Es ist eine Woche her, da wurde Ex-US-Präsident Donald Trump von der New Yorker Justiz wegen einer Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin vor der Präsidentschaftswahl 2016 angeklagt. Historisch einmalig sind sowohl die Anklage als auch der Gerichtstermin, zu dem Trump in New York erschien – zumindest für die letzten 150 Jahre. Gesamtgeschichtlich gesehen ist Trump aber nicht der erste (ehemalige) Präsident in den USA, der wegen eines Vergehens strafrechtlich belangt wird.
1872 wurde Ulysses S. Grant, 18. Präsident der Vereinigten Staaten, in Washington verhaftet. Grant befehligte im Amerikanischen Bürgerkrieg (1861 - 1865) das Unionsheer als Generalkommandant bevor er zum US-Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gewählt wurde. 1869 besiegte er den demokratischen Gegenkandidaten Horatio Seymour und übernahm von 1869 bis 1877 das Amt des US-Präsidenten.
US-Präsident zu schnell mit der Kutsche unterwegs
Wegen seiner Vorliebe für schnelle Pferde wurde Grant 1872 von dem Polizisten William H. West verhaftet. Erst 1908 schilderte der damals bereits pensionierte Polizist den Journalisten des "Sunday Star", wie er den Präsidenten in Washington erwischte.
West war nach eigenen Angaben in Washington unterwegs, um die Geschwindigkeit der fahrenden Kutschen auf den Straßen zu überprüfen, als Präsident Grant mit viel zu hoher Geschwindigkeit an ihm vorbeirauschte. Die BBC berichtet von einem Zweispänner, in dem der US-Präsident unterwegs gewesen sein soll. Die "New York Times" berichtet allerdings, Grant habe mit Freunden ein Rennen veranstaltet.
Grant soll den Berichten zufolge zunächst von dem Polizisten ermahnt worden und mit dem Versprechen weitergefahren sein, langsamer unterwegs zu sein. Wie schnell Grant durch die Straßen Washingtons fuhr, ob es damals eine Geschwindigkeitsbegrenzung für Kutschen gab und wie hoch diese war, ist nicht überliefert. Nach Informationen des ADAC sind Kutschen normalerweise mit einer Geschwindigkeit von fünf bis sieben Kilometer pro Stunde unterwegs.
"Pflicht ist Pflicht, Sir, ich werde Sie verhaften müssen"
Am nächsten Tag patrouillierte West nach eigener Aussage in derselben Gegend, als der Präsident erneut zu schnell vorbeikam. Der Polizist habe Grant daraufhin verhaftet und zur nächsten Polizeistation eskortiert. Der "Sunday Star" zitiert West, dem die Entscheidung offenbar schwergefallen war: "Es tut mir sehr leid, Herr Präsident, das zu tun, weil Sie der Chef der Nation sind und ich nichts weiter als ein Polizist bin, aber Pflicht ist Pflicht, Sir, und ich werde Sie verhaften müssen."
Der Fall wurde einen Tag nach der Verhaftung vor dem Polizeigericht verhandelt. Über den Prozess wurde in den Nachrichten berichtet. Grant musste eine Kaution von 20 Dollar bezahlen – eine Summe, die heute 500 Dollar entsprechen würde. Er soll später selbst gesagt haben: "Lasst keinen schuldigen Mann entwischen, wenn es vermieden werden kann. Keine persönliche Betrachtung soll der öffentlichen Verpflichtung im Weg stehen."
Nicht nur Donald Trump: Gegen diese (Ex-)Regierungschefs wurde Anklage erhoben

Mehr als 100 Jahre später bestätigte das Polizeirevier in Washington die Geschichte des Polizisten West, der als Sklave geboren worden war, im Zivilkrieg in der Unionsarmee diente und danach als einer von zwei Schwarzen US-Amerikanern im Polizeirevier in Washington arbeitete.
Donald Trump in 34 Punkten angeklagt
Doch Ulysses S. Grant blieb nicht der einzige Präsident, der strafrechtlich belangt wurde.
1807 wurde der erste und damalige Ex-Vizepräsident der USA, Aaron Burr, des Hochverrats bezichtigt, mangels Beweisen aber vor Gericht freigesprochen. Auch Richard Nixon, 37. US-Präsident, der angesichts einer Strafverfolgung zurücktrat, wurde von seinem Nachfolger, Präsident Gerald Ford, 1974 bedingungslos begnadigt. Monate zuvor war Nixons Vizepräsident Spiro Agnew einer Anklage wegen Schmiergeldern entgangen.
Die Anklage gegen Donald Trump ist die erste gegen einen früheren US-Präsidenten. Die Staatsanwaltschaft unter der Leitung des Bezirksstaatsanwalts von Manhattan, Alvin Bragg, klagt ihn in 34 Fällen wegen Fälschung von Geschäftsunterlagen im Zusammenhang mit einem "Catch-and-Kill"-System an, mit dem negative Nachrichten über ihn vor der Wahl 2016 unterdrückt werden sollten.
Während des Wahlkampfs zahlte Trumps ehemaliger persönlicher Anwalt Michael Cohen dem Pornostar Stormy Daniels 130.000 Dollar, damit sie über eine Affäre schweigt, die sie mit Trump gehabt haben will.
Trump streitet die Vorwürfe und die Affäre ab, hat aber zugegeben, Cohen die Zahlung an Daniels erstattet zu haben. Er bezeichnete die Ermittlungen als politisch motivierte "Hexenjagd" und plädierte bei seinem ersten Auftritt vor Gericht auf "nicht schuldig".
Sollte Trump in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen und verurteilt werden, droht ihm rein theoretisch eine Haftstrafe von bis zu 136 Jahren. Die Maximalstrafe für sein Vergehen liegt bei vier Jahren und er ist in 34 Punkten angeklagt. Das gilt allerdings als extrem unwahrscheinlich. Beobachter rechnen im Fall einer Verurteilung eher mit einer Geldstrafe. Zudem würde Trump höchstwahrscheinlich gegen jede Verurteilung Berufung einlegen.
Quellen: BBC, "New York Times", CBS News, Reuters, mit Material von DPA und AFP