Nirgendwo hatte der Kanzler auf seiner Reise durch die Slowakei, Serbien und Kroatien richtig Zeit. In 30 Stunden und in drei Ländern ständiges Werben für das "gute alte Europa" - damit die von Wirtschaftskrisen und noch vom Krieg gekennzeichneten Regionen bald Anschluss finden.
Die Arbeitsteilung auf der zweitägigen Reise wurde schnell klar: Auf der einen Seite Lob für die enormen wirtschaftlichen Fortschritte in der Slowakei, die schon ab Mai 2004 Vollmitglied im europäischen Club wird. Dagegen dort, wo es noch nicht so gut läuft, wie etwa in Belgrad, sanften Druck machen und Anreize schaffen für mehr deutsches Engagement. Etwa mit der Zusage für einen deutschen 30-Millionen- Kredit.
Weit geöffnete Türen in Zagreb
In Zagreb, der letzten Station von Schröders Balkan-Express-Tour, fand der Kanzler am Donnerstag für diese Strategie weit geöffnete Türen. Deutschland wisse, "dass sich Kroatien als Teil Europas begreift", versicherte er seinem Gastgeber, dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Ivica Racan. Das sei auch der Grund, warum "wir ohne Wenn und Aber den kroatischen Wunsch nach EU-Mitgliedschaft unterstützen". Und geradezu freundschaftlich sprachen sich Schröder und Racan, der mitten im Wahlkampf steckt, gegenseitig Trost zu: dass nötige Reformen nämlich bei der Bevölkerung erst einmal für Verdruss sorgen und "unpopulär sind, aber sich letztlich doch lohnen".
Komplizierter ging es in Belgrad zu. Erst vor gut einem halben Jahr hatten dort Attentäter den von Schröder geschätzten Reform- Premier Zoran Djindjic umgebracht. Klarer als bislang unterstrich der Präsident von Serbien und Montenegro, Svetozar Marovic, beim abendlichen Festessen den Wunsch, dass auch sein Land "so schnell wie möglich ein gleichberechtigter Partner und EU-Mitglied" werden will. Schröder akzeptierte den unüberhörbaren Wunsch, wieder "Teil des guten alten Europas" zu werden. Dazu gehörten aber auch mehr demokratische Stabilität und Rechtssicherheit, mahnte der Kanzler.
Belgrad in der Krise
Aktuell steckt die Regierung in Belgrad in einer tiefen Krise. Beobachter rechnen mit vorgezogenen Neuwahlen. Verärgert sind Berlin und andere EU-Hauptstädte über die nach wie vor mangelnde Zusammenarbeit Belgrads mit dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Die serbische Führung hatte vor kurzem ungehalten auf die Anklage gegen vier Polizei- und Armeegeneräle durch das Gericht reagiert. Regierungskreise in Berlin hatten vor der Kanzlerreise angekündigt, Schröder werde diesen Vorgang angemessen zur Sprache bringen. Doch vor der Presse mied er nach seinen offiziellen Gesprächen bewusst eine öffentliche Rüge, um nicht unnötig die ohnehin erstarkten nationalistischen Kräfte zu provozieren. Auch das Reizthema Kosovo wurde zumindest öffentlich ausgespart.
Beim Besuch des VW-Werkes in Bratislava wollte der "Auto-Kanzler" seine Verkäufer-Qualitäten testen. Seinen Gastgeber, Ministerpräsident Mikulas Dzurinda, wollte er überreden, sich privat ein 75 000 Euro teures Luxusmodell des dort produzierten Geländewagen Tuareg zuzulegen. Das Geld habe der Amtskollege doch sicher locker in der Tasche. Doch Dzurinda zeigte sich sparsam. Er wolle zwar gern "treuer VW-Kunde" bleiben, aber seinen alten VW-Passat werde er erst einmal weiter fahren.