Nach der Anschlagsserie islamistischer Terroristen in Istanbul mit mehr als 50 Toten und 750 Verletzten sucht die Türkei mit Hochdruck nach den Hintermännern. "Einige Leute sind festgenommen worden, aber ich denke, es ist zu früh, weitere Informationen zu geben", sagte Außenminister Abdullah Gül am Freitag bei einem Besuch seines britischen Kollegen Jack Straw am Bosporus.
Einen Tag nach dem terroristischen Doppelanschlag mit Autobomben gegen britische Einrichtungen in Istanbul warnte London vor möglichen weiteren Anschlägen des Terrornetzwerkes El Kaida in der Türkei. «Wir haben Informationen, dass weitere Anschläge verübt werden könnten», teilte das britische Außenministerium mit. Unter den 27 Todesopfern der beiden Selbstmordanschläge vom Donnerstag waren auch vier britische Staatsangehörige, unter ihnen Generalkonsul Roger Short und eine weitere Diplomatin.
Schnelle Identifizierung der Täter gefordert
Außenminister Gül gab sich zuversichtlich, dass die Urheber auch diesmal schnell identifiziert würden. Nach den Anschlägen gegen Istanbuler Synagogen vor einer Woche hätten die türkischen Sicherheitskräfte dies "innerhalb von 48 Stunden" geschafft. Als Täter der Synagogen-Anschläge waren zwei türkische Islamisten mit möglichen Verbindungen zu internationalen Terrorkreisen identifiziert worden.
Die türkische Zeitung "Hürriyet" mutmaßte am Freitag, die jüngsten Terroranschläge könnten von den beiden Islamisten verübt worden sein, die für die Selbstmordanschläge gegen die Synagogen die Fahrzeuge beschafft haben sollen. Sie sollen sich angeblich zunächst auf die Arabische Halbinsel nach Dubai abgesetzt haben.
Straw will Türkei beim EU-Beitritt unterstützen
Straw, der sich in Istanbul ein Bild von den Verwüstungen machte und über die Ermittlungen unterrichten ließ, sprach sich für eine Unterstützung der Türkei beim angestrebten EU-Beitritt aus. Er nannte die Türkei ein "großes islamisches Land" und eine "große Demokratie". Auch wenn es so aussehe, dass britische Einrichtungen die Ziele waren, so habe es doch weit mehr türkische Opfer gegeben.
Gewerkschaften rufen zu Kundgebungen auf
Die türkische Öffentlichkeit stand am Freitag weiterhin unter Schock. In den großen Städten des Landes, im Regierungsviertel der Hauptstadt Ankara und vor dem US-Luftwaffenstützpunkt Incirlik im Süden der Türkei wurden die Sicherheitsvorkehrungen erheblich verstärkt. Mehrere Gewerkschaften riefen für diesen Samstag zu Kundgebungen in Ankara, Istanbul und Izmir gegen den Terror auf.
Berlin mahnt zu Vorsicht bei Türkei-Reisen
Die Visum-Stelle im deutschen Konsulat in Istanbul wurde bis auf weiteres geschlossen. Die Polizei sperrte auch mehrere Straßen in dem Viertel für den Autoverkehr. Anders als andere europäische Länder und die USA sieht das Auswärtige Amt in Berlin trotz der Anschläge in Istanbul keine Veranlassung, ausdrücklich von Reisen in die Türkei abzuraten. Allerdings mahnte Berlin zu besonderer Vorsicht. Größere Menschenansammlungen sollten gemieden werden.
Der iranische Außenminister Kamal Charrasi machte die USA für die wachsende Zahl von blutigen Bombenanschlägen in der Region verantwortlich. "Dass Amerikas auf Gewalt setzt, um dem Extremismus entgegenzutreten, ist ein Fehler, der zu solchen Geschehnissen führt", sagte Charrasi.
Die EU-Kommission sicherte der Türkei weiter ihre volle Unterstützung bei den politischen Reformen zugesichert. "Die politischen Reformen müssen weitergehen", sagte der Sprecher von EU- Erweiterungskommissar Günter Verheugen. Dabei werde die Kommission helfen. Der Zeitplan auf dem Weg zu möglichen Beitrittsverhandlungen bestehe unverändert fort.