Papst Benedikt XVI. im Libanon Christliche Friedensbotschaft contra Islamhass-Video

Von Stefffen Gassel, Beirut
Der Papst fliegt in turbulenten Zeiten nach Nahost. Während er im Libanon zum Frieden mahnt, tobt im benachbarten Syrien der Bürgerkrieg. Und die islamische Welt ist wegen eines Videos in Aufruhr.

Ich bringe Euch meinen Frieden", steht auf den riesigen Plakaten mit dem Konterfei des Papstes über der Stadtautobahn von Beirut. Doch so sehr sich Christen und Muslime hier auf den dreitägigen Besuch von Benedikt XVI. freuen - dass er dieses Versprechen einlösen kann, glaubt kaum jemand.

Die Lage ist angespannt im Libanon und im gesamten Nahen Osten. Nicht nur wegen des blutigen Bürgerkriegs jenseits der Grenze zu Syrien, der die fragile Stabilität des Libanon zu zerstören droht. Seit die Empörung über den in den USA gedrehten Mohammed-Film eines aus Ägypten stammenden Christen überall in der Region Menschen zu Tausenden auf die Straßen treibt, steht der Papst-Besuch unter noch dunkleren Vorzeichen als ohnehin.

Die libanesischen Behörden sind darum in höchster Alarmbereitschaft. Entlang der Route, die der Papst vom Flughafen durch die Stadt zur Kathedrale von Harissa in den Bergen nehmen wird, sind alle fünfzig Meter schwer bewaffnete Soldaten postiert. Sie werden unterstützt von gepanzerten Fahrzeugen am Boden und Hubschraubern in der Luft. Sie sollen dafür sorgen, dass es während der "Pilgerfahrt des Friedens" - so beschreibt der Vatikan die dreitägige Papst-Reise - auch wirklich friedlich bleibt. Zum Höhepunkt, einer Messe an der "Beirut Waterfront" direkt am Mittelmeer, werden 80.000 Gläubige erwartet.

Auch syrische Gläubige hoffen auf Benedikt

"Wir hoffen und beten, dass der Papst helfen kann, die Gewalt in unserer Heimat zu stoppen", sagte nur Stunden vor der Ankunft Benedikt XVI. der syrisch-orthodoxe Bischof von Homs, Silvanus Butros al-Naameh zu stern.de. Kaum eine Stadt in Syrien hat in den vergangenen Monaten so gelitten wie seine. Die Christen geraten im Konflikt zwischen Assad-Regime und der bewaffneten Opposition mehr und mehr ins Kreuzfeuer. "Mehr als 100.000 Christen sind aus Homs geflohen", erzählt der Bischof. "Ich war das letzte Mal Anfang Juni in meiner Kirche." Da hatten Artillerie-Granaten der syrischen Armee gerade Dach und Wände weggerissen und das nahegelegene Waisenhaus zerstört.

Vom nächsten Angriff auf die Kirche erfuhr der Bischof nur noch per Internet: Unbekannte jagten am 1. September mit einem Sprengsatz den Innenraum in die Luft. Das Video des zerstörten Gotteshauses aus dem 1. Jahrhundert nach Christus steht nun auf Youtube. Auf die Frage, wer hinter dem Angriff steckt, antwortet der Bischof vieldeutig: "Fragen Sie Gott." Die Angst vor Racheakten beider Seiten, des Regimes und der Rebellen, sitzt bei Syriens Christen tief.

Furcht vor Zuständen wie im Irak

Immer mehr von ihnen sehen angesichts der eskalierenden Gewalt ohnehin keine Zukunft mehr für ihre Religion im Nahen Osten - dort, wo sie vor mehr als 2000 Jahren entstand. Zwar versuchen die Kirchenführer den drohenden Exodus aufzuhalten. Selbst der Bischof aus Homs sagt: "Syrien ist unser Land. Die Kirche versucht, die Leute zum Bleiben zu bewegen. Aber die, die gehen wollen, kann ich kaum umstimmen. Wie soll ich diesen Familien garantieren, dass sie morgen wieder in Sicherheit leben können?" Viele sehen Zustände wie im Irak heraufziehen. Von dort sind in den vergangenen zehn Jahren über eine Million Christen vor Gewalt und Bürgerkrieg geflohen.

Ob im Libanon, in Syrien oder in Ägypten: Die Erschütterungen des Arabischen Frühlings alarmieren Christen überall im Nahen Osten. Ihnen die Angst vor der Zukunft zu nehmen und die Grundlage für Dialog und Respekt zwischen Muslimen und Christen zu stärken - das hat sich der Papst während der drei Tage im Nahen Osten vorgenommen. Ob die Mission gelingt, ist fraglich. Selbst hohe Vatikan-Vertreter wie der Islamwissenschaftler Miguel Angel Giuxot warnen vor allzu großem Optimismus: "Lassen Sie uns die Gefahr nicht vergessen, dass die Demokratie missbraucht werden könnte, um Extremismus und Fundamentalismus zu legitimieren."