnikow bei sich, eine Pistole, eine Peitsche und einen Dolch."
Im IS-Hauptquartier gibt es eine Abteilung, die auf Eheschließungen mit Ausländern spezialisiert ist. Nicht selten auch Zwangsehen. "Die Ausländer gehen äußerst brutal mit ihren Frauen um", sagt die Ex-Kämpferin. Es gebe Fälle, in denen die Ehefrau in die Notaufnahme musste, wegen Verletzungen, auch durch sexuelle Gewalt. "Eines Tages kam Kommandeurin Umm Rayan auf mich zu und sagte, sie habe einen Ehemann aus Saudi-Arabien für mich gefunden. Das war dann zu viel für mich. Da beschloss ich, den IS zu verlassen."
Zweifel an dem, was der Islamische Staat macht, hatte sie schon länger gehabt. "Eines Tages sah ich dieses Foto im Internet (Minute 2:55 im CNN-Video). Es zeigt einen gekreuzigten jungen Mann, der wegen einer angeblichen Vergewaltigung hingerichtet worden war. Das Schlimmste, was sie mitansehen musste: "Ein Mann wurde geköpft, direkt vor meinen Augen. Ich hatte immer die Hoffnung, dass all die Dinge, die passiert sind, irgendwann wiedergutgemacht würden. Aber irgendwann war Schluss, ich musste fort. Khadischa verließ Syrien Richtung Türkei kurz bevor die US-geführten Luftangriffe begannen. Jetzt sagt sie: "Ich möchte wieder eine normale junge Frau sein, die das Leben liebt und das Lachen."