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Neuer Präsident in Ägypten Machtwechsel im Hauruck-Verfahren

Er schwört, die "Interessen des Volkes zu schützen": Mit Adli Mansur hat das Militär einen neuen Präidenten installiert. Der Verfassungsrichter soll das zerstrittene Land zur Demokratie führen.

Nur Stunden nach dem Sturz von Ägyptens Staatschef Mohammend Mursi hat die Armee am Donnerstag Verfassungsrichter Adli Mansur übergangsweise zu seinem Nachfolger gemacht. Er schwöre, "die Interessen des Volkes zu schützen", sagte Mansur bei seiner Vereidigung in der Hauptstadt Kairo. Während Gegner Mursis dessen Entmachtung feierten, wurde international eine rasche Rückkehr zu demokratischen Verhältnissen angemahnt. Der 67-jährige Mansur soll nach dem Willen des Militärs in der kommenden Übergangsperiode an der Spitze eines dreiköpfigen Präsidialrats stehen. Nach seiner Vereidigung würdigte er "das ägyptische Volk, das seit dem 30. Juni den Verlauf seiner ruhmreichen Revolution korrigiert hat". Er bezog sich auf den Beginn neuer Massenproteste zu Mursis erstem Jahrestag im Amt am vergangenen Sonntag. Die Armee habe auf "die Forderungen des Volks" reagiert, sagte Mansur.

Nach tagelangen Massenprotesten, bei denen dutzende Menschen getötet worden waren, hatte die Armeeführung Mursi am Mittwochabend entmachtet. Armeechef Abdel Fattah al Sisi kündigte die Bildung einer Regierung aus Fachleuten an. Die islamistisch geprägte Verfassung wurde außer Kraft gesetzt und soll überarbeitet werden. Zudem soll es rasch Neuwahlen geben.

Führende Muslimbrüder festgenommen

Mursi selbst wurde der Armee zufolge "vorsorglich" festgenommen. Ein Vertreter der Mursi nahestehenden islamistischen Muslimbruderschaft sagte, Mursi sei ins Verteidigungsministerium gebracht worden. Am Donnerstag ist auch der Chef der Muslimbrüder Mohammed Badie festgenommen worden. Dies verlautete am Donnerstag aus Sicherheitskreisen. Zuvor waren bereits der Chef der Partei für Freiheit und Gerechtigkeit, des politischen Arms der Muslimbrüder, Saad al-Katatni, sowie ein Vize-Chef der Muslimbrüder, Raschad Bajumi, festgenommen worden. Zudem seien gegen gegen den Chef der Muslimbrüder, Mohammed Badie, und seinen ersten Stellvertreter Chairat al Schater Haftbefehle erlassen worden, hieß es aus Justizkreisen. Beiden werde vorgeworfen, die tödlichen Zusammenstöße zwischen Anhängern und Gegnern Mursis am Sonntag vor dem Hauptsitz der Muslimbrüder in Kairo provoziert zu haben. Laut der staatlichen Zeitung "Al-Ahram" wird nach insgesamt 300 Mitgliedern der Muslimbrüder gefahndet.

Hupkonzerte und Feuerwerk

Mursi, dem seine Gegner vorwerfen, die Revolution des Jahres 2011 verraten zu haben, betonte noch nach seinem Sturz in einer Videoansprache, er sei weiterhin "der gewählte Präsident Ägyptens" und das Volk müsse seine "Legitimität verteidigen". Die Sicherheitskräfte schalteten einen TV-Sender der Islamisten ab und nahmen Mitarbeiter eines weiteren Senders fest, der Mursis Ansprache ausgestrahlt hatte. Zehntausende Demonstranten in Kairo feierten die Entmachtung Mursis. Mit Hupkonzerten und Feuerwerken zogen sie durch die Straßen der Hauptstadt. Panzer versperrten die Zufahrt zu Versammlungen von Mursi-Unterstützern. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich besorgt über den Eingriff der Armee in die Politik. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und das EU-Parlament forderten rasche Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sowie die Verabschiedung einer Verfassung.

Warnung des Auswärtigen Amtes

Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte die schnellstmögliche Rückkehr "zur verfassungsmäßigen Ordnung". "Das ist ein schwerer Rückschlag für die Demokratie in Ägypten", erklärte er. Das Auswärtige Amt hat die Sicherheitshinweise für Reisen nach Ägypten erneut verschärft. Das Ministerium empfiehlt, alle nicht zwingend notwendigen Besuche in den Großstädten Kairo und Alexandria zu vermeiden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International äußerte die "Sorge, dass es zu Repressalien und Racheakten kommt". Ägyptische Sicherheitskräfte hätten sich "in der Vergangenheit immer wieder schwerer Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht", erklärte sie.

be/AFP/DPA DPA

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