Der Sicherheitsexperte Christian Mölling hofft trotz der Blockadehaltung Ungarns auf weitere Hilfen der Europäischen Union (EU) für die Ukraine. Mölling sagt im stern-Podcast "Ukraine – die Lage": "Es wird den nächsten Versuch geben, das möglich zu machen." Das Veto des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban beim Gipfel in Brüssel bedeute keineswegs, dass die EU dauerhaft als Unterstützer der Ukraine ausfalle. In der Zwischenzeit seien einzelne Staaten besonders gefordert, auch ohne die EU zu handeln. Problematisch ist nach Einschätzung des Forschungsdirektors der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik vor allem, dass mit jeder Verzögerung Unsicherheit verbunden sei.
Kein Automatismus für Ukraine-EU-Beitritt
Als wichtigen Schritt wertete er die Entscheidung des EU-Gipfels, Beitrittsgespräche mit der Ukraine aufzunehmen. Auch hier gebe es aber keinen Automatismus; und bis zur letzten Minute sei eine Blockade – etwa durch Ungarn – möglich. Mölling verweist darauf, dass die Europäer, wenn sie sich einig seien, die Ukraine sehr schnell in die Union aufnehmen könnten – und sie endlos warten lassen könnten, wenn sie nicht einig seien. "Letztlich ist das eine politische Entscheidung", sagte er.
Von der Unsicherheit über das weitere Verhalten Europas und der USA profitiere die Moskauer Führung. Die im Westen geführte Diskussion, ob die Ukraine schwächer werde und Moskau seine Position verbessere, habe auch Russlands Präsident Wladimir Putin bei seinem mehrstündigen Fernsehauftritt in dieser Woche genutzt. Putin wolle Zuversicht verbreiten, was ihm wohl auch gelinge. Angesichts der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen habe er ein großes Interesse am sozialen Zusammenhalt des Landes.
"Sanktionsumgehung ist Teil des Spiels"
Putin hatte Russland im Staatsfernsehen als erfolgreich und wirtschaftlich stark dargestellt – trotz aller Sanktionen des Westens. Mölling sagt, dass Sanktionen nur langsam wirkten. Schwer zu sagen sei, wie die Entwicklung ohne die Maßnahmen gewesen wäre. Aber jeder Beschluss erzeuge eine Reaktion: "Sanktionsumgehung ist Teil des Spiels", so der Experte. "Das heißt, ich muss ständig nachsteuern und darf auch nicht glauben, dass ich den Hahn komplett abgedreht bekomme."