Russland Von wegen nur Freude: Wie der Kreml wirklich auf Trump blickt

Donald Trump und Wladimir Putin als Matrjoschkas in einem Geschäft in Sankt Petersburg
Donald Trump und Wladimir Putin als Matrjoschkas in einem Geschäft in Sankt Petersburg
© Dmitri Lovetsky/AP
Lange galt Donald Trump als der Wunschkandidat Putins im höchsten Amt der USA. Nun wird er vereidigt. Doch statt Euphorie herrscht in Moskau Ernüchterung. Denn einen alten Feind zu verlieren, ist vielleicht gar nicht von Vorteil.

Viel wurde in den vergangen Wochen über die Verbindungen zwischen Donald Trump und Russland spekuliert. Hat Moskau die US-Wahlen manipuliert? Besitzt der Kreml ein Kompromat gegen Trump? Ist der Republikaner am Ende gar ein Präsident von Putins Gnaden? Als Trump am 8. November zum 45. US-Präsidenten gewählt wurde, schrieben zahlreiche US-Medien, dass sein Sieg in der russischen Duma mit Ovationen begrüßt wurde. Tatsächlich kann man aber ein paar verunsicherte Klatscher kaum als Ovationen bezeichnen. 

Auch wenn im Staatsfernsehen regelrechte Lobgesänge auf Trump angestimmt wurden, so blieb es hinter den Kulissen vermehrt still. Zum Tag der Amtseinführung des Skandal-Politikers scheint Moskau genauso verunsichert nach Washington zu blicken wie der Rest der Welt. Es ist nicht nur Trump selbst, der für Unsicherheit sorgt. "Angesichts des Verhaltens des Kremls ist es bei weitem nicht gewiss, dass eine Allianz mit den USA das ist, was den russischen Interessen entspricht", erklärte die stellvertretende Direktorin des US-amerikanischen analytischen Zentrums Atlantic Council, Alina Poljskowa, gegenüber der unabhängigen russischen Onlinezeitung "Gazeta.ru".

"Dies entspricht nicht der aktuellen Politik Putins, der durch ein gemeinsames Feindbild Zustimmung bei der Bevölkerung erkämpft", so die Politikanalytikerin. "Die USA spielen diese Rolle bereits seit langer Zeit. Was sollte der Kreml tun, wenn niemand mehr diese Rolle übernehmen kann?", fragte sie.

Keine Illusionen im Kreml

Quellen aus dem Umfeld der russischen Regierung stützen diese Annahme. "Im Kreml haben sich die Erwartungen merklich verschoben", sagte der Kreml-Berater Alexej Tschesnakow der Agentur "Bloomberg". "Die Regierung versteht, dass eine Annäherung nicht einfach sein wird und Skandale die Chancen verschlechtern."

Auch Nikolai Patruschew, enger Vertrauter Putins und Sekretär des Sicherheitsrates, dämpfte die Erwartungen an eine mögliche Verbesserung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern deutlich. "In dieser Situation [...] können wir nicht von grundsätzlichen Veränderungen in den russisch-amerikanischen Beziehungen sprechen. Wir hegen keine Illusionen darüber, dass die Maßnahmen zur strategischen Unterdrückung Russlands bald gelockert werden könnten", sagte er der Staatszeitung "Rossijskaja Gaseta".

Inzwischen herrschen in Moskau auch Zweifel daran, dass die Regierung Trumps tatsächlich Russland wohlgesonnen sein wird. Vor allem die Äußerungen des zukünftigen Außenministers Rex Tillerson machen die Kreml-Leute hellhörig. Dieser hatte bei einer Anhörung im Senat Russland als Gefahr bezeichnet. "Es war, als ob er seine Abneigung gegenüber Putin mit Blut unterschreiben müsste", sagte Andrej Kortunow, Direktor des Russischen Rats für internationale Angelegenheiten, einer vom Kreml eingesetzten Arbeitsgruppe.

"Donald Trump ist unser Projekt"

Unterdessen sind auch die staatlichen Fernsehsender von ihrer anfänglichen Euphorie abgerückt. Die Bevölkerung wird dazu eingestimmt, keine illusorischen Erwartungen an die Trump-Regierung zu knüpfen.

Die Problematik, vor der der Kreml nun steht, bringt die regierungskritische Zeitung "Kommersant" auf den Punkt. "Für die russische Staatspropaganda erwies sich Barack Obama als eine nominale Figur. Ihm konnte man sehr vieles in die Schuhe schieben. [...] Jetzt übernimmt Trump. Und mit ihm lässt es sich nicht so gut streiten. Denn wie man es auch wendet: Trump ist unser Projekt. Niemand außer uns hat an seinen Sieg geglaubt. Nun können wir ihn nicht im Stich lassen. Und wenn es so ist, werden wir Zugeständnisse machen müssen.  [...] Am Ende könnte eine Feindschaft viel profitabler sein als eine Freundschaft."

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