In Polen hat eine Frau eine Abtreibungspille genommen und sich deswegen bei ihrer Psychiaterin gemeldet. Die schickt daraufhin einen Krankenwagen. In der Notaufnahme rückt die Polizei dann der Patientin zu Leibe – und sorgt damit für eine große Debatte.
Ein Polizeieinsatz in der Notaufnahme wegen einer Patientin, die eine Abtreibungspille genommen hatte, sorgt in Polen für Aufruhr. Der Menschenrechtsbeauftragte Marcin Wiacek forderte von dem Chef der zuständigen Polizeidirektion in Krakau eine Aufklärung des Vorfalls.
Die Patientin, von der nur der Vorname Joanna bekannt ist, hatte am 27. April ihre Psychiaterin angerufen und gemeldet, dass sie eine Abtreibungspille genommen habe, wie der Sender TVN24 berichtete. Die Frau sagte demnach, sie fühle sich körperlich und psychisch schlecht, habe aber keine Selbstmordgedanken. Die Ärztin schickte daraufhin einen Krankenwagen und eine Polizeistreife zu ihrer Wohnung.
Die Patientin wurde in die Notaufnahme eines Krankenhauses gebracht. Die Polizei blieb bei ihr. "Die Polizistinnen sagten mir, ich solle mich ausziehen, Kniebeugen machen und husten. Ich zog mich aus, aber nicht meine Unterhose, weil ich immer noch blutete. Es war erniedrigend und demütigend für mich", erzählte die Frau TVN24.
Polizei bedrängt Frau in Notaufnahme
Ein Arzt aus der Notaufnahme berichtete dem Sender, vier Polizeibeamte hätten um die verängstigte Frau herumgestanden und den Medizinern die Arbeit erschwert. Außerdem habe die Polizei den Laptop der Frau konfisziert. Als Arzt und Patientin fragten, warum das notwendig sei, hätten die Polizisten erklärt, dieser müsse für das "Protokoll der Festnahme" sichergestellt werden. Der Grund: Die Bezirksstaatsanwaltschaft Krakau ermittelt wegen Beihilfe zum Selbstmord und Beihilfe zum illegalen Schwangerschaftsabbruch.
Im Jahr 2021 war in Polen nach einem umstrittenen Urteil des Verfassungsgerichts ein verschärftes Abtreibungsrecht in Kraft getreten. Seitdem dürfen Frauen auch dann keine Abtreibung vornehmen, wenn das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen aufweist.
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Meadow Walker
Animiert von der Entscheidung des Supreme Courts in den USA sprach auch Meadow Walker über ihre eigene Abtreibung. Sie erzählte auf Instagram, dass sie 2020 selbst eine Abtreibung hatte. Die Entscheidung des obersten Gerichts sei ein "großer Rückschritt in der Geschichte" und eine "tiefe Ungerechtigkeit gegenüber Frauen in den Vereinigten Staaten", so die Tochter von Filmstar Paul Walker. "Es gibt unzählige Frauen, die mit der Entscheidung kämpfen, eine Abtreibung vornehmen zu lassen", fuhr Walker fort. "Auch ich habe mit dieser Entscheidung gekämpft, aber 2020 – während die Welt unter der Pandemie kollabierte – hatte ich eine Abtreibung." Es sei eine "sehr private und persönliche Erfahrung", schilderte die 23-Jährige. "Und so sollte es auch sein."
In einer Stellungnahme der Polizei hieß es, die Psychiaterin habe bei ihrem Anruf in der Einsatzzentrale davon gesprochen, dass ihre Patientin möglicherweise Selbstmord begehen wolle und eine unbekannte Substanz eingenommen habe. Die Frau habe den Beamten gegenüber angegeben, das Mittel im Internet gekauft zu haben, aber Informationen zu weiteren Details verweigert. "Wir wollten die Person identifizieren, die ihr die Medikamente verkauft hat, und die Legalität, aber vor allem Sicherheit der Quelle prüfen", sagte der Polizeikommandant laut "Süddeutscher Zeitung".
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Ein ehemaliger Ombudsmann für Bürgerrechte hat laut der Zeitung eine andere Theorie: Die Polizei wolle Joanna unglaubwürdig machen und habe auf einer Pressekonferenz unnötigerweise weitere persönliche Details über ihre Krankengeschichte genannt. "Sie wissen, dass ein solches Vorgehen unrechtmäßig ist", sagte der Ex-Ombudsmann der "Süddeutschen", aber das größere Ziel sei, eine Atmosphäre der Angst zu schaffen.
Polens Regierung steht hinter der Polizei
Polens rechtsnationale PiS-Regierung stellt sich hinter die Polizei. Diese habe alles getan, um das Leben der Frau zu retten. "Sie hatte Gewissensbisse, weil sie ihr eigenes Kind getötet hatte, und wollte sich das Leben nehmen", sagte Justizminister Zbigniew Ziobro demnach.
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Die Oberste Ärztekammer Polens hat nach eigenen Angaben eine Untersuchung des Falles eigeleitet. "Nach den uns vorliegenden Informationen wurden die Dienststellen über einen möglichen Selbstmordversuch informiert. Jeder Arzt, der einen solchen Versuch vermutet, ist verpflichtet, die zuständigen Behörden zu benachrichtigen, um das gefährdete Leben zu retten", heißt es laut "TVN24" seitens der Ärztekammer. Die Anrufe würden aufgezeichnet und könnten daher überprüft werden. "Im Falle eines Verstoßes gegen das Arzt-Patienten-Privileg wird der zuständige Prüfer für Berufshaftpflicht eine Untersuchung der Angelegenheit einleiten", so der Wortlaut in der Erklärung. Gleichzeitig prangert die Ärztekammer an, dass der Vorfall ein Verstoß gegen die Patientenrechte darstellt.
Der amtierende Ombudsmann für Bürgerrechte gab ebenfalls eine Erklärung zu Joannas Leidensweg ab und sagte, er habe von dem Vorfall durch Medien erfahren. "Wir haben sofort Maßnahmen ergriffen, um die Situation zu erklären und alle Umstände zu überprüfen."
Inzwischen hat die Frau sich via Instagram zu Wort gemeldet: "Mir fehlen immer noch die Worte, um meine Dankbarkeit zu beschreiben. Sie scheinen alle unzureichend angesichts der überwältigenden Menge an Unterstützung, die mich erreicht", schreibt sie. Besonders dankt sie den Frauen: "Ihr seid schön. Ihr seid weise. Ihr seid stark. Wir werden nicht aufgeben!"