US-Außenministerin Rice ruft Europa zu neuer Partnerschaft auf

Die USA und Europa scheinen sich nach dem Irakkrieg wieder anzunähern - zumindest verbal. Die neue US-Außenministerin Rice hat das Bild einer zukünftigen Partnerschaft entworfen.

Die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice hat Europa zu einer neuen Partnerschaft mit den USA aufgerufen. Sie forderte in einer Rede in Paris eine Abkehr von den früheren Meinungsverschiedenheiten und sagte: "Es ist Zeit, ein neues Kapitel in unserem Verhältnis und ein neues Kapitel in unserem Bündnis aufzuschlagen." Die USA und Europa sollten sich über eine Partnerschaft hinausbewegen, die nur auf den ihnen gemeinsam drohenden Gefahren fuße. Ziel sei eine Partnerschaft der "gemeinsamen Möglichkeiten, über die transatlantische Gemeinschaft hinaus".

In einem anschließenden Gespräch mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac lobte Rice die Bemühungen Frankreichs, Deutschlands, und Großbritanniens, den Iran zur Aufgabe eines Atomwaffenprogramms zu bewegen. Ihr französischer Kollege Michel Barnier forderte die Unterstützung der USA bei den diplomatischen Bemühungen. "Wir brauchen die Unterstützung und das Vertrauen Washingtons in dieser brenzligen Situation", sagte Barnier. "Dies war eine der Botschaften, die wir Condi Rice übermittelt haben."

Rice sagte, die US-Regierung sei über "das innen- und außenpolitische Verhalten des iranischen Regimes" äußerst besorgt. Die Bemühungen der drei EU-Staaten, dem Iran einen Weg zurück in die Völkergemeinschaft zu zeigen, würden in Washington anerkannt. Allerdings dürfe es Teheran nicht ermöglicht werden, den diplomatischen Prozess zu blockieren.

Rice sprach zuvor in der Akademie für Politikwissenschaften vor etwa 500 Studenten und Intellektuellen. Dem von Präsident George W. Bush bekundeten Vorsatz, Freiheit über die ganze Welt auszubreiten, fügte sie eine Herausforderung an die Europäer hinzu: "Amerika steht bereit, mit Europa an unserer gemeinsamen Agenda zu arbeiten, und Europa muss bereitstehen, mit Amerika zu arbeiten. Die Geschichte wird uns nicht an unseren alten Differenzen, sondern an unseren neuen Errungenschaften messen." Sie verwies unter anderem auf den Fall der Berliner Mauer 1989, "der ohne die volle Unterstützung der freien Länder des Westens nicht geschehen wäre".

Vorher hatte sich Rice bei ihrem Antrittsbesuch in Italien optimistisch über die Entwicklung im Nahen Osten geäußert. Es liege noch ein langer Weg vor Israelis und Palästinensern, sagte sie nach einem Treffen mit ihrem italienischen Kollegen Gianfranco Fini in Rom.

Die Außenministerin kritisierte Syrien, das sich in mehreren Punkten nicht hilfreich verhalte. Syrien müsse gegen Terrorismus vorgehen, bevor sich seine Beziehungen zu den USA und dem Rest der Welt verbessern könnten. Man könne nicht auf der einen Seite sagen, dass man den Friedensprozess wünsche, und zugleich Leute unterstützen, die ihn in die Luft sprengen wollten, erklärte Rice.

In Rom traf Rice auch mit Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano zusammen. Mit ihm erörterte sie die Beziehungen zwischen Washington und dem Vatikan, das Thema Religionsfreiheit in verschiedenen Teilen der Welt sowie den Friedensprozess im Nahen Osten.

Zum Abschluss ihrer Europa-Reise trifft Rice mit ihren NATO-Kollegen in Brüssel zusammen. Themen werden der Irak und Afghanistan sein. Anschließend wird Rice mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und dem amtierenden EU-Ratspräsidenten, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, zusammenkommen. Alle Beratungen dürften sich auch um die geplanten EU- und NATO-Gipfel in Brüssel am 22. Februar mit US- Präsident George W. Bush drehen.

Über die NATO-Einsätze in Afghanistan und Irak werden auch die Verteidigungsminister des Bündnisses in Nizza beraten. Bei den informellen Gesprächen in Südfrankreich soll über die umstrittene Zusammenlegung der von den USA geführten Anti-Terror-Operation in Afghanistan mit der dort stationierten Friedenstruppe ISAF gesprochen werden.

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