Der konservative Politiker Nikos Anastasiades hat klar die erste Runde der Präsidentenwahl auf Zypern gewonnen. Allerdings bekam er deutlich weniger Stimmen als in den Prognosen vorhergesagt. Nach Auszählung von mehr als 82 Prozent der Stimmen entfielen auf ihn knapp 45,5 Prozent, wie das Innenministerium am Sonntagabend mitteilte. Vor der Wahl waren dem 66 Jährigen in Umfragen zwischen 49 und knapp 53 Prozent prognostiziert worden. Damit muss er sich in einer Woche einer Stichwahl stellen. Auf Zypern wird der Präsident direkt vom Volk gewählt. Er bestimmt und führt die Regierung. Insgesamt waren 545.000 Zyprer aufgerufen, sich zwischen neun Kandidaten und zwei Kandidatinnen für das Präsidentenamt zu entscheiden.
Stichwahl gegen einen Linken
Dabei wird der linke Politiker Stavros Malas gegen Anastasiades antreten, der am Sonntag auf 26,9 Prozent der Stimmen kam. Dritter wurde der Vertreter der politischen Mitte, Giorgos Lillikas, mit 24,9 Prozent. Demoskopen hatten zuvor erklärt, Anastasiades werde "fast sicher" die absolute Mehrheit erreichen. Vor der Wahlzentrale des konservativen Wahlsiegers versammelten sich Dutzende Anhänger und jubelten.
Der neue Präsident soll die pleitebedrohte Inselrepublik durch die schwerste Finanzkrise der jüngeren Geschichte führen und vor dem Bankrott bewahren. Anastasiades erklärte nach der Stimmabgabe, bei diesen Wahlen gehe es "ums Überleben" der Inselrepublik. Zugleich bereitete er die Bevölkerung auf harte Sparmaßnahmen vor. "Wir müssen uns alle gemeinsam den kritischen Zuständen stellen, die auf uns zukommen", sagte Anastasiades. Der noch amtierende Präsident Dimitris Christofias gilt als gescheitert und trat als erster Staatschef der Insel nicht mehr für eine zweite fünfjährige Amtszeit an.
Inselstaat in der Krise
Die Krise in Griechenland hatte auch Zyperns Banken schwer in Mitleidenschaft gezogen. Zyperns Geldinstitute sind eng mit dem griechischen Bankensystem verbunden und wurden in den Strudel der Griechenland-Krise gerissen. Zypern hatte im Juni eine Anfrage auf Hilfe aus dem Eurorettungsfonds gestellt und benötigt nach eigenen Angaben rund 17 Milliarden Euro. Der 66-Jährige Anastasiades hatte im Wahlkampf die Notwendigkeit strikter Sparmaßnahmen betont, um Vorgaben der internationalen Gläubiger zu erfüllen. Malas trat dagegen für eine Entschärfung der möglichen Sparauflagen ein.
Die Wahl wurde auch im türkisch-zyprischen Norden der Insel mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. Die Insel ist nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention seit 1974 geteilt. Zypern ist Mitglied der EU seit 2004. Das europäische Regelwerk gilt jedoch nur im griechisch-zyprischen Süden. Mehrere Verhandlungsrunden zur Überwindung der Teilung sind in den vergangenen Jahrzehnten gescheitert.