Infrastrukturminister Binjamin Ben-Elieser deutete an, dass die Offensive gegen die radikal-islamische Hisbollah noch bis zu zwei Wochen dauern könnte. Die Europäische Union rang unterdessen um eine gemeinsame Stellungnahme zur Lösung der Krise. Israels Justizminister Haim Ramon sagte, seit Beginn des Kriegs vor drei Wochen seien 300 der schätzungsweise 2000 Hisbollah-Kämpfer getötet worden.
Deutschland und Frankreich forderten den UN-Sicherheitsrat erneut zu schnellem Handeln auf. Nach einem Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Präsident Jacques Chirac teilte die Bundesregierung in Berlin mit: "Beide waren sich einig, dass schnellstmöglich eine dauerhafte Waffenruhe erreicht werden muss." Es sei unabdingbar, dass der Sicherheitsrat dafür die Voraussetzungen schaffe.
Israel beruft Reservisten ein
Die vom Sicherheitskabinett beschlossene Ausweitung der Offensive bedeute nicht, dass Israel den gesamten Südlibanon bis zum Litani-Fluss besetzen wolle, hieß es in politischen Kreisen. Der Fluss liegt etwa 20 Kilometer nördlich von Israel und gilt als strategische Grenzlinie. Für Verwirrung sorgten Medienberichte, die israelische Armee habe Bewohner einiger Gebiete nördlich des Litani zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert. Das Militär wies die Berichte zurück.
Die israelischen Boden- und Luftstreitkräfte setzten ihre Angriffe auf libanesisches Gebiet fort, obwohl eigentlich seit Montag eine 48-stündige Feuerpause für Luftangriffe gelten sollte. Südlich des Gebiets um Kafr Kila seien Kämpfe im Gange, erklärte ein Sprecher der UN-Friedenstruppe Unifil. Bei Aita al-Schaab schlugen Artilleriegranaten ein; die Hisbollah berichtete von schweren Feuergefechten mit israelischen Truppen.
Der Fernsehsender Al-Arabija berichtete, bei den jüngsten Kämpfen seien drei Israelis gefallen. Israel bombardierte außerdem den Osten und Süden des Libanon aus der Luft. Rundfunkberichten zufolge berief Israel mindestens 15.000 weitere Reservisten ein. Seit Beginn der Kämpfe vor drei Wochen sind über 600 Libanesen und 51 Israelis getötet worden.
Der Infrastrukturminister und frühere Generalstabschef Ben-Elieser sagte dem Armeerundfunk, die Offensive werde noch mindestens zehn Tage dauern. Sein Kabinettskollege Meir Schitrit räumte ein, Israel könne nicht alle der schätzungsweise 13.000 Raketen der Hisbollah ausschalten, die seit Beginn des Krieges nahezu täglich im Norden des Landes einschlagen. „Es gibt keinen Weg, auch die letzten Hisbollah-Raketen zu zerstören“, sagte Schitrit dem israelischen Rundfunk.
EU kritisiert Israel
Die EU-Außenminister kamen in Brüssel zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. „Der Rat fordert einen sofortigen Waffenstillstand“, hieß es im Entwurf einer Erklärung. Zugleich warnten die Minister beide Kriegsparteien vor Verstößen gegen das Völkerrecht. Großbritannien will sich Diplomaten zufolge der Forderung nicht anschließen. Auch Deutschland, Polen und Tschechien hätten sich für andere Formulierungen eingesetzt, hieß es.
Unmittelbar vor dem Treffen kritisierte die finnische EU-Ratspräsidentschaft die Ausweitung der israelischen Offensive. Auf diese Weise werde der Extremismus im Nahen Osten nur verstärkt, sagte Außenminister Erkki Tuomioja.
Die UN wollen vermutlich noch in dieser Woche über die Entsendung der internationalen Schutztruppe in den Libanon beraten. Ein ursprünglich für Montag geplantes Treffen fand jedoch nicht statt. Ein UN-Vertreter sagte, die geplante Sitzung sei verschoben worden „bis es mehr politische Klarheit“ über den zu beschreitenden Weg gebe. US-Präsident George W. Bush schloss eine Beteiligung an der Truppe aus, stellte ihr aber logistische Unterstützung in Aussicht.
Alaa Shahine/Reuters