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Kräftemessen zwischen Supermächten Konflikt in Venezuela: Wer gewinnt das Armdrücken zwischen Washington und Moskau?

Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Caracas, Venezuela
Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Caracas, Venezuela
© Federico Parra / AFP
Die Einsätze im Machtkampf in Venezuela sind für die USA und Russland gleichermaßen hoch - wie zuletzt in Syrien. Wie einst im Kalten Krieg messen die beiden Großmächte wieder ihre Kräfte. Aber wer wird am Ende gewinnen: Russland mit Maduro oder die USA mit Guaidó?

Im krisengebeutelten Venezuela geht es nicht nur um die Frage, wer künftig das ölreiche Land regiert - der Konflikt ist auch zum Machtkampf und Stellvertreterkonflikt zwischen den USA und Russland geworden. Seit Januar will die US-Regierung Präsident Nicolás Maduro aus dem Amt treiben. US-Außenminister Mike Pompeo sah das Ziel in dieser Woche schon fast erreicht. Dem Sender CNN sagte er, Maduro sei bereit zur Ausreise nach Kuba gewesen, auf dem Rollfeld habe schon ein Flugzeug gewartet. Die Klarstellung aus Moskau kam prompt: Alles falsch. Maduro bleibt. Das Kräftemessen in Lateinamerika zwischen dem Weißen Haus und dem Kreml weckt Erinnerungen an den Kalten Krieg.

Für Russland steht viel auf dem Spiel. Moskau könnte Milliarden verlieren, sollte der selbst ernannte Präsident Juan Guaidó den Machtkampf für sich entscheiden. Venezuela ist Russlands größter Waffenkunde in Lateinamerika. Zudem hat der russische Ölkonzern Rosneft Milliarden in das Geschäft mit dem schwarzen Gold investiert. Aber auch ein geopolitischer Verlust droht: Russlands Engagement in dem Land gilt seit langem auch als Antwort auf die Aktivitäten der USA auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion, wo Russland sich in seiner Einflusssphäre gestört sieht.

Trump hat hoch gepokert

Es sei aber unvorhersehbar, wie das Kräftemessen in Venezuela ausgeht, schrieb der Moskauer Außenpolitik-Experte Fjodor Lukjanow kürzlich. Zwar kann Maduro auch auf Unterstützung anderer autoritärer Staaten wie Kuba, China, der Türkei und des Irans setzen. Klar ist Russland aber auch, dass Trump schon jetzt hoch gepokert hat. "Sie sind schon sehr weit gegangen, um jetzt einfach zurückzuweichen", meinte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, in einem Radiointerview.

US-Präsident Donald Trump war am 23. Januar der erste, der den Parlamentschef Guaidó als rechtmäßigen Übergangspräsidenten anerkannte. Dem Schritt folgten mehr als 50 weitere Staaten, darunter auch Deutschland. Immer härtere Sanktionen - und eine immer schärfere Rhetorik - der USA führten aber seither nicht dazu, dass Guaidó in Caracas die Macht übernehmen konnte.

Moskau ätzt gegen Washington

Vielmehr sprechen russische Politiker und Experten Guaidó mittlerweile zunehmend selbstbewusst Führungsstärke ab. Er sei nicht in der Lage, das wichtige Militär auf seine Seite zu ziehen, einen Putsch zu organisieren oder die Erwartungen Washingtons erfüllen. Der Senator Wladimir Dschabarow ätzte in Moskau, der junge Mann könne Wunschdenken und Wirklichkeit nicht auseinanderhalten.

Und nicht zuletzt nutzt Moskau die Lage auch für einen Seitenhieb gegen die US-Außenpolitik. Als Trump Guaidós Ehefrau im Weißen Haus empfing, fragte Außenministeriums-Sprecherin Sacharowa, ob das nun irgendein neues außenpolitisches Format sein solle, wenn ein US-Präsident die Frau eines Regierungsgegners öffentlich empfange. Die Antwort gab sie selbst: "Das ist einfach nur absurd."

Russland und USA schaukeln sich im Konflikt hoch

Der Schlagabtausch wird härter. Beide Seiten werfen sich vor, die Lage in Venezuela zu verschärfen. Bei einem Telefonat mit seinem Kollegen Pompeo drohte der russische Außenminister Sergej Lawrow mit "drastischsten Konsequenzen", sollte Washington seine "aggressiven Schritte" fortsetzen. Vor allem warnen die Russen vor einem militärischen Eingreifen. Pompeo warf dagegen Moskau vor, "dass die Intervention Russlands und Kubas destabilisierend für Venezuela und für die bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Russland ist".

Die Spannungen mit Washington schaukelten sich besonders hoch, als Moskau im März rund 100 "Militärberater" nach Caracas flog. Trumps Nationaler Sicherheitsberater, der Hardliner John Bolton, warnte daraufhin vor "solchen provokanten Handlungen". Die USA betrachteten sie als direkte Bedrohung des internationalen Friedens.

Russland in Syrien schon erfolgreich

Zwar betonte Moskau, dass die Experten gemäß eines russisch-venezolanischen Abkommens über die militärisch-technische Zusammenarbeit in dem Land seien. Sie sind demnach nicht für Kampfeinsätze ausgebildet. Aber überprüfbar ist das kaum. Russland mahnt seither immer wieder, den Konflikt friedlich und durch innenpolitischen Dialog und Reformen zu lösen.

Die Krise in Venezuela ist nicht die einzige, in der Russland und die USA gegnerische Kräfte unterstützen. In Syrien beispielsweise sieht es ähnlich aus - und da hat sich Moskau durchgesetzt: Eine Ablösung von Machthaber Baschar al-Assad steht derzeit nicht mehr zur Debatte. Syrien ist aus Sicht der USA allerdings weit entfernt. Ganz anders verhält sich das mit Lateinamerika, einer Region, die die USA über Jahrzehnte quasi als ihren Hinterhof betrachteten und in der sie immer wieder intervenierten. Umso größer ist in den USA nun die Sorge über den wachsenden russischen Einfluss in der Gegend.

"Dreieck des Terrors" den USA ein Dorn im Auge

Die US-Denkfabrik Carnegie berichtete vor einem Jahr, Moskau strebe an, die russische Präsenz in Lateinamerika auszubauen - "vor allem auf Kosten Washingtons". Enge Beziehungen pflegt Russland nicht nur zu Venezuela, sondern auch zu Kuba und zu Nicaragua. Alle drei Länder sind ins Visier der Trump-Regierung geraten.

Sicherheitsberater Bolton sprach bereits im vergangenen November von einer "Troika der Tyrannei", einem "Dreieck des Terrors" und einer "schändlichen Wiege des Kommunismus in der westlichen Hemisphäre". Bolton sagte: "Die Vereinigten Staaten freuen sich darauf, jede Ecke des Dreiecks stürzen zu sehen." Allerdings wird Washington weiter mit Widerstand aus Moskau rechnen müssen.

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rw / Ulf Mauder / Can Merey DPA

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