Vorwahlen der US-Republikaner Rückzug eines Überraschungssiegers

Mit traditionellen Werten sowie einem Nein zu Homoehe und Abtreibung hat Rick Santorum elf Bundesstaaten für sich gewinnen können. Nun gibt der Republikaner auf. Einmischen wird er sich wohl trotzdem.

Als sich Rick Santorum aus dem Ringen um die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner verabschiedete, sprach er ehrfurchtsvoll über die Zeit seit seinem unerwarteten Sieg beim Vorwahl-Auftakt Anfang Januar in Iowa. "Wunder folgte auf Wunder", sagte der tiefkatholische Ex-Senator aus Pennsylvania in seiner Rückzugsrede. Als Rivale des Favoriten Mitt Romney hat sich Santorum fünf Jahre nach dem Verlust seines Senatssitzes wieder in die nationale Politik katapultiert. In den US-Medien wurden bereits Spekulationen über eine mögliche Kandidatur im Jahr 2016 laut.

Kurzfristig stellt sich allerdings die Frage, ob und wie Santorum sich in den aktuellen Präsidentschaftswahlkampf einmischen wird. Als er umringt von seiner Familie vor das Mikrofon trat, klang seine Analyse der gescheiterten Kampagne wie eine sentimentale Erinnerung an eine Verflossene. "Ich habe eine tiefere Liebe für dieses Land gefunden", sagte er. "Es war wie eine Liebesaffäre für mich, von Staat zu Staat zu reisen."

Striktes Nein zu Abtreibung und Homoehe

Santorum vermied eine klare Unterstützung für Romney, schwor aber einen Kampf gegen Präsident Barack Obama. Es gehe um "die Werte, die uns zu Amerikanern machen, die uns zu dem großartigsten Land in der Geschichte der Welt machen", sagte er. Romney sagte dem Ex-Senator derweil eine "wichtige Rolle" bei den Republikanern voraus: "Ich freue mich auf seine Arbeit, um dabei zu helfen, dass die Republikaner im November im ganzen Land Siege erringen."

Familie, Glaube und Freiheit - das sind die Schlagworte, unter die Santorum seine Bewerbung gestellt hatte. Der Vater von sieben Kindern bediente mit seiner strikten Absage an Abtreibung und Homoehe die Anliegen der religiösen Rechten. Als Verfechter traditioneller Werte holte er Siege in konservativen Bundesstaaten wie Louisiana, Tennessee oder Oklahoma.

Mit 32 holt Santorum einen einst demokratischen Wahlkreis

Santorum forderte Steuersenkungen und radikale Kürzungen der Staatsausgaben. Zugleich versuchte er sich vom Finanzmarkt-Kapitalismus abzugrenzen, der dem früheren Fondsmanager Romney anhaftet. Sein Credo lautet: Freie Märkte im Dienste der arbeitenden Bevölkerung. So wollte er verarbeitende Unternehmen von der Steuer befreien, um wieder Industriejobs in den USA zu schaffen. Der aus einer italienischen Einwandererfamilie stammende Santorum spricht gerne über seine eigenen Wurzeln in der Arbeiterklasse. Santorum selbst studierte allerdings Jura und arbeitete zunächst als Anwalt in Pittsburgh. Seine politische Karriere im Kongress begann vor mehr als 20 Jahren. Mit 32 Jahren holte er 1990 einen traditionell demokratischen Wahlkreis in einem Vorort von Pittsburgh und zog in das Repräsentantenhaus ein. Von 1995 bis 2007 gehörte er für zwei Amtszeiten dem Senat in Washington an. Nach seiner gescheiterten Wiederwahl war Santorum unter anderem als Kommentator für den konservativen Nachrichtensender Fox News tätig.

Krankheit der Tochter als Rückzugsgrund vermutet

Das Präsidentschaftsrennen 2012 begann Santorum als Außenseiter. Doch seine Strategie, durch die Dörfer des ersten Vorwahl-Staates Iowa zu tingeln, zahlte sich aus: Der Sieg dort machte ihn zu einem ernstzunehmenden Bewerber. Insgesamt gewann der Ex-Senator bei elf Vorwahlen.

In seiner Rücktrittsrede deutete Santorum an, dass der Gesundheitszustand seiner behinderten Tochter Bella bei seiner Entscheidung eine Rolle gespielt habe. Die Dreijährige, die an einem seltenen Gendefekt leidet, wurde kurz vor Ostern mit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert. Möglicherweise wollte Santorum auch eine Niederlage in seinem Heimatstaat Pennsylvania vermeiden, wo Ende April Vorwahlen stattfinden. In jüngsten Umfragen lag der Ex-Senator dort hinter Romney zurück.

Das Online-Politikmagazin "Politico" vermutete, dass Santorum nun zunächst als Kommentator zurückkehren könnte. Langfristig stünden dem 53-Jährigen aber eine Reihe von Möglichkeiten offen - entweder in Pennsylvania oder als Präsidentschaftsbewerber 2016, sollte Obama wiedergewählt werden.

AFP
Von Gregor Waschinski/AFP