Es war ein wunderschöner Traum: Genau eine Woche vor dem Beitritt Zyperns in die Europäische Union würden sich Griechen und Türken auf der seit 30 Jahren geteilten Insel die Hand zur Versöhnung reichen und gemeinsam gen Brüssel ziehen, unter den Klängen der Euro-Hymne aus Beethovens Neunter, in der es so schön heißt, dass alle Menschen Brüder werden. Daraus wurde nichts: Beim Volksentscheid am 24. April stimmten 76 Prozent der griechischen Zyprioten gegen die Wiedervereinigung mit ihren türkischen Nachbarn, die ihrerseits zu 65 Prozent dafür votierten. Nun treten die Griechen allein ein in die EU; die Inseltürken lassen sie hinter sich in einem verarmten, durch ein Embargo abgeschnürten Gänsefüßchen-Staat, der einem Freiluft-Gefängnis gleicht, anerkannt nur von Ankara.
Für Veteranen der Zypernfrage steht seither die Welt Kopf: Drei Jahrzehnte lang war jeder Aussöhnungsversuch an der starren Haltung des heute 80-jährigen Rauf Denktasch gescheitert, der die Türken seit dem blutigen Sommer von 1974 als Staatspräsident mit eiserner Faust regiert. Die Griechen hingegen hatten stets versichert, die Wiedervereinigung sei ihr Herzenswunsch.
Kein Rendezvous mit der Geschichte
Doch nun waren es die Türken, die trotz Denktaschs Machenschaften "Evet", ja, zum Frieden sagten, während die Griechen mit "Ochi" stimmten, mit nein, allen voran ihr Staatspräsident Tassos Papadopoulos. Der 70-jährige Erznationalist, der wie Denktasch in London Jura studiert hat, schürte in den Wochen vor dem Referendum sämtliche Ängste seiner Landsleute vor dem türkischen Erzfeind. Das Musterbeitrittsland Zypern mit seiner kerngesunden Wirtschaft und dem höchsten Bruttosozialprodukt aller neuen EU-Staaten mutierte über Nacht "zu einem Albtraum", wie ein Eurokrat urteilte. "Wieder einmal haben wir unser Rendezvous mit der Geschichte verpasst", sagt Takis Hadjidemetriu, der aus Protest gegen den Wahlausgang seinen Job als Koordinator des EU-Beitritts der Insel kündigte.
Zypern hätte zum neuen Beispiel für die Überwindung des Nationalismus werden können, nun bleibt es, was es für die meisten immer war: ein billiges Urlaubsparadies, eine einzige Liegewiese vornehmlich für Brit-Prolls, die im Halbstundentakt mit Charterflügen in Larnaka landen und sich anschließend trennen: Die Senioren werden nach Paphos gekarrt, die trinkfesten Teenies landen im Gaga-Kombinat Agia Napa, wo sie tagsüber am Badestrand röten und nächtens in Etablissements wie dem ganz im Fred-Feuerstein-Look gehaltenen "Bedrock Inn" Plastikkeulen schwingen, Karaoke singen und abtanzen bis zum Erbrechen. Aphrodite, die in Zypern einst mit nichts als Meerschaum bekleidet den Wellen entstiegen sein soll, würde heute vor Schreck kehrtmachen angesichts der trunkenen Invasoren aus Newcastle oder Glasgow sowie der vielen Autowracks und kaputten Klos, die die Zyprioten gerne irgendwo in der Landschaft deponieren.
Fernab der Touristenströme indes ist Zypern eine wilde, schöne und unendlich traurige Insel, in ihrer langen und tragischen Geschichte immer wieder umkämpft und dabei ungeliebt von mächtigen Eroberern, die sie als Truppenübungsplatz oder Schlachtfeld für Stellvertreterkriege missbrauchten. Die Vorletzten, die Zypern einnahmen, waren die türkischen Osmanen. 300 Jahre lang herrschten die Sultane gleichgültig über das mehrheitlich von Griechen bewohnte Zypern. Es interessierte sie so wenig, dass sie es 1878 an Großbritannien abgaben, das sie im Gegenzug vor den Russen schützen sollte. Für die Briten war Zypern nie mehr als ein strategischer Vorposten im östlichen Mittelmeer, der zunächst als Sprungbrett in die Levante diente, später als Nachschubbasis für die Truppen am Suezkanal. Die Bevölkerung der Insel ließ sie kalt.
Ruf nach Vereinigung
Ab den dreißiger Jahren gab es immer wieder Aufstände gegen die Kolonialmacht. Aber erst 20 Jahre später rief die Untergrundbewegung EOKA unter Führung von Georgios Grivas zum Kampf auf und verübte zahlreiche Attentate gegen die Briten - und gegen die ungeliebten Inseltürken. Die - immerhin 18 Prozent der Bevölkerung - gründeten daraufhin die Bewegung TMT und kämpften gegen die EOKA. Die Griechen riefen nach Enosis, nach Vereinigung mit Griechenland, die Türken nach Taksim, nach Teilung der Insel. Das Chaos wurde komplett, als die Regierungen in Athen und Ankara sich immer heftiger einmischten, woran sich bis heute nichts geändert hat.
Schließlich zogen die Briten entnervt ab und entließen 1960 eine zerstrittene Nicht-Nation in die Unabhängigkeit. Dafür mussten ihnen die Zyprioten die Militärstützpunkte Akrotiri und Dekeleia überlassen. Ein mühsam ausgehandelter Frieden zwischen den beiden Volksgruppen währte nur drei Jahre. Dann kam es seitens militanter Enosis-Befürworter zu Pogromen gegen die Türken, deren Repräsentanten sich aus dem Parlament zurückzogen. Fortan lebte die Minderheit isoliert in Ghettos und Enklaven.
Als 1967 in Athen eine Militärjunta putschte, starb auf Zypern der Traum von Enosis. Die meisten Inselgriechen wollten lieber unabhängig sein als in einer Diktatur leben. Doch jetzt trachteten die griechischen Generäle danach, sich Zypern einzuverleiben, und wurden dabei von den USA unterstützt. Indes scheiterten sie 1974 bei dem Versuch, Staatspräsident Makarios zu ermorden.
"Operation Attila"
Das Attentat diente den Türken in Ankara als Vorwand, um ihren Traum von Taksim wahr zu machen. Während der "Operation Attila" besetzten sie ein Drittel der Insel, halbierten die Hauptstadt Nikosia, stationierten geschätzte 35 000 türkische Soldaten auf dem eroberten Gebiet und begannen, Siedler aus Anatolien ins Land zu locken. Hunderte von Menschen kamen damals ums Leben, bis heute gibt es zahlreiche Vermisste. Jeder dritte Grieche - insgesamt 200 000 Menschen - verlor seine Heimat und floh nach Süden, 45 000 Türken mussten in den Norden emigrieren. 29 Jahre lang war die von 1200 UN-Blauhelmen bewachte "grüne Linie", wie die 180 Kilometer lange Pufferzone zwischen der Republik Zypern und der nicht anerkannten "Türkischen Republik Nordzypern" genannt wird, unpassierbar für die Zyprioten; es ist gerade mal ein Jahr her, dass sie einander besuchen können und zurückkehren dürfen in ihre Vergangenheit, die einmal Heimat war.
"Zypern ist ein verletztes Land", sagt der Journalist Andreas Hadjipapas, der aus seinem Büro auf eine lärmende Straße in Nikosia blickt, mit übervollen Cafés und tosendem Verkehr. Nur ein paar Kilometer von hier ist die gespenstisch stille Grenze, mit Soldaten, Sandsäcken, Stacheldraht und dem ehemaligen Luxus-Hotel Ledra Palace, in dem heute Blauhelme einquartiert sind. "Wir sind Gefangene unserer Vergangenheit. Aber nicht auf ewig." Daran glaubt auch der Geschäftsmann Georgios Vassilopoulos. "Sicher trennt uns vieles von den Türken. Aber uns einen östlicher Charme und britische Gesetze."
Malta ist dagegen eine friedliche Ex-Kolonie der Briten. Wenn es das Land nicht gäbe, müsste der Papst es erfinden. Es hat bloß 316 Quadratkilometer, aber 359 Kirchen. Die Bevölkerung ist zu über 98 Prozent katholisch. Wer ein Einkaufszentrum oder eine Discothek ohne den Segen eines Priesters eröffnet, muss mit Konkurs rechnen. Scheidung ist ebenso verboten wie Abtreibung, Verhütungsmittel sind geächtet, der "Playboy" wird zensiert. Zur Sünde herrscht kaum Gelegenheit, da jeder jeden kennt.
24 Stunden täglich Gebet und Gesang auf Kanal "Radju Maria"
65 Prozent der Einwohner gehen sonntags zur Messe. Der Rest betet an den übrigen Wochentagen zu Allah, wie Gott hier heißt - schon um sechs stehen die ersten Gläubigen Schlange vor den vielen Kathedralen und Kirchen. Die maltesischen Teenager, die sich jeden Samstagabend in Paceville auf "Bottle Parties" betrinken, gewandet in gewagte Mini-Röcke oder Grunge, schlafen ihren Rausch am nächsten Tag in der Kirche aus. "Natürlich geh isch in die Messe", nuschelt undeutlich ein junger Mann namens Redeemer, Erlöser, in seinen Baccardi-Flachmann. "Ich auch", sagt seine Freundin, "aber natürlich nicht mit ihm, sondern mit meinen Eltern." Sie heißt Maria, so scheint hier jedes zweite Mädchen zu heißen, und auf Kanal "Radju Maria" wird 24 Stunden täglich gebetet und gesungen, dass einem die Ohren nur so klingen.
Willkommen im Saudi-Arabien des Christentums, einem "Club Med für Päpste", wie die "New York Times" den Bonsai-Staat einmal nannte. 400 000 tief fromme Menschen drängeln sich auf den Inseln Malta, Gozo und Comino, drei kargen Felsen, die südlicher liegen als Afrikas Nordspitze. Zwar hat selbst Bochum mehr Einwohner, doch mit 1200 Menschen pro Quadratkilometer gehört der Staat zu den dichtest besiedelten der Erde.
Aber ist Malta mit seiner Billigflagge und seinen englischen Sprachschulen eigentlich ein Staat oder eher ein Witz der Weltgeschichte? Wechselnde Invasoren haben hier ein kunterbuntes Gemisch von Spuren hinterlassen, sizilianische Paläste in Mdina, englische Telefonhäuschen in Valletta, einen arabischen Dialekt als Landessprache, Linksverkehr auf den stets verstopften Straßen, geteilte Loyalitäten beim Fußball - die einen favorisieren Italien, die anderen die Briten. Gibt es trotzdem eine nationale Identität?
76 Ausnahmeregelungen für die kapriziöse Primadonna
Auf derlei Fragen von ahnungslosen Fremden reagieren die Malteser zumeist tief beleidigt. "Ha!", sagt indigniert der 54-jährige Postbeamte Paul Xorb, der wie jeden Abend seine Angel ausgeworfen hat in der Pretty Bay von Birzebugga, die nicht wirklich "pretty" ist mit ihrem Blick auf den Freihafen Kalafrana, wo rund um die Uhr Tausende von Containern verladen werden, aus Europa nach Afrika, aus Afrika nach Europa. "Wir sind ganz anders als alle anderen, eben weil alle anderen hier waren." Wie viele seiner Landsleute blickt er dem EU-Beitritt mit Bangen entgegen, er fürchtet, dass Malta sich dann "auflösen wird wie Brausepulver". Die Angst scheint unberechtigt: In die trickreichen Verhandlungen mit den Eurokraten ist die Regierung des Lilliput-Landes hineinstolziert wie eine kapriziöse Primadonna. Und hat prompt 76 Ausnahmeregelungen durchgesetzt, darunter eine Begrenzung der Zuwanderungsfreiheit für vier Jahre, strenge Auflagen beim Immobilienkauf durch Ausländer und auch das Recht auf die freie Jagd nach Zugvögeln, einer Leidenschaft der Insulaner, die dazu geführt hat, dass auch der berühmte Malteser Falke fast ausgestorben ist.
Die dickköpfigen Malteser haben außerdem etwas geschafft, das weder den Luxemburgern noch den Iren gelang: Malti, ein semitisches Idiom, geschrieben mit lateinischen Buchstaben und durchsetzt von leicht abgewandelten Lehnwörtern aus anderen Sprachen - die Insulaner sagen "hallo" auf Arabisch ("Merhaba"), "guten Morgen" auf Französisch ("Bondschu") und "danke" auf Italienisch ("Grazzi") - wird demnächst die erste arabische Amtssprache in der EU. Seither wird in Brüssel händeringend nach 135 Übersetzern gesucht.
Doch obwohl die Besetzung der lukrativen Jobs die maltesische Arbeitslosenquote von fast neun Prozent dramatisch gesenkt hätte, bewarben sich nur 90 Kandidaten, von denen 50 nicht zur Prüfung erschienen. Xorb findet all die Extrawürste gerecht: "Ohne uns gäbe es Europa womöglich gar nicht mehr. Was wäre geworden, wenn wir damals nicht das Abendland verteidigt hätten gegen die Türken? Statt der EU säßen die heute in Brüssel. Wer in Europa hat schon unsere Geschichte?"
Rätselhafte Monumente im archäologischen Museum
Tatsächlich steht die Historie des Landes in keinem Verhältnis zu seiner Konfetti-Größe. Schon vier Jahrtausende vor Christus gab es auf den Inseln eine einzigartige Megalith-Kultur; 1000 Jahre vor dem Bau der Pyramiden in Ägypten wuchteten die Malteser 50 Tonnen schwere Steinbrocken durch die Gegend und errichteten Tempelanlagen - rätselhafte Monumente aus einer Zeit, als Gott eine Frau war, und zwar keine Kate Moss, sondern eine dicke Dame mit riesigem Bauch, deren Skulpturen man im archäologischen Museum in der Hauptstadt Valletta besichtigen kann. Den Erdmutter-Anbetern folgten in der Bronzezeit Schienenbauer; sie hinterließen die "Clapham Junction", wie später die Briten einander kreuzende Karrenspuren nahe Maltas einzigem Wäldchen Buskett Gardens nannten, die sie an einen Eisenbahnknotenpunkt in Südlondon erinnerten.
800 vor Christus kamen die Phönizier, von ihnen übernahmen die Malteser das "Auge von Osiris", das sie noch heute auf ihre Fischerboote malen. Später wurden die Felsen von den Römern erobert. Im Jahre 59 soll hier der schiffbrüchige Apostel Paulus an Land gespült worden sein. Er blieb drei Monate und bekehrte in dieser Zeit die Insulaner zum Christentum. Acht Jahrhunderte später wurde Malta arabisch. Den Mauren folgten Normannen, Sizilianer, Spanier und Kaiser Karl V., der Malta dem Johanniterorden übergab. Dessen mutige Mannen sollten von hier aus sein Reich gegen die Türken unter Süleiman dem Prächtigen verteidigen, der beständig nagte am Heiligen Römischen Reich. Die Johanniter-Mönche waren zwar nicht eben begeistert von der wasserarmen und steinigen Immobilie, aber kaum waren sie 1530 in Birgu angekommen, befestigten sie den Hafen und bauten Burgen. Diese Investition lohnte sich 35 Jahre später, als ein gewaltiges Heer osmanischer Soldaten in der Bucht von Marsaxlokk landete. Die "Große Belagerung" begann; trotz ihrer hoffnungslosen Unterlegenheit siegten die Johanniter und mit ihnen die Malteser, die bis heute begeistert alle Jahre wieder am 8. September den Abzug der Türken feiern.
Napoleons unangekündigter Besuch
Anschließend versuchten sich die Ordensritter als Bauherren, zur Freude heutiger Touristen. Es entstanden Renaissance-Paläste und Barock-Kirchen und natürlich noch mehr Forts, Burgen, Wälle und Wachtürme. Doch ohne Feind wurden die "Schwerter des Christentums" mit der Zeit ziemlich stumpf, gaben sich statt Gott der Trunksucht und der Hurerei hin. Prompt stattete ein gewisser Napoleon Bonaparte den Inseln 1798 einen unangekündigten Besuch ab. Als er sechs Tage später wieder davon segelte, war sein Schiff überladen mit den Schätzen, die seine Soldaten aus den Kirchen und Palästen geplündert hatten. Er hinterließ 4000 Mann, die sich aufführten wie Hooligans. Als sie Kirchen entweihten, rebellierten die Malteser.
"Wer hier die Religion und die Tradition ändern will, hat verloren", sagt der 48-jährige Charles Tabone, Dominikanermönch und Professor für Soziologie an der Universität von Malta. "Die Briten haben das verstanden." Die wurden von der Bevölkerung um Hilfe angefleht, und 1800 zogen die ungeliebten Franzosen von dannen. Allerdings wussten die Engländer anschließend nicht so recht, was sie mit den Felsen im Mittelmeer anfangen sollten. Erst 1814 wurde Malta Kronkolonie - auf dringenden Wunsch der Bevölkerung.
Im Krim-Krieg diente Malta als Flottenstützpunkt, im Ersten Weltkrieg als Militärhospital. Und der Zweite Weltkrieg hätte womöglich noch länger gedauert, wenn die Briten Malta damals nicht zu einer Art Flugzeugträger umfunktioniert hätten, von dem aus sie den Nachschub für Rommels Truppen in Afrika stoppten. Dafür musste die Bevölkerung bitter büßen: 1942 kam die zweite "Große Belagerung". 154 Tage und Nächte lang wurde Malta ununterbrochen bombardiert; allein im April warfen die Achsenmächte 6700 Tonnen Sprengstoff über Grand Harbour ab. Die Malteser hungerten und harrten aus. Ihre Tapferkeit wurde mit dem Georgs-Kreuz gewürdigt, dem höchsten britischen Orden für tapfere Zivilisten, der heute im Kriegsmuseum ausgestellt ist.
3000 Schiffe unter der Flagge mit dem Kreuz
Die Lovestory mit dem fernen und von Geldsorgen geplagten Großbritannien endete 1964. Malta wurde unabhängig, und 1979 verließ das letzte britische Schiff Grand Harbour, während fast die gesamte Bevölkerung das Ufer säumte, schluchzend und mit feuchten Taschentüchern winkend. Damals wurde Malta vom eigenwilligen Dom Mintoff von der Arbeiterpartei regiert, der Freundschaftsverträge mit Libyen, der Sowjetunion und Nordkorea abschloss. Die Malteser bewundern den heute 87-Jährigen immer noch. "Er hat dafür gesorgt, dass Malta bekannt wurde", sagt Joe Valletta, der auf Gozo eine Tauchschule betreibt. Mintoff funktionierte die Inseln zum Sozialstaat um, mit kostenlosem Gesundheitswesen und Stipendien für jeden Studenten. Zugleich holte er ausländische Investoren in sein rohstoffloses Land. Billig-Reeder etwa, die mehr als 3000 Schiffe unter der Flagge mit dem Kreuz registriert haben, aber auch Textilfirmen oder etwa einen Familienbetrieb aus Zirndorf bei Nürnberg, der zunächst Spielzeugtelefone auf Malta produzieren ließ.
Deren Fabrikation sollte eine gewisse Helga Langer überwachen, die 1974 mit ihrem VW Käfer vom Schiff rollte. Heute heißt sie Helga Ellul und ist die Königin "in Playmobil", wie ihr Reich auf Malta genannt wird. Statt Telefonen lässt die Firma hier längst die kleinen Plastikmännchen herstellen, mit denen Kinder überall auf dem Globus spielen. Anderthalb Millionen der unverwüstlichen Figuren verlassen jede Woche die Fabrik bei Zurrieq. Frau Ellul sieht dem EU-Beitritt voller Zuversicht entgegen. "Malta ist viel zu klein, um in einer globalisierten Welt allein dazustehen. Und außerdem ist es wegen seiner Kultur eigentlich bestens gewappnet für Europa. Hier ist das Familienleben italienisch, das Arbeitsleben britisch und die Sprache arabisch. Wir sind die EU in Playmobil-Format."