Ukraine Angst vor bewaffneten Brigaden

Kurz vor der Stichwahl wächst die Anspannung in Kiew. Oppositionsführer Viktor Juschtschenko hat seine Anhänger zum Durchhalten aufgerufen und vor bewaffneten Brigaden von Ministerpräsident Viktor Janukowitsch gewarnt.

Der ukrainische Oppositionsführer Viktor Juschtschenko hat seine Anhänger am zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. "Die Wahl am 26. Dezember wird kein leichter politischer Spaziergang", sagte er bei einer Kundgebung auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. "Es gibt einige Kräfte, die Störungen vorbereiten und sie stellen Brigaden zusammen, Gruppen, die sich bereit machen, nach Kiew zu kommen", warnte Juschtschenko. Unter den tausenden Oppositionellen, die den Beginn der "Orangenen Revolution" feierten, zirkulierten Gerüchte, dass die Aktivisten von Ministerpräsident Viktor Janukowitsch mit Waffen ausgerüstet wurden.

"Lehrstunde der Geschichte"

Vier Tage vor der Stichwahl rief Juschtschenko seine Anhänger auf, sich für neue Protestaktionen bereit zu halten: "Wir werden nach der Wahl auf diesen Platz, auf diese Bühne kommen und wir werden bleiben, bis wir unseren Sieg feiern." Neben Juschtschenko zeigten sich unter anderem die beiden Boxchampions Witali und Wladimir Klitschko. Juschtschenko lobte seine Anhänger für ihren friedlichen Protest: "Dies waren wahrhaft revolutionäre Tage. ... Diese Lehrstunde der Geschichte wird nie vergessen!"

Genau vor einem Monat begann die Revolution, mit der die Opposition gegen Fälschungen bei der ersten Stichwahl protestierte, und letztlich eine Annullierung erreichte. Juschtschenko wollte bei der Demonstration im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt seine vorerst letzte Wahlkampfrede halten. Zuvor hatten sich einige Aktivisten geweigert, die Blockade der Präsidialverwaltung aufzugeben. Ein Gericht hatte die Organisation "Pora" ("Es ist an der Zeit") dazu aufgefordert.

Wahlkampfthema Russisch

Bei einem der wichtigsten Wahlkampfthemen zeigte sich Juschtschenko kompromisslos. Er lehnte es ab, sich für die Einführung von Russisch als zweiter Amtssprache auszusprechen. Diese Frage sei zu sehr politisiert worden, erklärte der Politiker auf seiner Web-Site. Juschtschenko erläuterte, ein solcher Antrag müsse von zwei Dritteln der 450 Parlamentsabgeordneten unterstützt werden.

Damit dürfte er den Unmut der russisch sprechenden Wähler im Osten und Süden der Ukraine weiter anstacheln, die eine enge Anlehnung an Russland favorisieren und hinter dem Regierungskandidaten Janukowitsch stehen. Dieser hat sich dafür eingesetzt, Russisch einen offiziellen Status einzuräumen; im Fernsehduell sprach er mitunter Russisch.

Ukrainische Sprache als Symbol der Eigenständigkeit

Juschtschenkos Gegner argwöhnen, bei einem Sieg des westlich orientierten Politikers könnte dieser die russische Sprache unterdrücken. Ukrainisch, das dem Russischen stark ähnelt, ist laut der Verfassung die Staatssprache in Polizei, Armee und Universitäten; es wird überwiegend im Westen gesprochen, wo Juschtschenko seine Anhängerschaft hat. Diese bevorzugt weitgehend einen unabhängigen Kurs der Ukraine gegenüber dem Kreml, die Sprache ist somit auch ein Symbol der ukrainischen Eigenständigkeit.

Juschtschenko erläuterte auch, falls er die Stichwahl am kommenden Sonntag gewinne, würde ihn seine erste offizielle Auslandsreise als Staatschef nach Russland führen. In einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Interfax schloss er ferner kategorisch aus, seinem Rivalen Janukowitsch einen Kabinettsposten zu geben.

AP
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