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Maduro vs. Guaidó "Der gescheiterte Umsturzversuch zeigt, wer wirklich die Macht hält in Venezuela"

Ein Soldat in Venezuela trägt am 1. Mai ein Bild des Staatspräsidenten Nicolás Maduro
Ein Soldat in Venezuela trägt am 1. Mai ein Bild des Staatspräsidenten Nicolás Maduro
© Ruben Sevilla Brand / DPA
Der von der venezolanischen Opposition geplante Umsturz mit Hilfe des Militärs ist schiefgegangen. Weite Teile der Armee stehen zu Maduro und so lange das so ist, wird sich der Präsident halten können. Die Pressestimmen aus Deutschland.

Der gewaltsame Aufstand gegen den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro am Dienstag ist gescheitert, nun will der selbsternannte Interimspräsident Juan Guaidó mit einer Serie von Streiks die Macht in dem südamerikanischen Land an sich reißen. "Das Ende der unrechtmäßigen Machtübernahme" sei nah. Maduro hingegen sagte vor seinen Anhängern: "Wer in den Präsidentenpalast Miraflores will, muss nur eine Anforderung erfüllen: Wahlen gewinnen." Kugeln und Gewehre würden "niemals einen Präsidenten bestimmen". Außerdem drohte er den Putschisten, sie würden alle "früher oder später ins Gefängnis kommen und für ihren Verrat bezahlen".

Am Dienstag hatte der selbst ernannte Interimspräsident Juan Guaidó einige Soldaten auf seine Seite gezogen und den seit Jahren inhaftierten Oppositionsführer Leopoldo López aus dem Hausarrest befreit. Allerdings scheiterte der Versuch, größere Teile der Streitkräfte zum Überlaufen zu bewegen und Maduro aus dem Amts zu fegen. 

So kommentiert die Presse die Lage in Venezuela

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Beide 'Präsidenten' wirken zu schwach, um den Konflikt dauerhaft zu ihren Gunsten aufzulösen. Maduros Schwäche offenbarte sich am Dienstag, als Sicherheitskräfte den inhaftierten Oppositionellen Leopoldo López freiließen und Guaidó die Militärs forsch zum Regimewechsel aufrief. Schon vor gut drei Monaten hatte der Diktator den jungen Politiker zum Putschisten gestempelt. Angesichts der Stimmung im Land und der internationalen Drohkulisse hatte er es aber nicht wagen können, den Rivalen aus dem Verkehr zu ziehen. Dafür stand Guaidó am Ende des Dienstags wie ein Möchtegernkaiser ohne Kleider da. Das Gros der maßgeblichen Offiziere blieb Maduro treu."

"Süddeutsche Zeitung": "Maduros Lager wird zwar schwächer, ist aber nach wie vor stark. Wer die Bilder der regierungstreuen Demonstranten anschaut, sieht viele ältere oder älter werdende Menschen aus den barrios, wie in Venezuela die Armenvierteln heißen. Diese Menschen wollen an der chavistischen Revolution festhalten, auch wenn die längst zur ranzigen Diktatur geworden ist. In Maduros Netz von Abhängigkeiten, Patronage und Opportunismus, diesem in Tausenden Komitees und Milizen organisierten Apparat nach dem Modell Kubas und Nicaraguas, finden manche immer noch den Halt, den sie in Guaidós liberalem Versprechen eines freien Marktes nicht spüren. Es ist ein Modell ohne Nachhaltigkeit, aber wer im Armenviertel wohnt, denkt nur daran, wie er den nächsten Tag übersteht. So wie Nicolás Maduro."

"Die Welt": "Venezuela war schon einmal eine funktionierende Demokratie, weshalb die Hoffnung berechtigt ist, dass das Land nach dem Sturz Maduros zurückfinden könnte zu einer fairen Form demokratischen Wettbewerbs. Bis es dazu kommt, gilt dort jedoch weiter die Arithmetik purer physischer Macht: Solange Maduro die Mehrheit der Sicherheitskräfte auf seiner Seite hat, wird er sich halten. Sobald das wegbricht, stürzt sein morsches Regime zusammen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Fragen von Moral und Legitimität keinerlei Rolle spielen. Eher im Gegenteil. Nur eine Opposition, deren Anliegen moralisch und politisch berechtigt erscheinen, kann die Sicherheitskräfte davon überzeugen, die Seiten zu wechseln."

"Frankfurter Rundschau": "Die Eskalation verdeutlicht die Pattsituation der Lager in Venezuela. Die besteht im Grund seit dem 23. Januar, als Guaidó sich zum Interimspräsidenten erklärte. Seither ist es ihm nicht gelungen, Maduro aus dem Amt drängen. Die Folgen sind dramatisch für alle und die beste Nachricht, dass keine Seite den Machtkampf in einen bewaffneten Bürgerkrieg verwandelte. Damit das so bleibt, sind beschwichtigende Töne wie die von Außenminister Heiko Maas nötig. Die Bundesregierung sollte sich allerdings nicht nur hinter Guaidó stellen, sondern mit anderen EU-Staaten wie Frankreich und einigen lateinamerikanische Ländern wie Bolivien einen Weg aus diesem Konflikt suchen. Das dürfte langfristig erfolgversprechender sein, als wie die USA oder Russland nur eine Seite zu unterstützen. Denn egal, wer den Machtkampf für sich entscheidet, benötigt die andere Seite, um das gespaltene Land zu befrieden und wieder aufzubauen."

"Neue Osnabrücker Zeitung": "Das Militär ist der Schlüssel zur Macht in Venezuela, und der Versuch von Interimspräsident Juan Guaidó, diesen dem Machthaber Nicolas Maduro zu entwenden, ist gescheitert. Zu eng sind die Generäle mit dem Sozialisten verbandelt, zu viel Gewalt hat es bereits gegeben, als dass die hohen Militärs Maduro fallen lassen könnten, ohne selbst mit ihm zu stürzen. Die Unterstützung des Westens hat Guaidó bisher wenig genützt. Wollen Europa, die USA und die südamerikanischen Länder zu einem Wandel beitragen, dürfen sie es nicht bei Sanktionen und Appellen belassen. Sie müssen vielmehr eine glaubhafte Exit-Option für Maduro und seine Handlanger schaffen, am besten gemeinsam mit Moskau. Das wäre bitter für die Opfer des Regimes, aber die beste Chance auf einen Neuanfang für das gebeutelte Land."

"Neues Deutschland": "Juan Guaidós Versuch, den venezolanischen  Präsidenten Nicolás Maduro durch einen Militärputsch aus dem Amt zu  drängen, wirkt auf seltsame Art und Weise improvisiert. Offenbar wollte der venezolanische Oppositionsführer mit den inszenierten Bildern, die ihn neben Soldaten und seinem aus dem Hausarrest  befreiten Mentor Leopoldo López zeigten, eine Kettenreaktion in Gang setzen. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass Guaidó doch noch einen Trumpf in der Hinterhand hält. Nur deutet bisher nicht viel darauf hin. Mit ein paar bewaffneten Soldaten jedoch eine Autobahn zu besetzen, ohne sich eines breiten Rückhalts im Militär sicher zu sein, gleicht einem Spiel mit dem Feuer. Hätten sich größere Truppenkontingente hinter Guaidó gestellt, andere weiterhin die  Regierung gestützt, wären Tote wohl unvermeidlich gewesen."

"Volksstimme": "Bislang konnte sich Präsident Nicolás Maduro leisten, Guaidó gewähren zu lassen. Je offener Guaidó aber zum Umsturz aufruft, desto mehr gerät Maduro unter Zugzwang. Will er sich halten, wird er Stärke zeigen müssen. Alles läuft damit auf einen Showdown der Konflikparteien hinaus. Auch Maduro weiß aber, dass er nicht zu rücksichtslos agieren kann. Geht er zu hart vor, droht ihm die Intervention der USA. Wie etwa auch Russland verfolgen die USA eigene Interessen: Der innenpolitische Richtungsstreit, er ist außenpolitisch vor allem ein Taktieren der Großmächte um Zugriff auf die gewaltigen Ölvorkommen des südamerikanischen Landes."

"Nordwest-Zeitung": "Auch der jüngste Umsturzversuch im venezolanischen Machtkampf zeigt, wer wirklich die Macht hält in dem südamerikanischen Krisenland: nicht Präsident Nicolás Maduro, nicht Interimspräsident Juan Guaidó, sondern das Militär. Ohne das Militär wäre der autoritär regierende Maduro längst von dem unter seiner Misswirtschaft leidenden, hungernden Volk aus dem Amt gefegt worden. Doch er hat die Generäle an die wichtigsten Schaltstellen der Macht gesetzt. Warum sollten sie das freiwillig aufgeben? Es braucht ein Angebot, das Maduro und die Militärführung nicht ausschlagen können. Eines, das ihnen persönlich eine gute Zukunft verspricht. Nur so kann der Machtwechseln in Venezuela ohne Blutvergießen gelingen." 

fin DPA AFP

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