Ukraine Timoschenko triumphiert

Der prowestliche Parteienblock von Julia Timoschenko ist gestärkt aus der ukrainischen Parlamentswahl hervorgegangen. Der Stimmenzugewinn könnte nicht nur innenpolitische Folgen für die Ukraine haben.

Es war die Wahl der Julia Timoschenko: Ihr Block (BJuT) konnte bei der vorgezogenen Parlamentswahl in der Ukraine nach Hochrechnungen um zehn Prozentpunkte auf über 32 Prozent zulegen. Damit zog die selbsternannte Kämpferin gegen die in der Ex-Sowjetrepublik verbreitete Korruption mit der Partei der Regionen des bisherigen Regierungschefs Viktor Janukowitsch gleich. Der Kiewer Fernsehsender 5. Kanal erklärte Timoschenko umgehend zur "Triumphatorin" der Neuwahl.

Dieser Erfolg, so glauben manche Experten, leitet die politische Demontage der beiden Dauerrivalen in der ukrainischen Politik, Präsident Viktor Juschtschenko und Regierungschef Janukowitsch, ein. Bei der möglichen Neuauflage der orangenen Koalition von 2005 mit der Präsidentenpartei Unsere Ukraine und Timoschenko als Regierungschefin scheinen Reibereien programmiert.

Mehr Symbolik als gewünscht

Ein Handkuss für Julia Timoschenko - die Geste des Chefs von Unsere Ukraine, Juri Luzenko, barg ein wenig mehr Symbolik als ihm lieb sein konnte. Die Präsidentenpartei wäre mit der Hälfte des Stimmenanteils von BJuT klar Juniorpartner in einer möglichen orangenen Koalition. Kommentatoren äußerten bereits Zweifel, ob BJuT wirklich wie zuvor vereinbart die Hälfte der Regierungsposten abtreten werde.

Auch politisch trennt die beiden prowestlichen Kräfte viel. Timoschenkos erste Amtszeit als Ministerpräsidentin im Jahr 2005 endete im Streit und ihrer Entlassung durch Präsident Juschtschenko. Nach der Parlamentswahl 2006 vergaben die orangenen Kräfte ihre Chance, eine Regierung zu bilden. Um dem gemeinsamen Widersacher Janukowitsch diesmal nicht in die Hände zu spielen, erklärte sich Luzenko zu "jedweden Kompromissen" bereit.

Das mögliche Ende einer Karriere

Für den bisherigen Regierungschef könnte die vorgezogene Neuwahl möglicherweise das Ende seiner politischen Laufbahn bedeuten. Am Tag nach der Wahl sagte er einen Auftritt vor Anhängern seiner Partei auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew ab. Schon seit längerem gibt es Berichte über einen Richtungsstreit in der Partei der Regionen zwischen dem Janukowitsch-Lager und Anhängern des Oligarchen Rinat Achmetow, der mit seinem Industriekonzern an einem europafreundlichen Kurs in Abgrenzung zu Russland interessiert ist.

Das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den prowestlichen Kräften und dem Janukowitsch-Lager in der Wahlnacht zeigt, dass die Ukraine auch nach der Wahl vom Sonntag politisch tief gespalten bleibt. Die Partei der Regionen dominiert weiter den russischsprachigen Osten. BJuT und Unsere Ukraine sind im Westen und in der Mitte des Landes populär. "Die Menschen haben Julia Timoschenko ihr Vertrauen ausgesprochen", sagte der Kiewer Politologe Michail Pogrebinski über den Wahlerfolg von BJuT. Im Streit zwischen Präsident und Regierungschef schaffte es Timoschenko, sich als Alternative zu den beiden Politikern zu präsentieren.

Timoschenko empfiehlt sich für die Präsidentenwahl

Die 46-Jährige empfahl sich damit auch gleich für die Präsidentenwahl 2009. "Ich glaube, dass unsere Partei bei der Präsidentenwahl mehr als 50 Prozent der Stimmen gewinnen kann", sagte Timoschenko noch am Wahltag. "Eine Regierungschefin Timoschenko ist das Todesurteil für eine zweite Amtszeit von Präsident Juschtschenko", kommentierten ukrainische Medien am Montag.

Die Politikerin mit dem markanten Haarkranz überzeugte in einem körperlich harten Wahlkampf nicht nur mit einer Mischung aus Antikorruptionsparolen, einem entschiedenen Westkurs und ukrainischem Patriotismus, sondern auch mit einer gehörigen Portion weiblichem Charme. "Ich will, dass sich die Ukraine von den Knien erhebt", sagte Timoschenko auf ihrer Abschlusskundgebung am Freitag in Kiew und formulierte damit ihr politisches Ziel. Das Verhältnis zum großen Nachbarn Russland dürfte unter einer Regierung Timoschenko eher leiden. Das Kiewer Investmenthaus Dragon Capital prophezeite denn auch bereits einen weiteren Anstieg der Gaspreise als Folge eines möglichen Regierungswechsels in der Ukraine.

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Erik Albrecht/DPA