Es war mal wieder ein typischer Auftritt von Mahmud Ahmadinedschad. Wissend, dass er damit den Westen maximal provoziert, ordnete er am Sonntagnachmittag vor laufenden Kameras die Produktion von hochangereichertem Uran im eigenen Land an. Und dann setzte er noch zwei Sätze hinzu, die sich nur als Projektion begreifen lassen. Er sei es leid, "Spielchen zu spielen", wolle aber die Verhandlungen auch nicht beenden. "Wir haben diesen Weg nie blockiert", sagte Ahmadinedschad, "aber wir verschwenden auch keine Zeit für irrelevante Diskussionen".
Diese Sätze müssen in den Ohren der Teilnehmer der Münchner Sicherheitskonferenz wie blanker Hohn geklungen haben. Denn es war Ahmadinedschad selbst, der Mitte der Woche signalisiert hatte, auf die landeseigene Produktion von hochangereichertem Uran zu verzichten. Nur deshalb wurde sein Außenminister Manuchehr Mottaki kurzfristig nach München eingeladen. Doch Mottaki überhäufte das Publikum mit bizarren Anmerkungen zur Rechtsstaatlichkeit des Iran und knüpfte den Verzicht auf die Produktion von hochangereichertem Uran an so viele Bedingungen, dass klar wurde: Niemand anderes als der Iran spielt Spielchen. Um ernsthafte Verhandlungen zu torpedieren und Zeit zu gewinnen.
Liebermann platzte der Kragen
Entsprechend harsch waren die Reaktionen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach von einer "ausgestreckten Hand", die ins Leere greife; Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg verschärfte die Metapher, und merkte an, der Iran habe die Hand "weggeschlagen". Dem amerikanische Senator Joe Liebermann platzte der Kragen, er spekulierte bereits über einen möglichen Militärschlag, um eine atomare Bewaffnung des Iran zu verhindern. Westerwelle warnte immerhin die deutsche Exportwirtschaft, die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran könnten verschärft werden. Dies wird wohl tatsächlich die erste Antwort des Westens sein.
Die Internationale Atomenergiebehörde hatte dem Iran den Vorschlag gemacht, schwach angereichertes Uran im Ausland weiter anreichern zu lassen. Das hätte eine gewisse Kontrolle über das iranische Atomprogramm erlaubt. Aber Ahmadinedschad hat diese Option offenbar nie ernsthaft erwogen.
Will die USA die Bundeswehr "entmachten"?
Der Atomstreit mit dem Iran dominierte die Konferenz - und ließ das Thema Afghanistan in den Hintergrund treten. Die Nato hatte kürzlich beschlossen, ihre Truppen am Hindukusch von derzeit 110.000 auf rund 150.000 Soldaten aufzustocken und die Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte wesentlich energischer voranzutreiben. Das ist ganz im Sinne des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai. Er sagte in München, sein Land wolle bis 2015 selbst für die Innere Sicherheit sorgen und niemandem mehr zur Last fallen.
Für Ärger mit Deutschland könnten die Pläne der USA sorgen, ihre Truppen in Nordafghanistan massiv aufzustocken. Die Bundeswehr, die dort die Verantwortung trägt, gerät so in den Geruch der Führungsschwäche. Medienberichten zufolge wollen die USA die Bundeswehr de facto "entmachten" und sich von ihr keine Befehle erteilen lassen. Außerdem gehe den USA die Stabilisierung der Region zu schleppend voran.
Debatte um Nato-Strategie
Bei der Debatte über eine neue globale Sicherheitsarchitektur stand auch die künftige Rolle der Nato zur Diskussion. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte, das Bündnis könne ein Forum für globale Sicherheitsfragen werden. Dies bedeute nicht, dass die Allianz rund um die Welt militärisch aktiv sein wolle. Rasmussen plädierte für neue Partnerschaften mit Ländern wie China, Indien und Pakistan. Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg merkte kritisch an, es werde zu viel geredet und zu wenig voran gebracht. Er stellte das Prinzip der Einstimmigkeit in Frage, das bislang die Grundlage von Nato-Beschlüssen ist. Das Bündnis will im November in Lissabon eine neue Strategie beschließen.